"Ich musste das durchleben": Bayern-Star Kimmich kündigt Impfung an

München - Joshua Kimmich legte die gefalteten Hände in den Schoß, als er mit trauriger Miene seine Fehleinschätzung in der emotionalen Impffrage erklärte. "Es war für mich einfach schwierig, mit meinen Ängsten und Bedenken umzugehen. Deshalb war ich auch so lange unentschlossen", sagte der Fußball-Nationalspieler, der sich nun doch für den Piks gegen Corona entschieden hat.
Kimmich: "Vielleicht musste ich das erst durchleben"
"Deshalb konnte ich diese Entscheidung zu dem Zeitpunkt auch nicht treffen und musste vielleicht erst das durchleben, was ich jetzt durchlebt habe", erklärte der Star des FC Bayern München am Sonntag in der ZDF-"Sportreportage". "Rückblickend gesehen" hätte er die Entscheidung des Impfens gerne früher getroffen.
Bewegende Wochen liegen hinter dem Familienvater, der zweimal als Kontaktperson und einmal nach eigener Infektion in Quarantäne musste. Dazu hagelte es nach seinem öffentlich begründeten Impfzögern als Reaktion auf einen "Bild"-Bericht jede Menge Kritik, Kimmich stand im Zentrum von heißen Debatten, war Thema bei Talkshows, wurde zum meist diskutierten Sportler Deutschlands bis hinauf in die Bundesregierung.
Kimmich über Corona-Infektion: "War sehr schwierige Zeit für mich"
"Generell war es natürlich eine sehr, sehr schwierige Zeit für mich", sagte Kimmich, der seit über einem Monat nicht mehr spielen konnte. "Das schlechte Gewissen ist auf jeden Fall da. Also in erster Linie natürlich meiner Familie gegenüber, die sich viel anhören mussten, aber natürlich auch meinen Mitspielern gegenüber."
Kimmich, der zusammen mit Leon Goretzka die Hlfsinitiative "We Kick Corona" gründete, hatte sein Impfzaudern vor sieben Wochen mit "ein paar Bedenken, gerade, was fehlende Langzeitstudien angeht" erklärt. Vielen Experten zufolge sind solche langfristigen Nachwirkungen bei Impfungen gegen Covid-19 aber ausgeschlossen.
Kimmich hatte sogar schon einen Impftermin
Wann er sich impfen lässt, ist noch offen. Er habe sogar schon einen Impftermin gehabt, verriet Kimmich. "Leider kam mir dann die Erkrankung zuvor." Nun wird der Mittelfeldchef demnächst erst einmal den Genesenstatus haben. "Dieser Status dauert dann eine gewisse Zeit lang an und wenn es dann empfohlen wird und der Zeitpunkt da ist, werde ich mich impfen lassen", sagte der 26-Jährige.
Das "Ja" von Kimmich und seine Impfwende könnten auch eine öffentliche Signalwirkung in der Impffrage zur Folge haben. Rund 70 Prozent der Bevölkerung in Deutschland sind vollständig geimpft. "Als Fußballprofi und Nationalspieler ist er für viele Menschen Vorbild. Mehr Impfungen sind der Weg aus der Pandemie", sagte die neue Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP).
Kimmich: "Gibt gute Gründe, sich impfen zu lassen"
Kimmich selbst erklärte, dass er sich der "Vorbildfunktion" bewusst sei. "Ich bin Nationalspieler, ich bin Spieler vom FC Bayern München – und trotzdem bin ich irgendwo auch nur ein Mensch, der eben auch Ängste und Bedenken hat", warb der Schlüsselspieler bei Verein und Nationalteam um Verständnis. Jeder müsse für sich entscheiden. "Es gibt ja viele gute Gründe, sich impfen zu lassen", sagte Kimmich.
Der FC Bayern kürzte Kimmich und den anderen ungeimpft in Quarantäne geratenen Spielern die Gehälter, was Kimmich versteht: "Ich denke mal in der Thematik gibt es keine zwei Meinungen, das war das gute Recht des Vereins."
Verständnis hatte Kimmich auch für Kritik, zumindest für die sachliche. Teilweise seien aber "einige Grenzen überschritten" worden. Beispielhaft berichtete er davon, dass Pressevertreter sogar zur "Beerdigung meines Opas" gekommen seien. "Wir sprechen immer von Respekt, Toleranz, Offenheit und das sind genau Werte, die mir in meiner Diskussion extrem gefehlt haben", sagte er.
Bayern-Doc: Kimmich wird wieder voll belastbar
Bayerns Mannschaftsarzt Roland Schmidt erwartet zudem eine Rückkehr Kimmichs zur vollen Belastbarkeit. "Davon dürfen wir nach derzeitiger Befundung ausgehen", sagte der Mediziner dem "Kicker".
Bei dem aktuellen Verlauf könne Kimmich "mit Beginn der Rückrunde" wieder ins Mannschaftstraining einsteigen. Diese beginnt für den deutschen Meister am 7. Januar mit dem Heimspiel gegen Borussia Mönchengladbach.
Schmidt sprach von einem "typischen Verlauf einer leichten Covid-19-Erkrankung. Es handelt sich um leichte, in Rückbildung befindliche Veränderungen der Lunge. Das ist allerdings bei leichteren Covid-19-Verläufen nicht untypisch", sagte Schmidt, der eines von drei Mitgliedern des Ärzteteams bei den Münchner Profis ist.