Hoeneß-Urteil: Was macht jetzt der FC Bayern
München - Der FC Bayern, hat Uli Hoeneß erst vor wenigen Tagen gesagt, der FC Bayern stehe derzeit da "wie im Traum". Jetzt, nach der erstinstanzlichen Verurteilung des Präsidenten und Aufsichtsratschefs des Fußball-Rekordmeisters zu drei Jahren und sechs Monaten Haft wegen Steuerhinterziehung, findet sich der sportlich und wirtschaftlich so erfolgreiche Branchenprimus in einem Alptraum wieder. Wie geht es jetzt nur weiter? Ist Hoeneß noch zu halten? Diese Fragen stellen den Klub mit Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge an der Spitze vor eine Zerreißprobe.
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Der FC Bayern stehe "total loyal zu unserem Freund Uli Hoeneß", hatte Rummenigge zuletzt fast Mantra-artig wiederholt – immer in der Hoffnung, dass "der Uli" doch noch halbwegs unbeschadet aus der Sache herauskommen würde.
Doch das Denkmal Uli Hoeneß ist krachend zu Boden gestürzt. Rummenigge obliegt es nun, die Scherben zusammenzukehren. Nach der Urteilsverkündung am Donnerstagnachmittag wollte er sich zunächst nicht äußern. Der frühere Stürmer ließ mitteilen, dass der FC Bayern das Ergebnis einer möglichen Revision abwarten wolle. Im Hintergrund, mutmaßte die Süddeutsche Zeitung aber bereits, wird längst ein "Königsmörder gesucht".
Die Spitzenvertreter der Wirtschaft im Aufsichtsrat der FC Bayern AG können sich einen verurteilten Steuerhinterzieher an der Spitze dieses Gremiums schlicht nicht leisten. Für die Vorstandschefs Herbert Hainer (Adidas), Rupert Stadler (Audi), Martin Winterkorn (VW) und Timotheus Höttges (Telekom) geht es um die eigene Glaubwürdigkeit. Die Richtlinien ihrer Konzerne sind in ähnlich gelagerten Fällen eindeutig. Ein namentlich nicht genannter Manager sprach in der SZ von einer "sehr schwierigen" Situation für Hoeneß, ein anderer von "Stilfragen". Und ein früherer Funktionär des Klubs verwies auf die "gesellschaftliche Verantwortung" des FC Bayern. All das spricht gegen Hoeneß.
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Einfach absetzen kann der Aufsichtsrat seinen Boss nicht, eine Einmischung in die Geschicke eines Vereins mit rund 230.000 Mitgliedern wäre schwierig. Winterkorn hat aber für den Fall einer Verurteilung eine Zusammenkunft des Gremiums angekündigt. Stadler dagegen verwies auf den "komplexen Sachverhalt", der einer "letztinstanzlichen Entscheidung" bedürfe.
Die drei Miteigentümer der FC Bayern AG – Adidas, Audi und Allianz – können nicht alleine handeln. Sie verfügen über nicht einmal ein Drittel der Aktien. Mit dem früheren bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber sitzt überdies ein Mann im Aufsichtsrat, der Hoeneß kürzlich als "unverzichtbar" für den FC Bayern bezeichnet hatte. Das war allerdings noch bevor das ganze Ausmaß von dessen Steuerhinterziehung bekannt geworden war.
Bei einer Bewährungsstrafe, das hatte Hoeneß im vergangenen November angekündigt, werde er sein Schicksal in die Hände der Fans legen. Die sollten bei einer außerordentlichen Mitgliederversammlung über seine Zukunft entscheiden. Die Fans, seine Fans, würden ihn schon nicht fallen lassen, hoffte er. Doch dieser Weg scheint jetzt verbaut. Wie auch der Kniff, dass die Mitglieder Hoeneß mittels einer Satzungsänderung, in der das Amt des Präsidenten von dem des Aufsichtsratschefs entkoppelt wird, im Sattel halten.
Einen Nachfolger, und das dürfte jetzt zum Problem werden, hat Hoeneß nie versucht aufzubauen. Intern gilt einem Bericht des Münchner Merkur zufolge der langjährige Finanzchef Karl Hopfner (61), einer von zwei Vize-Präsidenten, als möglicher Erbe, zumindest übergangsweise. Auch Stoiber (72) wäre eine Option, heißt es. Doch einen FC Bayern ohne Uli Hoeneß mag sich an der Säbener Straße noch immer niemand vorstellen. "Er ist so wichtig für uns, für den ganzen Verein", sagte Profi Franck Ribéry zuletzt.