Hoeneß: „Ich muss loslassen“
Wie Uli Hoeneß sein Leben ohne den Job als Bayern-Manager plant: Er will Vorträge halten,lässt sich am Knie operieren – und ist stolz auf das, was er nach 30 Jahren im Amt hinterlassen hat.
AZ: Herr Hoeneß, Ihr Enkel Anton Maximilian kam am 20. Dezember zur Welt, zuvor hatte der FC Bayern im letzten Vorrundenspiel der Champions League mit dem 4:1 bei Juventus Turin seine Wiedergeburt gefeiert. Passt doch alles zum Jahresausklang, oder?
ULI HOENESS: Ja, wirklich. Ich fühle mich sauwohl. Privat und was den FC Bayern betrifft. Wir sind da zum Jahresende genau zum richtigen Zeitpunkt in die Zielgerade reingelaufen und mit Erfolg durch.
Sie haben immer wieder die Mitgliederversammlung Ende November als Wendepunkt hervorgehoben. Eine Versammlung weckt einen Fußballklub – ist das zu glauben?
Doch, so war es! Wir alle haben mal wieder eindrucksvoll gespürt, wie stark dieser Klub bei seinen Fans und all den Fanklubs verwurzelt ist. Das geht viel, viel tiefer als man manchmal glauben mag. Wenn ich daran denke, wie uns die Mitglieder gedankt und gefeiert haben, bekomme ich heute noch Gänsehaut. Beim FC Barcelona heißt der Slogan, „més que un club“, also mehr als ein Verein – aber wir sind viel mehr als ein Verein.
Der noch in allen drei Wettbewerben – Meisterschaft, Pokal, Champions League – gut dabei ist ...
... aber das waren wir ja schon oft im Winter. Jetzt liegt es an der Mannschaft, etwas daraus zu machen. Ich bin sehr, sehr zufrieden, wie wir dastehen. Ich habe den Verein besenrein übergeben, der FC Bayern steht finanziell so gut da, wie es lange nicht der Fall war. Mit der Kombination aus dem Sportlichen und dem Wirtschaftlichen können wir sehr zufrieden sein. Ich habe kürzlich eine Geschichte über den FC Liverpool gelesen – das ist ja dramatisch, was da passiert. Oder auch in Italien: Milan, Inter Mailand, die sind ja alle überschuldet. Wenn ich das bedenke, dann haben wir das doch ganz gut hinbekommen am Ende des Jahres. Der FC Bayern geht in einer Super-Verfassung ins Jahr 2010.
Und wie läuft Ihr Entzug, der Abnabelungsprozess von der Mannschaft nachdem Sie nun nicht mehr Manager mit dem täglichen, engen Draht zu den Spielern sind?
Ach, da spüre ich keinen Entzug. Ich werde es eben etwas ruhiger angehen im Januar, möchte ja auch mehr Zeit für die Familie und für mich haben. Ich möchte bei dem einen oder anderen Unternehmen einen Vortrag halten, solche Dinge eben, für die ich früher kaum Zeit hatte.
Was steht noch an? Die Golfklubs öffnen erst im Frühjahr.
Zunächst muss ich mich noch am Knie operieren lassen. Der Termin wäre eigentlich vor zwei Wochen gewesen, aber wenn mein Sohn Florian Vater wird, wollte ich nicht zwei Tage im Krankenhaus liegen.
Was muss denn gerichtet werden?
Ach, nur ein Routine-Eingriff. Ein Knorpelstück am Knie muss raus, nichts Dramatisches. Aber hilfreich ist so etwas natürlich nicht fürs Gelenk. Das lasse ich im Januar machen und werde dann ein paar Tage zum Golfspielen wegfliegen.
Die Mannschaft fliegt am 3. Januar ins Trainingslager nach Dubai – ohne Sie. Erstmals nach über 30 Jahren. Ein komisches Gefühl?
Mal sehen. Ich lasse das mal auf mich zukommen, aber ich muss ja auch loslassen können. Christian Nerlinger soll sich ja einarbeiten und in seine Aufgabe mehr und mehr reinwachsen.
Ihre Frau Susi wird sich Freude. Am 5. Januar werden Sie 58 – und sind zu Hause.
Ja, stimmt. Entweder war ich irgendwo im Trainingslager oder bei einem Hallenturnier. Doch den 58. Geburtstag werde ich nicht groß feiern – ist ja kein runder.
Interview: Patrick Strasser