Hoeneß' Kane-Aussagen kamen nicht überall gut an – jetzt zieht der FC-Bayern-Patron erste Konsequenzen

Mitte Juli äußerte sich Uli Hoeneß erstaunlich offen zu einer Verpflichtung von Harry Kane seitens des FC Bayern – und fühlt sich aufgrund der aufgekommenen Kritik nun missverstanden. Künftig möchte der Bayern-Patron anders agieren.
von  Victor Catalina
Thomas Tuchel (li.) bedankte sich gleich nach seiner Verpflichtung bei Uli Hoeneß – und zeigte auch diesmal Verständnis.
Thomas Tuchel (li.) bedankte sich gleich nach seiner Verpflichtung bei Uli Hoeneß – und zeigte auch diesmal Verständnis. © imago/ Revierfoto

Rottach-Egern/München - Auch am Donnerstagmorgen war er wieder bei der Mannschaft, der sein ganzes Herzblut gilt, und schaute sich das öffentliche Training an. Es war die letzte Einheit im Trainingslager am Tegernsee. Die Rede ist natürlich von Uli Hoeneß. Dem Ehrenpräsidenten. Dem Bayern-Patron. Mister FC Bayern.

Bereits am Mittag trat das Team von Trainer Thomas Tuchel die Heimreise an. Den Nachmittag und Freitag gab er der Mannschaft, nach AZ-Informationen, frei.

Anzeige für den Anbieter X über den Consent-Anbieter verweigert

"Tun gut daran, uns nicht weiter zu äußern": Zeigt FC-Bayern-Boss Dreesen Uli Hoeneß die Grenzen auf?

Gesprochen hatte Hoeneß an diesem Donnerstag nicht. Das tat er, findet Bayerns Ehrenpräsident nun selbst, in den vergangenen Tagen zur Genüge. Wie zum Beispiel im Fall von Tottenhams Stürmer-Star Harry Kane, der "in allen Gesprächen ganz klar signalisiert hat, dass seine Entscheidung steht – und wenn die bleibt, dann kriegen wir ihn, weil dann wird Tottenham einknicken müssen!" Das sagte Hoeneß am vergangenen Wochenende am Tegernsee, als der FC Bayern dort gerade ins Trainingslager startete. 

Es blieb nicht dabei, Hoeneß legte im Gespräch mit den anwesenden Medienvertretern nach: "Er (Kane, d. Red.) will international spielen und Tottenham ist ja zu unserem Glück nächstes Jahr international nicht tätig. Er hat jetzt nochmal die Möglichkeit, zu einem Topklub in Europa zu kommen." Besonders diese beiden Aussagen sollen ihm in England als wenig stilvoll und als den komplizierten Verhandlungen nicht gerade hilfreich ausgelegt worden sein, intern wie extern.

Schon am Montag hatte Vorstandsboss Jan-Christian Dreesen versucht, wieder Ruhe in die Angelegenheit und die Verhandlungen zu bekommen: "Generell glaube ich, tun wir gut daran, uns in den Themen, in denen wir uns bewegen, über die aktuell bekannten Dinge hinaus nicht weiter zu äußern." Nun, wer sich geäußert hatte, war eben Hoeneß. Die Bayern wollen die Beziehungen mit dem ohnehin harten und laut Hoeneß "ausgebufften, cleveren" Verhandlungspartner Daniel Levy keinesfalls noch verschlechtern.

FC Bayern und die Causa Harry Kane: Daniel Levy verärgert über Hoeneß-Aussagen, Postecoglou beschwichtigt

Denn: Tottenhams CEO soll alles andere als erfreut über die Aussagen von Hoeneß gewesen sein. Levy will sich nicht unter Druck setzen lassen und dürfte nun erst Recht auf seiner Forderung von mindestens 100 Millionen Euro Ablöse bestehen.

Tottenhams Neu-Trainer Ange Postecoglou zeigte sich in der Causa Kane eher pragmatisch und beschwichtigte: "Es gibt viele Menschen, die Harry (Kane, d. Red.) besser als ich kennen. Aber er wird sich durch nichts aus der Ruhe bringen lassen. Auf mich persönlich hat das überhaupt keinen Einfluss. Wenn andere Klubs über die Spieler, die bei uns unter Vertrag stehen, sprechen wollen, ist das eher ihre Sache, als unsere", sagte der Australier auf der Pressekonferenz vor der Testspielniederlage gegen Stadtrivale West Ham (2:3).

Missverstandener FC-Bayern-Boss Hoeneß poltert nicht zum ersten Mal während einer Transferphase

Und Hoeneß? Der fühlt sich missverstanden und sieht in seinen Aussagen keinen größeren Fauxpas. Besonders wie er Levy lobte, ihn als "clever" und "ausgebufften, super Profi" bezeichnete, kam dem Bayern-Patriarchen in der öffentlichen Wahrnehmung zu kurz. Bei der Wahl seiner Gesprächspartner (und Worte?) will Hoeneß daher zukünftig selektiver vorgehen, berichtet zumindest "ran.de"

Es ist bei weitem nicht das erste Mal, dass Hoeneß mitten im Transferpoker verbal aufdreht. Denkwürdig gestaltete sich etwa seine Aussage aus dem Februar 2019: "Wenn Sie wüssten, was wir alles schon sicher haben für die neue Saison …", sagte er im "Doppelpass". Auch damals befand sich der FC Bayern in Verhandlungen um einen Topspieler der Premier League: Leroy Sané.

Bereits vor der Verpflichtung von Leroy Sané drehte Uli Hoeneß verbal auf. Gibt es bei Harry Kane dasselbe Ergebnis?
Bereits vor der Verpflichtung von Leroy Sané drehte Uli Hoeneß verbal auf. Gibt es bei Harry Kane dasselbe Ergebnis? © imago/Revierfoto

"Schon sicher", auch für die Öffentlichkeit bekannt, hatte der deutsche Rekordmeister zu dieser Zeit Lucas Hernández, Benjamin Pavard und Fiete Arp. Aufgrund des Kreuzbandrisses, den sich Sané im Community Shield gegen Liverpool zuzog, kamen Ivan Perisic und Philippe Coutinho dazu. Im Mai 2019 bestätigte Hoeneß das Interesse an Sané: "Wir beschäftigen uns mit der Personalie". Wenige Monate später konnte der Transfer schließlich vollzogen werden.

Trainer Tuchel zeigt Verständnis für Hoeneß: "Manchmal entscheidet Uli aus dem Bauch heraus" 

Damals wie heute galt und gilt es, Schlüsselpositionen bei den Bayern neu zu besetzen. Am Ende der Saison 2018/19 verließen Franck Ribéry und Arjen Robben den Verein. Vergangenes Jahr war es Robert Lewandowski, dessen Tore über die Saison nicht ersetzt werden konnten. Thomas Tuchel zumindest konnte Hoeneß' Redseligkeit nachvollziehen – auch in puncto Kane: "Es ist sein gutes Recht. Manchmal entscheidet Uli aus dem Bauch heraus, Klartext zu sprechen. Und manchmal hält er sich zurück. Das ist er wie er leibt und lebt."

Unstrittig – und der Erfolg gab ihm über Jahrzehnte auch recht. Meistens kümmert es ihn wenig, ob und bei wem er mit seinen Aussagen aneckt. Denn Hoeneß geht es in erster Linie darum, den FC Bayern zu beschützen. Wenn bei Kane der Ausgang derselbe ist, wie im Fall Sané, dass der Spieler nämlich am Ende im Bayern-Trikot aufläuft, wird sich Hoeneß – trotz missverstandenem Statement – in seinem vorpreschenden Vorgehen bestätigt fühlen.

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.