Ist van Bommel ein einsamer Kapitän?

Mark van Bommel behagt offenbar Bayerns Taktik nicht. Der Holländer redet zwar viel. Aber bisher hat er kaum etwas damit bewirkt.
von  Abendzeitung
Mark van Bommel in Aktion: Der Mittelfeldspieler ist bei Freund und Feind gefürchtet wegen seiner kompromisslosen Spielweise.
Mark van Bommel in Aktion: Der Mittelfeldspieler ist bei Freund und Feind gefürchtet wegen seiner kompromisslosen Spielweise. © MIS

Mark van Bommel behagt offenbar Bayerns Taktik nicht. Der Holländer redet zwar viel. Aber bisher hat er kaum etwas damit bewirkt.

MÜNCHEN Mark van Bommel ist ein Kommunikator. Einer, der gerne redet. Mit jedem. Über alles. Manche Mitspieler schmunzeln über ihren Kapitän, weil er in der Kabine, im Bus, im Hotel ständig palavert. Er selbst weiß das und hat dafür einen eigenen Begriff gefunden: Herumschwätzen. Im Bayern-Jahrbuch antwortete er auf die Frage nach seinem Lieblingsplatz im neuen Leistungszentrum: „Der Massageraum. Da kann ich am besten herumschwätzen.“

Auf dem Platz freilich auch. Ein kommunikativer, lauter Kapitän wird gebraucht heute im DFB-Pokal-Zweitrundenspiel gegen Nürnberg (20.30 Uhr, ARD live). Beim 2:5 gegen Bremen ist van Bommel recht ziellos und stumm durchs Mittelfeld gestromert. Gehemmt wirkte der 31-Jährige, zurückhaltend. Dabei hätte die Mannschaft einen entschlossenen Kapitän gebraucht. „Lethargie“ hatte Tim Borowski ausgemacht. Es fehlte einer, der auf dem Platz ein Zeichen setzt. Ein Signal an die Mannschaft: So nicht! Eine Effe-Grätsche ohne Rücksicht auf Bestrafung. Doch van Bommel musste sich im ersten Bundesliga-Spiel nach der Gelb-Roten Karte in Dortmund drei Wochen zuvor beherrschen.

Wie nach dem Spiel. Die offensive Ausrichtung des Teams durch Trainer Jürgen Klinsmann behagt ihm nicht. Schon nach dem 3:0 in Köln und dem 1:0 in der Champions League in Bukarest hatte er vorsichtig Kritik geübt, gehört wurde er nicht, die Mannschaft hatte ja gewonnen. Ist der beredte van Bommel doch einsamer Kapitän?

„Hinten waren wir sehr offen“, sagte er in Bukarest und mahnte, es gehöre zur Disziplin, „bei einem toten Spiel geordnet zu stehen“. Nach dem Desaster gegen Bremen meinte er: „Ich habe auch nicht erwartet, dass wir so verlieren, aber gegen Bukarest war auch nicht alles super. Bei Freistößen und Ecken muss man gut stehen, das ist eine Frage der Disziplin. Das darf nicht passieren."

Van Bommel spricht die Dinge an – das ist sein Job. Doch wird er gehört? Wie wichtig ist seine Meinung? Klinsmann hatte ihn vor Saisonbeginn zum Kapitän bestimmt, zum Nachfolger von Oliver Kahn. Doch anders als bei Bastian Schweinsteiger (Vertrag läuft Ende der Saison aus) oder den Verteidigern Lucio und Demichelis (jeweils bis 2010 gebunden) sprachen sich die Bosse noch nicht öffentlich für eine Verlängerung seines Kontraktes aus. Im Sommer hatten sich die Bayern intensiv um eine Verpflichtung der Sechser-Spezialisten Mathieu Flamini (wechselte dann von Arsenal zu Milan) und Gennaro Gattuso (blieb bei Milan) bemüht – erst danach wurde van Bommel Kapitän.

Nun kämpft er. Um seinen Platz, um seine Reputation, ums Mannschaftsklima. „Die Moral der Truppe ist gut, denn keiner hat sich in der Öffentlichkeit negativ über andere geäußert“, sagte er bei „fcb.tv“. Was das Nürnberg-Spiel betrifft, da schwätzte er nicht lange herum: „Wir müssen gewinnen, egal wie. Das ist unsere Pflicht, zu Hause gegen einen Zweitligisten im Pokal darf nichts anderes passieren." Punkt. So spricht ein Capitano.

Patrick Strasser

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