Hitzfelds Risiko-Kurve

Einer Sache können sich die Bayern-Profis in dieser Saison ganz sicher sein. Dass keiner sicher ist. Vor der Rotation und den Aufstellungsrochaden ihres Trainers Ottmar Hitzfeld. Siehe Schalke. AZ erklärt die Bayern-Rotation. »Nie rücksichtslos, immer gerecht«
von  Abendzeitung
Hitzfelds Rechnungen gehen auf.
Hitzfelds Rechnungen gehen auf. © ap

Einer Sache können sich die Bayern-Profis in dieser Saison ganz sicher sein. Dass keiner sicher ist. Vor der Rotation und den Aufstellungsrochaden ihres Trainers Ottmar Hitzfeld. Siehe Schalke. AZ erklärt die Bayern-Rotation. »Nie rücksichtslos, immer gerecht«

Vor dem 1:0 am Samstag nahm er sechs Spieler raus, brachte sechs Neue. „Ein kluger Schachzug“, lobte Manager Uli Hoeneß. Und Präsident Franz Beckenbauer stellte fest: „In der jetzigen Situation ist die Rotation zu hundert Prozent richtig.“ Gleiche Maßnahmen, andere Wirkung: Im November hatte Hitzfeld sechs Mann vor dem Spiel beim VfB Stuttgart gewechselt – und mit 1:3 verloren. Eine Kettenreaktion. Zwei Tage zuvor tobte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge nach einem 2:2 im Uefa-Pokal gegen Bolton, bei dem der Coach es sich im Gefühl des sicheren Sieges (Bayern führte 2:1) erlaubt hatte, unter anderem Superstar Franck Ribéry der Schonung wegen auszuwechseln. „Die Fans im Stadion haben ein Anrecht darauf, die beste Mannschaft zu sehen“, schimpfte Rummenigge und ätzte: „Fußball ist keine Mathematik!“ Es war der Anfang von Hitzfelds Abschied.

Doch mittlerweile bestätigen die Ergebnisse Hitzfelds Kurs – obwohl das Spiel mit der Rotation ein Spiel mit dem Feuer ist. Die AZ zeigt in der Grafik links Hitzfelds Risikokurve mit allen Pflichtspielen der Saison, angefangen mit dem 4:1 im Ligapokal-Viertelfinale gegen Werder Bremen. Die Zahlen auf der Skala von null bis sechs besagen, wie viele Spieler Hitzfeld im darauf folgenden Spiel in der Startformation ausgetauscht hatte. Während der gesamten Saison ließ der Coach in zwei aufeinanderfolgenden Partien nie die gleiche Elf ran.

Auch Stammplätze gibt es

Stammplätze? Klar, die gibt es. Aber keinen Anspruch darauf, alle Spiele von Beginn an zu machen. Selbst die Superstars, selbst Ribéry (wie zuletzt gegen den HSV und im Pokalderby) oder Luca Toni und Abwehrchef Lucio – es erwischt sie alle irgendwann.

Und keiner nimmt es Hitzfeld übel. Weil der 59-Jährige die Kandidaten in den Tagen vor einem Spiel im Training zu sich holt und ihnen erklärt, warum die Zwangspause sinnvoll für sie ist. „Hitzfeld spricht mit jedem vertraulich und macht in einem angenehmen, ruhigen Ton deutlich, wieso er eine Pause einlegen solle“, sagte Andreas Ottl der AZ, „unser Kader ist eben groß genug und so gut besetzt, dass wir uns das erlauben können.“

Doch wie sagt man es den Rotations-Opfern? „Ich habe meinen Führungsstil“, sagte Hitzfeld kürzlich, „der Mensch und Trainer Ottmar Hitzfeld war nie rücksichtslos. Man darf ein Spiel, aber nie sein Gesicht oder seine Glaubwürdigkeit verlieren. Ich werde immer versuchen, gerecht, aber auch hart zu sein.“

Geht Hitzfelds Rechnung bis zum Saisonende auf, bleibt eine Konstante: drei Titel für den Trophäen-Schrank.

P. Strasser, C. Paschwitz

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.