Interview-Abbruch zeigt: Nach außen kommt Bayern-Trainer Tuchel dünnhäutig rüber
Es hatte sich mächtig was aufgestaut in den vergangenen Tagen in Thomas Tuchel. Die 1:2-Pleite im Pokal habe sich "zwei Nächte fürchterlich angefühlt", sie hinterlässt "eine Narbe", sagte der Bayern-Trainer.
All die Enttäuschung, all die Wut – womöglich auch auf sich selbst, da er Alle-Rekorde-Brecher-Torjäger Harry Kane am Mittwoch fahrlässig gänzlich draußen ließ – herunterschlucken? In sich hineinfressen? Ist nicht gesund.
Konter gegen TV-Experten: Zunächst heimste Tuchel noch Lacher ein
Wie gut, dass es Experten wie Didi Hamann und Lothar Matthäus gibt, die mit ihrer beißenden, teils jedoch richtigen Kritik eine Zielscheibe für Tuchel bieten – oder sind sie gerne genommene Platzhalter für Probleme mit den Bossen in Sachen Einkaufspolitik oder die verspielten Titel seiner Amtszeit? Freitag war er noch zu Späßen aufgelegt. Als der neueste Angriff des Duos, die fehlende spielerische Weiterentwicklung, angesprochen wurde, konterte Tuchel launig: "Ich sehe bei den beiden auch keine Weiterentwicklung."
Ein Lacher, ein Punkt für Tuchel. Rund um den Klassiker in Dortmund zeigte Tuchel jedoch, dass sein Fell gar nicht so dick ist. Dem Trainer mit der Kappe platzte die Hutschnur. Immerhin sagte er nach dem 4:0 einem seiner Peiniger, in dem Fall Matthäus, voller Spott und Sticheleien ins Gesicht, was er von dessen Ausführungen hält.
Wie ein Löwe verteidigte er seinen Weg und damit auch seine Herde gegen die Pfeile von außen. Das kann die Innenwirkung sein. Nach außen kommt der 50-Jährige dünnhäutig rüber. Der Auftritt samt Abbruch des Interviews war wenig souverän und führt nun dazu, dass weniger über die souveräne Leistung seiner Marschroute gesprochen wird.
In Dortmund schoss Bayern-Trainer Tuchel übers Ziel hinaus
Tuchel, der nach seiner Entlassung bei Chelsea im Herbst 2022 in Indien ein Ayurveda-Ressort besuchte, um Körper und Geist runterkommen zu lassen, schoss in Dortmund übers Ziel hinaus. Den Kleinkrieg mit den Experten kann er so nicht beenden, es wird ihn durch die Saison begleiten. Die Glut der Wut als stete Gefahr für unliebsame Brände.
Man muss nicht die rechte und die linke Backe hinhalten, aber: Ein souveränes Weglächeln der Quälgeister oder ein versöhnlicher Schritt zu – das wäre eine Weiterentwicklung.