Hoeneß: "Heynckes bekommt ein Bussi von mir"

München - Franck Ribéry zog mit gesenktem Haupt seinen Trolley im Bauch der Allianz-Arena hinter sich her und wollte nichts sagen. Doch plötzlich, kurz vor dem Ausgang, blieb der Flügelstürmer des FC Bayern München doch noch stehen und sprach mit den Journalisten über sein Malheur, über die Gelb-Rote Karte. „Ich bin nicht stolz darauf“, sagte der 28 Jahre alte Franzose, „ich bin sogar sehr traurig darüber. Ich habe in der Kabine auf die Mannschaft gewartet und mich entschuldigt.“
Ribérys Platzverweis wird nicht groß dabattiert
Dass Ribérys Platzverweis aus der 33. Minute hinterher von den Bayern-Verantwortlichen nicht groß debattiert wurde, lag am Resultat. Mit dem 3:0 gegen den sehr destruktiv spielenden 1. FC Köln sicherten sich die Münchner zum 17. Mal in der Vereinshistorie den Herbstmeistertitel. Entsprechend entspannt blickten alle drein, „nachdem wir in der vergangenen Saison den ersten Platz nicht mal mit dem Fernglas sehen konnten“, wie der gut gelaunte Bayern-Präsident Uli Hoeneß süffisant anmerkte. Der 59-Jährige sprach angesichts der Tabellenführung davon, dass er jetzt an Lebensqualität hinzugewonnen hätte. „Ich kann die Winterpause nun richtig genießen.“
Über Riberys Platzverweis wollte er nicht mehr groß sprechen. Das übernahm stattdessen Trainer Jupp Heynckes. „Das darf einem Spieler seiner Klasse nicht passieren“, sagte der 66 Jahre alte Fußballlehrer: „Das wird Franck eine Lehre sein. Aber ich freue mich, wie positiv die Spieler darauf reagiert haben.“
Heynckes sagte das unaufgeregt, ohne Groll. Er hat nach der Hinrunde als Trainer des FC Bayern nämlich das erreicht, was die Führungsetage von ihm verlangt hatte: „Er hat wieder Ruhe in den Klub gebracht und wir können noch in allen drei Wettbewerben Titel gewinnen“, sagte Bayerns Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge.
Den kleinen Negativlauf, der alle Beteiligten vor ein paar Wochen noch ein wenig beunruhigt hatte, deuten die Bayern-Macher nach nun drei Siegen in Serie in einen normalen Lernprozess um. „Wir können nicht alle Spiele auf höchstem Niveau spielen“, sagte Heynckes, „vor allem dann nicht, wenn bei uns so wichtige Spieler wie Arjen Robben und Bastian Schweinsteiger ausfallen.“
Gegen Köln war der Qualitätssprung des FC Bayern in dieser Saison unter Heynckes sehr gut zu erkennen. Die Mannschaft blieb auch in Unterzahl geduldig, ohne ihre Grundordnung zu verlieren. Die Gäste aus dem Rheinland verteidigten in der ersten Hälfte mit Glück und Geschick. „Das war nahezu perfekt“, sagte Kölns Trainer Stale Solbakken zu seiner militanten Defensivtaktik, bei der sich bisweilen neun Spieler wie Polizisten bei einer Demonstration dicht vor den eigenen Strafraum formiert hatten.
„Die haben ja sogar mit Libero gespielt“, sagte Thomas Müller. Dem Nationalspieler gelang es als erstem den Abwehrriegel zu sprengen. Nach Müllers Zuspiel musste Mario Gomez nicht mehr tun, als seinen Fuß hinzuhalten (48.). Es war das 1:0 und das 16. Saisontor des Stürmers. Die weiteren Tore von David Alaba (63.) und Toni Kroos (88.) waren nur noch eine Frage der Zeit.
Hoeneß will sich bei Heynckes mit Bussi bedanken
„Wenn wir jetzt noch am Dienstag im Pokal in Bochum gewinnen, dann haben wir eine sehr gute Hinrunde gespielt“, sagte Heynckes und skizzierte sein Wunsch für 2012: „Ich möchte im Mai etwas in den Händen halten.“ Sein Freund Uli Hoeneß musste nicht lange überlegen, wem er seine gesteigerte Lebensqualität nach der titellosen und unruhigen vergangenen Saison zu verdanken hat.
„Jupp hat viele richtige Entscheidungen getroffen. Er allein ist für die Entwicklung verantwortlich.“ Ob er deshalb ein besonders großes und wertvolles Weihnachtsgeschenk für Heynckes ausgesucht hat? Hoeneß machte ein kleine Kunstpause und fügte dann mit einem Lächeln hinzu: „Er bekommt ein Bussi von mir.“