„Ich gehe aufrechter durchs Leben“
Aufsteiger Holger Badstuber über sein erstes Jahr als Bayern-Profi, fehlende Schwächen und seine sensationelle Entwicklung zum Anwärter auf einen Platz in Löws WM-Kader.
Herr Badstuber, dieses Jahr dürfte ein besonderes für Sie gewesen sein...
Sie selbst auch nicht?
Ich habe nicht so weit vorausgeschaut. Aber ich habe immer gewusst, dass ich das Potenzial habe, um mich bei Bayern durchzusetzen.
Sie sind ja in einem bewegten Jahr zu den Profis gestoßen, auch was die Trainerfluktuation angeht. Wie erlebt man so etwas als junger Spieler?
Bei Klinsmann war ich selten dabei, aber natürlich bekommt man das alles mit. Van Gaal war dann eigentlich mein erster richtiger Trainer.
Zum Saisonbeginn standen Sie in der Startelf und seitdem nicht mehr in Frage...
Nö. Das war dann aber schon mein Verdienst. Mit meinen Leistungen habe ich bewiesen, dass ich da auf keinen Fall mehr weg will.
Im Herbst wurde es ungemütlich. Wie sind Sie mit dieser Krise umgegangen?
Das war sicher alles neu für mich. Klar war da sehr viel Hype und sehr viel Druck da. Was da drumherum passiert, darauf habe ich keinen Einfluss. Wir haben uns als Mannschaft nicht irritieren lassen, haben uns da rausgekämpft, mit dem Trainer zusammen.
Wie sehr hat die Stimmung im Team gelitten?
Man merkt das natürlich. Ich bin noch nicht so lange als Profi dabei, aber da gibt es ja einige bei uns, die solche Situationen schon zur Genüge gehabt haben und wissen damit umzugehen. Und da habe ich mich sozusagen dazu gesinnt.
Wer sind Ihre Ansprechpartner in der Mannschaft?
Mark van Bommel oder auch Bastian Schweinsteiger und Mario Gomez.
Gerade mit Schweinsteiger sieht man Sie oft zusammen.
Ja, wir haben ein gutes Verhältnis. Das gehört doch auch dazu, ist doch schön. Ich bin ja schon im achten Jahr hier und der Basti auch, da kennt man sich schon ein bisschen.
Schweinsteiger hat in Turin eines seiner besten Spiele gemacht. Wie haben Sie diese „magische Nacht" erlebt?
Das war erst mal für uns eine große Erleichterung. Die Mannschaft hat darauf hin gearbeitet, hat sich stark gemacht und es sich auch verdient. Das war natürlich schon ein schönes Erlebnis, ein Wahnsinnsgefühl, dass man mal wieder obenauf war.
Seit ein paar Wochen spielen Sie Linksverteidiger. In der Jugend spielten Sie im defensiven Mittelfeld, und am Anfang unter van Gaal in der Innenverteidigung. Wo sind Sie besser?
Ich habe auch schon unter Hermann Gerland Innenverteidiger gespielt. Und nun auf links: Das war eine neue Situation, aber ich habe mich daran gewöhnt. Ich fühle mich sehr sicher auf dieser Position.
In der Nationalmannschaft gibt es weder links hinten noch in der Mitte neben Mertesacker einen Stammspieler - eine Chance für Sie?
Dazu will ich nichts sagen. Ich konzentriere mich auf den Verein, bin ja auch bei der U21 dabei, wo wir noch die Quali spielen. Und wie sich das dann weiter entwickelt, das habe ich nicht in der Hand.
Ihr Lebensmotto ist „Lerne aus deinen Fehlern".
Im Fußball gehören Fehler dazu. Das ist ein simpler Satz, aber der hat doch eine Wahrheit. Man sollte Fehler halt nicht zwei oder drei Mal machen. Wenn man das beherzigt, kann man viel lernen.
Ihre Heimat ist Memmingen...
Eher Rot an der Rott, 15 Kilometer weg. Wenn ich frei habe, fahre ich da öfter hin, ins familiäre Umfeld. Jetzt an Weihnachten bin ich auch da.
Wo wohnen Sie in München?
Ich lebe ziemlich zentral. Ich mag das Flair dort.
Ihr Kollege Thomas Müller hat schon geheiratet. Wie sieht das bei Ihnen aus? Gibt es eine Freundin?
Nein. Wir sind so viel unterwegs, da ist das schwierig.
Bleibt Zeit für Hobbies?
Ich bin jemand, der sich viel mit Fußball beschäftigt, bin aber auch gern unter Leuten, treffe Freunde, die mit Fußball nichts am Hut haben.
Ihr Sternzeichen ist Fische. Sind Sie ein typischer Fisch: sentimental, verträumt?
Das glaube ich überhaupt nicht, dass ich verträumt bin.
Wie sind Sie denn dann?
Ich bin ein ruhiger, entspannter Typ, leicht umgänglich, der weiß, was er will, aber dennoch alles nicht so ernst sieht.
Und Ihre Schwächen?
Schwächen? Gemeine Frage! Was den Fußball betrifft: Da kann man die Stärken noch verbessern. Ich bin auf einem guten Weg, auch menschlich, habe in der letzten Zeit mehr Selbstbewusstsein, was vorher nicht so der Fall war – und gehe aufrechter durchs Leben.
Interview: Thomas Becker