Jahreshauptversammlung des FC Bayern: Stimmungskiller Katar

Die erste Jahreshauptversammlung des FC Bayern seit zwei Jahren verläuft harmonisch, bis der Deal mit Qatar Airways zum Thema wird. Hainer: "Wir stellen uns jedem Diskurs. Es darf Kritik geben."
von  Patrick Strasser
Die Meinung zu Katar spaltet den FC Bayern und auch ihre Bosse: Oliver Kahn (li.) und Herbert Hainer. (Archivbild)
Die Meinung zu Katar spaltet den FC Bayern und auch ihre Bosse: Oliver Kahn (li.) und Herbert Hainer. (Archivbild) © sampics / Stefan Matzke

München – Rein optisch konnte und wollte der FC Bayern prahlen, seine größten Schätze ausstellen. Dabei ging es um mehr an diesem Donnerstagabend auf der Jahreshauptversammlung: Um Werte und Menschenrechte, um das Katar-Sponsoring und natürlich Corona, das zweite Reizthema, das den Verein dieser Tage umtreibt und aufwühlt.

Auf dem ersten Mitgliedertreffen seit Beginn der Corona-Pandemie (im November 2020 konnte man die Veranstaltung nicht abhalten) wurden alle Titel, alle Trophäen des Gesamtvereins auf dem Podium ausgestellt und angeleuchtet.

Sané eine Stunde anwesend – Neuer, Müller und Lewandowski fehlen

Chefcoach Julian Nagelsmann saß, fesch im grau-karierten Anzug, genau mittig vor dem Podium, zu seiner Linken Sportvorstand Hasan Salihamidzic, zu seiner Rechten Sané, der allerdings nur eine knappe Stunde blieb (Kapitän Manuel Neuer sowie seine Stellvertreter Thomas Müller und Robert Lewandowski waren nicht da). Präsident Herbert Hainer sagte über Nagelsmann: "Insgesamt tut Ihre Art uns gut. Wir sind froh, dass Sie bei uns sind und wünschen Ihnen, dass sie noch viele, viele Jahre so locker mit dem Longboard zur Säbener Straße kommen. Bei uns sind Sie auf alle Fälle in der Erfolgsspur."

Angesichts der Siegesserie in der Vorrunde der Champions League forderte Hainer: "Fünf Siege in fünf Spielen, gerne so weitermachen! Bitte bis zum Finale 2022!“ Der Präsident erwähnte auch Ex-Trainer Hansi Flick: "Mit ihm haben wir unser erfolgreichstes Jahr der Vereinsgeschichte erreicht." Beim Dank an Flick brandete viel mehr Applaus auf als bei der Erwähnung von Nagelsmann – ansonsten wurde derart emotional nur noch gefeiert: der am 15. August verstorbene Gerd Müller (†75), der legendäre Bomber der Nation.

Nur 780 Mitglieder im Audi Dome

Ehrenpräsident Uli Hoeneß, vor zwei Jahren in einer Art Jubelmesse höchst emotional verabschiedet, saß im Auditorium. Karl-Heinz Rummenigge, bis Sommer Vorstandsboss, musste laut Hainer "leider kurzfristig absagen". Die nur 780 anwesenden Mitglieder (1.700 Besucher, also 25 Prozent der Hallen-Gesamtkapazität hätten reingedurft) kamen unter Beachtung der Regelung 2G+ (geimpft oder genesen und zusätzlich getestet) und strikter FFP2-Maskenpflicht nicht so richtig in Stimmung bei den Reden von Hainer und Rummenigges Nachfolger Oliver Kahn, die nicht so polterten oder polarisierten wie früher Hoeneß.

Was das Katar-Thema ohnehin macht. Die lukrative Partnerschaft mit "Qatar Airways" (rund 20 Millionen Euro pro Jahr bis 2023) missfällt einem Teil der Mitglieder und Fans massiv. "Der FC Bayern wird niemals ein kickender Konzern werden", sagte Präsident Hainer und erntete Beifall. Pfiffe und Buhrufe jedoch dafür: "Wir stellen uns jedem Diskurs. Es darf Kritik geben, diese muss aber immer sachlich sein. Eine Wortwahl wie ‚niederträchtig‘ oder ‚feige‘ passt nicht zum Ton beim FC Bayern."

Katar-Antrag wird nicht zugelassen

In einem vor Ort verteilten Statement der "Südkurve München" hieß es: "Diese Kooperation schadet dem Image des FC Bayern nachhaltig". Man wolle vielmehr einen FC Bayern, "der nicht von Leuten benutzt wird, die sich nicht um Menschenrechte scheren, aber mit uns ihr Image aufpolieren wollen".

Mitglied Michael Ott, dessen Antrag, das Sponsoring mit Qatar Airways (im Rahmen der umstrittenen Geschäftsbeziehungen mit dem noch umstritteneren Wüstenstaat, dem Gastgeber der WM 2022) zu beenden, wurde vom Klub noch nicht zugelassen. Und: Die 13. Zivilkammer des Landgerichts München I wies wenige Stunden vor der Versammlung einen entsprechenden Antrag ab. Vom Podium aus stellte Ott daher einen Spontan-Antrag, um den Verein zu zwingen, den Deal 2023 auslaufen zu lassen. Dabei wurde es laut und emotional, mit zahlreichen Buhrufen und Protesten. Der Spontan-Antrag wurde aus juristischen, weil "rechtswidrigen" Gründen vom Verein nicht anerkannt.

Menschenrechtskonvention wird in die Vereinssatzung aufgenommen

Die Abstimmung darüber, dass die Mitgliederversammlung des FC Bayern künftig zustimmen muss, sobald Anteile oder Stimmrechte des Vereins an der AG unter 75% fallen, ging negativ aus. Die bisherige Grenze liegt bei 70 Prozent - und bleibt es auch. Das Ergebnis der Abstimmung: 473 dafür, 236 dagegen. Damit wurde die erforderliche 3/4-Mehrheit nicht erreicht und der Antrag somit abgelehnt. Der Antrag, die Menschenrechtskonvention in die Vereinssatzung aufzunehmen, wurde mit überwältigender Mehrheit von 77,8% angenommen. Das gesamte Präsidium hatte dagegen gestimmt.

Kahn nahm in seiner ersten Rede auf einer Jahreshauptversammlung als Vorstandsboss das Wort "Katar" nicht in den Mund, betonte bei seinem Blick auf die Konkurrenzsituation im europäischen Fußball angesichts der von Investoren gepimpten Vereine wie dem FC Chelsea, Manchester City, Paris Saint-Germain und bald auch Newcastle United, man kämpfe "an vorderster Front, dass es nicht sein kann, dass Investoren unbegrenzt Geld in Klubs pumpen können".

Kahn ganz wie einst Kalle – aber: Sieht nach einem aussichtslosen Kampf aus.

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