Interview mit Bixente Lizarazu: Ancelotti ist wie Hitzfeld

Vereinslegende Bixente Lizarazu spricht in der Abendzeitung über die Chancen der Bayern in der Champions League, die Rivalen um den Titel – und die besonderen Qualitäten des Münchner Trainers.
von  Maximilian Koch

München - Vor dem Spiel der Bayern in Berlin hat die AZ mit Bixente Lizarazu gesprochen. Der Welt- und Europameister spielte von 1997 bis 2004 und 2005/06 für den FC Bayern.

AZ: Herr Lizarazu, ihr ehemaliger Verein, die Bayern, haben beim 5:1 gegen den FC Arsenal zum ersten Mal in diesem Jahr gezeigt, wozu sie fähig sind. Spielt so ein künftiger Champions-League-Sieger?
BIXENTE LIZARAZU: Ich denke, dass alles sehr offen ist, was den Gewinn der Champions League angeht. Bayern hat in der zweiten Halbzeit gegen Arsenal tatsächlich sehr gut gespielt und sein Potenzial gezeigt. Für Bayern ist alles möglich, wenn die Topspieler auch in den kommenden Spielen so agieren wie gegen Arsenal: Arjen Robben, Robert Lewandowski und Thiago waren herausragend. Wenn dann auch noch Franck Ribéry zurückkommt, bringt das zusätzliche Qualität. Das Gleiche gilt für Jérôme Boateng in der Verteidigung. Du hast außerdem Philipp Lahm auf der rechten Seite: Das ist einfach eine sehr gute Mannschaft.

Lesen Sie auch: Es ist nicht immer eine Gala möglich

"Ancelotti braucht Zeit, das ist ganz normal"

Aber eine, die bislang nicht in jedem Spiel unter dem neuen Trainer Carlo Ancelotti überzeugt hat. Was sind die Gründe dafür?
In der ersten Hälfte der Saison hat man gemerkt, dass die Bayern sich erst an den neuen Trainer gewöhnen müssen. Bayern hat lange den Stil von Pep Guardiola gespielt. Es dauert, bis man die Philosophie des neuen Trainers verinnerlicht und einen neuen Stil annimmt. Auch für Trainer dauert es übrigens, sich an die neue Umgebung zu gewöhnen: Ancelotti kannte Deutschland und Bayern vorher nicht. Es braucht seine Zeit, das ist ganz normal.

Welchen Ruf genießt Ancelotti in Frankreich, Ihrer Heimat?
Er gilt als sehr guter Trainer und als sehr guter Psychologe. In Frankreich hat er einen tollen Job bei Paris St.-Germain gemacht, genauso in Spanien bei Real Madrid. Das weiß ich von Zinedine Zidane, ich habe mit ihm über Ancelotti gesprochen – er hat nur Gutes gesagt.

Lesen Sie auch: Sind die Bayern an diesem Sturmtalent dran?

"Man darf Pep Guardiola mit Manchester City nicht vergessen"

Welche Teams außer Bayern können die Champions League gewinnen?
Es ist immer die zweite Hälfte der Saison, die entscheidend ist. Dann geht es darum, zu gewinnen. Das weiß Ancelotti. Bayern ist perfekt in dieses Champions-League-Jahr gestartet. Wenn sie sich noch verbessern, können sie sehr weit kommen. Aber auch Paris ist ein gutes Team, das sich sogar noch steigern kann, ebenso Real Madrid. Der FC Barcelona ist wohl raus. Man sollte Manchester City mit Pep Guardiola nicht vergessen, die gerade nicht so gut spielen, aber großes Potenzial haben. Man kann jetzt noch nicht sagen, wer gewinnt. Nach dem Viertelfinale wird sich wohl abzeichnen, wer die Form mitbringt für den ganz großen Triumph.

Von Ex-Spielern Ihrer Bayern-Generation hört man immer wieder, dass Ancelotti sie an Ottmar Hitzfeld erinnert, der mit dem FC Bayern 2001 die Champions League gewann. Geht es Ihnen genauso?
Ja, das ist wahr, er erinnert mich auch an Hitzfeld. Ancelotti ist ein Trainer, der eine ähnliche Art hat, einen ähnlichen Stil, eine Mannschaft zu führen. Er hat eine sehr gute Beziehung zu seinen Spielern, er spricht viel mit ihnen. Er ist sehr gelassen, er versteht die einzelnen Charaktere und kann sich an sie anpassen. Er spricht nicht mit jedem gleich, das hat Hitzfeld übrigens auch so gemacht. Er hat mit mir ganz anders gesprochen als beispielsweise mit Stefan Effenberg oder Oliver Kahn. Ottmar hat genau gewusst, dass wir unterschiedlich sind. So hat er uns dann auch behandelt, das hat ihn ausgezeichnet. Ich denke, Ancelotti macht das bei Bayern jetzt genauso. Was ich aus Paris und Madrid über ihn gehört habe, ist er sehr gut darin, zu managen. Aus meiner Sicht ist das das Allerwichtigste für einen Trainer: Er muss das Team in seiner Gänze führen können – und in die Köpfe der einzelnen Spieler hineinkommen.

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.