„Jeder, der bedürftig ist, kriegt was von uns“

Donnerstag findet die Kaiser Trophy statt, deren Einnahmen in Beckenbauers Stiftung fließen. Hier spricht Franz über die Anfänge. Übers Golfen. Und über Sammer und Guardiola.
von  Thomas Becker

Donnerstag findet die Kaiser Trophy statt, deren Einnahmen in Beckenbauers Stiftung fließen. Hier spricht Franz über die Anfänge. Übers Golfen. Und auch über Fußball: Sammer, den EM-Frust, Guardiola.

AZ: Herr Beckenbauer, vor 30 Jahren gründeten Sie die Franz Beckenbauer Stiftung – und waren damit Vorreiter in Sachen Sport-Charity.

F RANZ BECKENBAUER: Das gab’s ja damals überhaupt noch nicht. 1982 habe ich beim HSV gespielt, war viel verletzt und erzählte dem Mannschaftsarzt Friedrich Nottbohm, dass die Einnahmen aus dem Abschiedsspiel – eine Million Mark – mir gehören, ich sie aber spenden wollte. Damals gab’s für mich nur Unicef. Personenstiftungen gab’s keine. Dann hab’ ich mich mit dem Dr. Nottbohm schlau gemacht, habe den Stiftungszweck mit Behinderten und Hilfsbedürftigen möglichst breit gestreut. Das war eine der besten Entscheidungen meines Lebens.

Der Mannschaftsarzt ist also schuld?

Genau. Hat er gut gemacht. Heute ist er mit mir im Stiftungsvorstand.

Seit 25 Jahren wird in Bad Griesbach nun der Kaiser Cup gespielt. Heute feiern Sie Jubiläum. Wie ging alles los?

Der Ali Köhnlechner, bei dem ich in Behandlung war, war der Erste, der auf die Idee mit dem Golf-Charity-Turnier kam. Auch das gab's ja noch nicht. Er hat dann ein paar Flights zusammengestellt, ein kleiner Freundeskreis. 25000 Mark hat er in die Stiftung gegeben. Das war der Beginn des Kaiser Cups.

Warum gerade Bad Griesbach, ganz tief unten in Niederbayern?

Der Ali hatte mich hergebracht, Anfang der 80er Jahre. Da hat er hier im Park Hotel sein Zentrum eröffnet. Aber: Der Jüngste, der mir da begegnet ist, war 85! Ich sagte zu ihm: „Da geh' ich nimmer her!“ Ich war ja noch ein junger Bursch. Er hat immer Tennis gespielt – dieses komische Spiel übers Netz. „Das ist kein Spiel“, hab’ ich gesagt: „Der Ball muss ins Netz, nicht drüber.“ Drei Jahre hab’ ich auf ihn eingeredet, dass er jüngeres Klientel braucht, dass er einen Golfplatz bauen soll – bis er es gemacht hat. Irgendwann sagte der Köhnlechner: „Jetzt hab’ ich einen Platz: neun Loch.“ Da sagte ich zu ihm: „Brauchst gar nicht anfangen mit neun Loch. Das ist out. Wenn, dann baust 18 Loch.“ Hat er gemacht. Jetzt ist es das größte Golf-Ressort Europas.

Bei der Kaiser-Trophy, die am Donnerstag erstmals anlässlich des Stiftungsjubiläums stattfindet, werden 525000 Euro für die Stiftung generiert – Rekord! So viel wurde weltweit noch nie bei einem Charity-Turnier eingespielt.

Ich weiß nicht, ob das wiederholbar ist – in der Höhe wohl nicht.

Insgesamt kamen bislang mehr als 14 Millionen Euro an Spenden zusammen.

Das weiß ich nicht so genau, aber es stimmt wohl. Unsere Büroleiterin Anita Büchling managt das perfekt und kennt sich am besten aus. Ich hab's nicht so mit den Zahlen. Am Anfang war das schon mühsam. Für Auftritte in Talkshows und im „Sportstudio“ gab es Mark-Beträge im bescheidenen Bereich.

Wie funktioniert die Hilfe durch Ihre Stiftung?

Wir helfen vielen Einzelpersonen, die sich zum Beispiel im Winter die Heizung oder eine Brille nicht leisten können, vor allem ältere Menschen, die aufgrund Ihrer Rentensituation das Geld nicht haben. Diese Leute müssen mit ihrem Antrag den Nachweise der Bedürftigkeit bringen. Wir unterliegen ja einem strengen Stiftungsgesetz, und wir sind sehr stolz darauf, dass wir in 30 Jahren keine einzige Beanstandung hatten.

Wie viele Anträge laufen ein?

Etwa 2500 im Jahr. Die Büroleiterin legt mir einen Stapel hin und dann gehen wir den ein paar Stunden lang gemeinsam durch. Aber jeder, der den Stiftungsfall nachweisen kann, also bedürftig ist, kriegt was von uns. Bis zum Behinderten-Bus, der bis zu 25000 Euro kostet.

Kommen wir zu Ihrem FC Bayern. Der hat einen neuen Sportchef. Was wird Matthias Sammer bewirken?

Matthias Sammer ist ideal für den FC Bayern. Das war das Beste, was uns passieren konnte. Als ich noch Präsident war, waren wir schon ein paar Mal kurz davor, ihn zu bekommen. Aber dann kam Jürgen Klinsmann dazwischen, dann Louis van Gaal. Jetzt hat’s Gott sei Dank funktioniert. Seine Qualitäten und Erfolge braucht man gar nicht zu beschreiben, als Trainer, als Spieler und als Jugendkoordinator beim DFB. Er hat dem Nachwuchs wieder die Wadln vorgerichtet, wie wir in Bayern sagen. Der Matthias ist ein harter, akribischer Arbeiter – das wird er auch von seinen Spielern verlangen! Jupp Heynckes kann froh sein, so einen starken Mann an seiner Seite zu haben.

Wird Sammer den FC Bayern verändern?

Verändern insofern, dass er der Mannschaft wieder mehr Leben einhaucht. Die letzten beiden Jahre haben uns alle nicht so richtig gefallen. Der Erfolg ist nur dann da, wenn du ihn erzwingst. Leidenschaft und Energie haben gefehlt. Bei der WM 2010 waren ja von uns sechs oder sieben Spieler dabei – seitdem hat die letzte Konsequenz gefehlt.

Ein Fall für Sammer?

Sammer ist eine Leitfigur, wie man sie besser nicht finden kann. Er hat seine Mannschaften immer angetrieben. So einen haben wir nicht. Unsere Führungsspieler führen anders: leiser, zurückhaltender. Das ist eine Mentalitätssache. Die hauen nicht mit der Faust auf den Tisch. Aber in der Richtung wird er einiges ändern.

Sie meinen Schweinsteiger, Lahm und die anderen Nationalspieler – sie müssen nach der Tragödie im Champions-League-Finale auch noch das EM-Aus verdauen.

Ich denke, dass Sammers Verpflichtung auch deswegen besonders wichtig war. Ich habe befürchtet, dass es bei der EM nicht funktionieren konnte. Sieben, acht Spieler, die am Boden down sind, die richtest du nicht auf! So ein Endspiel wie gegen Chelsea herzuschenken, das belastet dich Jahre. Das war die höchstüberflüssigste Niederlage, an die ich mich erinnern kann. Und man hat’s ja dann gesehen: Sieben, acht Bayern spielen die EM: Nicht einer hat Normalform gebracht, nur Manuel Neuer vielleicht. Alle anderen: unter Niveau. Wie kann man da Europameister werden? Geht gar nicht.

Und jetzt schleppen sie den EM-Frust mit in die Saison. Was kann Sammer tun?

Wenn man jetzt zurückkommt – nach Enttäuschung Meisterschaft, Enttäuschung Pokal, Enttäuschung Champions League, Enttäuschung EM – und alle wiedersieht, die zu dieser Enttäuschung beigetragen haben, dann würde man am liebsten auf der Stelle umkehren und nach Hause gehen. Aber man muss sie sehen, weil man die Saison vorbereiten muss. Insofern war es sehr klug, den Matthias Sammer zu holen – denn die Jungs wieder aufrichten, das kann nur er. Weil ihm geglaubt wird. Sammer wird den FC Bayern wiederbeleben.

In Sachen Heynckes-Nachfolge fällt öfter der Name Pep Guardiola. Ist er der Richtige für Bayern?

Wenn einer den FC Barcelona zum Welterfolg führt, dann wird er auch beim FC Bayern zurecht kommen. Er hätte jetzt ein Jahr Zeit, die deutsche Sprache zu lernen - aber ob New York, wo er ja ausspannen will, dazu der richtige Ort ist? Und er wird sicher nicht nur vom FC Bayern hofiert. Aber da ist Matthias Sammer derjenige, der die Trainer-Szene kennt. Sie werden den Jupp Heynckes sicher miteinbeziehen. Ich weiß nicht, wie lange der Jupp noch macht, ob er doch noch ein Jahr drauf legt. Wenn das Gespann Heynckes/Sammer jetzt funktioniert: Dann lass ihn doch weitermachen!

Fehlen Bayern noch ein paar Transfers?

Viel Zeit bleibt nicht mehr. Wir haben ja gute Qualität, aber es spielt halt keiner sein Niveau. Da müssen sie wieder hin: an ihre Leistungsbereitschaft. Zauberer und Künstler haben wir genug in der Mannschaft. So ein Khedira! So einen Typen würde ich eher nehmen. Der hat sich unglaublich gut entwickelt. Der könnte mit Schweinsteiger ein gutes Gespann werden.

Zurück zum Golf. Wie sieht’s mit Ihrem Handicap aus und wie ehrgeizig sind Sie?

12,6. Ich ärgere mich schon noch – über meine Dummheit. Wenn ich zehn Meter von der Fahne bin und da hin chippe, dann brauche ich noch zwei Putts – wenn ich Glück hab’. Ich komme mit dem kurzen Spiel nicht zurecht. Kann ich nicht. All mein Gefühl liegt hier unten: in den Füßen. Oben, in den Armen: null!

Wer ist der Beste in Ihrem Feld?

Hansi Hinterseer: Zweier-Handicap. Wie ein Profi. Der tut ja nix anderes. Singt ein bissl, aber eigentlich spielt er Golf.

Wer schimpft am meisten?

Innerlich fluchen sie alle. Beim Fußball kann man den Ball mal weiterschieben und sagen: 'Warum hast du nicht aufgepasst?' Der Maier Sepp war so ein Künstler. Beim Golfen geht das nicht. Da ist man selbst derjenige, der den Fehler macht.

 

 

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