Hoeneß-Biografie: Paul Breitners Ehemann

Wie es dem Spieler Hoeneß gelang, seinen Kumpel zurück zum FC Bayern zu holen – und wieso zwei derart verschiedene Menschen sich dennoch sehrnahe stehen können. AZ-Reporter Patrick Strasser hat eine Biografie über Bayerns Manager geschrieben. Auszüge lesen Sie täglich hier
von  Abendzeitung

Wie es dem Spieler Hoeneß gelang, seinen Kumpel zurück zum FC Bayern zu holen – und wieso zwei derart verschiedene Menschen sich dennoch sehrnahe stehen können. AZ-Reporter Patrick Strasser hat eine Biografie über Bayerns Manager geschrieben. Auszüge lesen Sie täglich hier

Uli Hoeneß konnte nicht ahnen, dass seine Spielerkarriere so bald enden würde, nicht nach all den Erfolgen. Niemals wäre es ihm in den Sinn gekommen, dass die Saison 1978/79 seine letzte sein könnte. Schließlich war er gerade einmal 26 Jahre alt, als die Spielzeit mit einem Freude Ereignis für Hoeneß begann. Sein Kumpel Paul Breitner kehrte nach drei Jahren bei Real Madrid und der Episode Eintracht Braunschweig zum FC Bayern zurück. Eigentlich war es eher eine Rückkehr zu Uli Hoeneß, der da noch aktiv war.

Als Breitner von 1974 an drei Jahre in Madrid war, hatten sich die beiden Freunde oft gegenseitig besucht, mal in München, mal in Spanien. Wie ein Liebespaar das macht, flog mal der eine, mal der andere an trainingsfreien Tagen ein, sie trafen sich sogar in Barcelona, damit es für jeden nicht zu aufwendig wurde. „Wir haben gegessen, ein Gläschen Rotwein getrunken und ganze Abende lang diskutiert“, erzählt Breitner. Das Thema: Wie konnte man den FC Bayern, der nach den Fließbanderfolgen von 1974 bis 1976 träge und nachlässig geworden war, wieder zurück auf Europas große Bühne bringen? Zunächst durch Abwarten. Die Freunde sehnten den Abschied von Franz Beckenbauer herbei, glaubten daran, dass anschließend eine neue Spielergeneration, ihre Generation, das Sagen haben würde. „Unsere Überschrift über allem, unser Ziel war ein zweites Real Madrid“, so Breitner, der im Rückblick feststellt: „Es war ein Traum, der damals aber nicht realistisch war. Real, dieser stolze, weltmännische Klub mit diesen weißen Trikots ohne Werbung, diese Grandezza – das war eine Galaxie für sich.“ Breitner hatte Erfolg, hatte das Paradies gefunden. Doch selbst dieses Paradies war nicht ohne Tücken: „Mir ging’s in Madrid schlichtweg zu gut.“ Außerdem musste er auf seinen Kumpel Uli verzichten.

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Hoeneß schaffte es. Der Breitner-Deal war der erste Transfer, den ein Spieler nicht nur eingefädelt, sondern dessen Finanzierung er auch gesichert hatte. Wenn man so will, war Hoeneß in diesem Moment aktiver Spieler, Breitners Spielerberater und bereits Bayern-Manager. Die Idee für die Finanzierung des Geschäfts hatte sich Hoeneß pikanterweise ausgerechnet von den Braunschweigern abgeschaut. Bis dato war der Schriftzug des Sportartikelherstellers Adidas auf den roten Bayern-Trikots gewesen, und eine sportfremde Firma galt als tabu.

Paul Breitner beschreibt die außergewöhnliche Freundschaft auf der DVD „Die Profis“ so: „Wir haben uns 1966 in der Schüler-Nationalmannschaft kennengelernt und seitdem einfach wunderbar verstanden. Für viele, die uns damals beobachtet haben, war das sehr merkwürdig, weil wir auf den ersten Blick so überhaupt nicht zusammengepasst haben. Wir hatten völlig andere Interessen, oftmals völlig konträre Meinungen – aber das war ja das Gute. Jeder hat den anderen in Ruhe gelassen, keiner wollte den anderen belehren, keiner musste sich vor dem anderen in irgendeiner Weise rechtfertigen. Auf andere haben der Uli und ich den Eindruck eines alten Ehepaares gemacht. Es war oft so, dass der eine für den anderen gedacht hat oder etwas ausgesponnen hat und der andere dann meinte: ,Das wollte ich jetzt auch gerade sagen.’ Wenn du mit jemandem über Jahre beieinander bist und denjenigen immer wieder das Gleiche am Telefon sagen hörst, und es ruft ein wildfremder Mensch an, dann reagierst du genau wie der andere und weißt, wie er denkt, was er zu demjenigen jetzt sagen würde. Wir haben uns manchmal ans Hirn gegriffen und gesagt: ,Mensch, sind wir jetzt schon so weit? Gibt’s denn das überhaupt?’ Das gab es, das war ganz normal bei uns.“

Das Duo Breitner/Hoeneß war unzertrennlich – höchstens wenn Frauen ins Spiel kamen, gab es Unstimmigkeiten. Anfang der 70er Jahre hatten sie sogar eine gemeinsame Wohnung in München-Trudering. Je nach Spielplan legten sie fest, an welchem Wochenende die jeweilige Freundin vorbeikommen durfte, mal Ulis Susi, mal Pauls Hilde. Das Ganze lief jedoch nicht reibungslos, etwa wenn sich ein Pärchen ins Schlafzimmer zurückzog und der andere dann tatenlos herumsitzen musste. Die Konsequenz: Paul und seine Hilde nahmen sich eine eigene Wohnung in der Stadt. Oft sah sich das Pärchen damals ohnehin nicht, denn die Profis des FC Bayern mussten damals rund 110 Spiele im Jahr bestreiten, um Geld in die Vereinskasse zu bringen. Lagerkoller kam dennoch nie auf. Es gab Zeiten, so Breitner, „da war ich mit Uli viel mehr zusammen als mit meiner Frau und der Familie, weil wir eben damals mindestens vier, wenn nicht fünf oder sechs Tage in der Woche unterwegs waren“.

Hoeneß nutzte die Zeit auch zur beruflichen Fortbildung. Bei manchem Freundschaftsspiel Anfang der 70er Jahre sagte der Trainer Dettmar Cramer zu den Veranstaltern: „Meine Herren, ich lass ihnen den Uli hier. Machen Sie die Abrechnung mit ihm.“ Der Azubi unter den Profis beschäftigte sogar Mitspieler wie Sepp Maier: „Uli hat nicht nur ans Fußballspielen gedacht, auch weit darüber hinaus. Er besorgte sich auf eigene Faust Werbeverträge. Wenn es ihm dann doch nicht gepasst hat oder er keine Zeit hatte, gab er uns die Sachen einfach weiter. ›Da schaut’s mal, wollt ihr das machen?‹ Egal, ob das eine Autogrammstunde oder die Eröffnung eines Geschäftes war.“

Der Eindruck dieser Tage festigte sich mit der Zeit mehr und mehr: Hoeneß saß auf der Bank bereits als Manager, nicht allein als Spieler.

Patrick Strasser

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