Javi Martínez: Comeback als Chef?

Vor seinem Kreuzbandriss war Javi Martínez beim FC Bayern als Boss der Dreierkette eingeplant. Jetzt kämpft er sich zurück. „Derzeit träume ich vom Fußball“.
von  Patrick Strasser
Noch ist der Ball für ihn tabu: Javi Martínez.
Noch ist der Ball für ihn tabu: Javi Martínez. © firo/Augenklick

Doha – Matthias Sammer sah, dass alles vorbereitet war für das mittägliche Pressegespräch im Bayern-Mannschaftshotel „Grand Heritage Doha“, er klatschte aufmunternd wie fordernd in die Hände und rief: „Javi, auf Deutsch! Komm! Keine Kompromisse!“ Der Snd portvorstand verließ den Raum, Javi Martínez lächelte verlegen und setzte sich in den Sessel.

Doch eine Frage-Antwort-Runde auf Deutsch – was ist das schon gegen die Zeit, die der Spanier seit seinem Kreuzbandriss Mitte August mitgemacht hat? „So lange war ich noch nie verletzt, vielleicht einmal einen Monat. Derzeit träume ich vom Fußball, kann nur langweilige Sachen machen“, sagte der 26-Jährige. Ohne Ball eben. Ein wenig Verzweiflung klang in seiner Stimme durch über diese elende Zeit des Nichtstuns an Krücken. Dabei sehnt er sich nach Action – wie ein kleines Kind. „Auch zu Hause brauche ich immer einen Ball in der Hand, um etwas damit rumzuspielen. Dann will ich den Ball auch kicken.“ Soll er aber nicht.

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Hat er aber, in Doha. Martínez kam von einer Laufeinheit zurück, beobachtete das Treiben der Kollegen auf dem Trainingsplatz. „Gestern habe ich einen Pass gespielt. Gleich kam Pep zu mir und sagte: ,Javi, what are you doing? Was machst du? Ruhig, ruhig!’ Ich habe geantwortet: ,Okay, okay, Tschuldigung.’“ Die kleine Anekdote zeigt nur, wie viele Sorgen sich der Bayern-Trainer um einen seiner wichtigsten Spieler macht.

Denn ursprünglich hatte Guardiola einen konkreten Plan mit Martínez für seine zweite Saison beim FC Bayern. Wie im Pokal-Finale 2014 gegen Borussia Dortmund (2:0 nach Verlängerung) wollte der Coach mit einer Dreierkette in der Abwehr spielen lassen – mit Javi als Chef. Durch dessen Kreuzbandriss kurz vor Saisonstart war alles obsolet, sämtliche Taktiküberlegungen überflüssig. Im Laufe der Hinrunde changierte Guardiola zwischen Dreierkette (mit Boateng, Benatia/Dante und Bernat) und Viererkette (Rafinha, Boateng, Benatia/Dante und Bernat). Sein Idealbild der Defensive ist freilich dieses Bollwerk: Boateng, Martínez, Benatia. Drei Bullen von stattlicher Figur und enormer physischer Power. Da wird es auch für Holger Badstuber, seit einer Woche wieder im Teamtraining, schwierig, sich einen Stammplatz zu erkämpfen.

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Doch bis zur BMB-Abwehr ist es noch etwas hin. „Mir geht es jeden Tag ein bisschen besser“, erzählte Martínez und wechselte hin und wieder ins Englische: „Jeden Tag komme ich näher an mein Comeback.“ Wann das sein wird? „Ich habe keinen Zeitplan. Ich hoffe, dass ich im März mit der Mannschaft wieder trainieren kann. Es ist gut für mich hier zu sein, aber manchmal bin ich traurig, wenn ich das Training sehe, wie sie mit dem Ball arbeiten. Das ist schwer für den Kopf.“

Guardiola spricht jeden Tag mit ihm, das tut gut, baut ihn auf. Und da war dieser eine Pep-Satz vom Samstag. „Ich hoffe, dass wir in den letzten zwei Monaten der Saison wieder mit Javi Martínez spielen können.“ Im April, Mai. In der heißen Phase der Champions League und des DFB-Pokals. Meister sind die Bayern dann wohl eh schon.

Eine heikle Geschichte, ein riskantes Unterfangen. Traut sich Guardiola wirklich, dann Martínez wieder als Chef der Dreierkette zu etablieren? Zuzutrauen ist es ihm. Dafür steht Pep. Er zieht seine Pläne durch. Auch wenn andere fragen: „What are you doing?“

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