Hoeneß bläst 1860 den Marsch
MÜNCHEN - Pünktlich zum 110. Klub-Jubiläum: Bayerns Boss träumt davon, den ungeliebten Mieter aus der Allianz Arena hinaus zu befördern.
110 Jahre alt wird der FC Bayern an diesem Samstag, sogar 150 Jahre alt wird in diesem Jahr der Lokalrivale TSV 1860. Und selten in der Historie der beiden Vereine waren sich Rot und Blau weniger grün als derzeit. Uli Hoeneß jedenfalls, der frühere Manager und jetzige Präsident des deutschen Rekordmeisters, hätte – pünktlich zum Jubiläum – am liebsten gar nichts mehr mit den zweitklassigen Löwen zu tun. Er hätte sie gerne los, auch als Nutzer der Allianz Arena.
„Wenn uns der TSV 1860, aus welchen Gründen auch immer, bitten sollte, aus dem jetzigen Vertrag auszusteigen“, sagt Hoeneß im aktuellen „Bayern-Magazin“, „dann werde ich die Kapelle, die die Sechziger aus dem Stadion begleitet, persönlich mit dem Defiliermarsch anführen.“
Hoeneß nimmt sich eines ernsten Problems auf volkstümliche Weise an: Humba Humba Täterä – und raus mit dem ungeliebten Mieter? „Ich wollte schon immer etwas selbst besitzen. Und auch die Fans haben uns immer gedrängt, dass sie ein eigenes Stadion wollen und keines, das halb blau ist“, sagt der Bayern-Boss: „Der absolute Traum wird sich für mich an dem Tag erfüllen, an dem wir es uns leisten können zu sagen: Wir sind endlich alleine in der Arena und jetzt bauen wir sofort rote Sitze ein.“
Blaskapelle? Und wieder einmal die berühmten roten Sitze? Dies alles ist nur vordergründig lustig. Denn Hoeneß’ Tirade gegen den Lokalrivalen hat einen ernsten Hintergrund. „Wir haben mit 1860 einen Vertrag bis zum Jahr 2020“, sagt Hoeneß. Allerdings sei ihm „nach den Entwicklungen speziell in den vergangenen Monaten klar“, dass er die renitenten Mieter nur zu gerne aus dem Kontrakt entlassen würde.
Die Entwicklungen der vergangenen Monate? Am 24.März wird das Landgericht München I über die Klage der Stadion-GmbH, einer 100-prozentigen Tochter der FC Bayern AG, gegen den TSV 1860 entscheiden. Es geht um rund eine halbe Million Euro. Löwen-Geschäftsführer Manfred Stoffers hatte mit Beginn der laufenden Saison angeordnet, pro Heimspiel 50000 Euro weniger fürs Catering in der Arena zu bezahlen als dies der Stadionvertrag vorsieht. Der TSV 1860 sieht sich außerstande, 3000 Business Seats zu besetzen – und zahlt entsprechend nur für 1500. Dagegen klagt die Stadion-GmbH.
Der finanziell klamme Zweitligist selbst strengt zudem eine Klage an, in der – mit vier Jahren Verspätung – geprüft werden soll, ob bei der Veräußerung der Stadion-anteile an den FC Bayern alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Hierzu hatte sich Hoeneß Anfang Februar bereits dezidiert geäußert: „Viele haben gesagt: Lasst sie absaufen! Aber wir haben sie nicht absaufen lassen – und jetzt werden wir dafür verarscht.“ Tatsächlich standen die Löwen im Jahr 2006 vor der Insolvenz. Der TSV 1860 erhielt seine Zweitliga-Lizenz erst, nachdem die Bayern die Anteile an der Stadion-GmbH – mitsamt der kompletten Schuldenlast – gekauft hatte. Für rund elf Millionen Euro. Oder wie Hoeneß sagte: „Die haben uns damals auf Knien angefleht, dass wir ihnen ihre Anteile abnehmen.“ Und jetzt bläst Hoeneß den Blauen den Marsch. Den Defiliermarsch.
Jochen Schlosser