Hitzfeld über Schweinsteiger: "Er hat viel von Kahn gelernt"

Der frühere Bayern-Trainer Ottmar Hitzfeld staunt über Bastian Schweinsteigers aktuelle Torgefährlichkeit – und wünscht sich, dass der „richtige Bayer“ beim Rekordmeister bleibt.
von  Abendzeitung
In der Form seines Lebens: Bastian Schweinsteiger.
In der Form seines Lebens: Bastian Schweinsteiger. © dpa

Der frühere Bayern-Trainer Ottmar Hitzfeld staunt über Bastian Schweinsteigers aktuelle Torgefährlichkeit – und wünscht sich, dass der „richtige Bayer“ beim Rekordmeister bleibt.

Herr Hitzfeld, überrascht Sie Bastian Schweinsteiger eigentlich noch?

OTTMAR HITZFELD (lacht): Nein, das kann er nicht mehr. Er kann mich höchstens beeindrucken – und das tut er ja beinahe Woche für Woche.

In dieser Saison entschied er bereits das Liga-Auftaktspiel gegen Wolfsburg in letzter Minute, danach sicherte er den Erfolg in Basel per Doppelpack und nun das Erreichen des Pokal-Achtelfinales gegen Bremen. Was macht Schweinsteiger im Herbst 2010 aus?

Ich weiß ja, was in ihm steckt. Er hat sein Potenzial schon in jungen Jahren gezeigt, musste aber noch lernen und reifen. Bastian hat sein technisches Können und die hohe Spielintelligenz mittlerweile noch verfeinert, dazu hat er sich auch athletisch weiter entwickelt. Das wird im modernen Fußball ja mehr und mehr gefordert.

Die Belastungen der WM in Südafrika scheint er abgeschüttelt zu haben.

Na ja, alle Bayern-Profis hatten drei Wochen Urlaub. Ende Oktober muss die WM vergessen sein, da habe ich gerade bei Bastian keine Bedenken. Was mich erstaunt, ist seine derzeitige Torgefährlichkeit.

Und woher kommt das?

Den Torriecher oder das Gespür für bestimmte Situationen hatte er schon immer. Durch seine für ihn nun ideale Position in der Mitte des Platzes kommt er besser an und in den Strafraum. Ich habe ihn, als ich bei Bayern Trainer war, auf der Seite gebraucht, wir hatten ja Michael Ballack, später Mark van Bommel oder auch Zé Roberto. So konnte Bastian auf den Außenbahnen Erfahrungen sammeln. Mit 18, 19 Jahren kann man noch nicht so im Mittelpunkt des Spiels stehen.

2012 läuft Schweinsteigers Vertrag aus, er ist dann mit 28 Jahren im besten Fußballer-Alter. Wäre das nicht ein idealer Zeitpunkt, um zu einem der Big Names in Europa wie Real Madrid, Inter Mailand oder Manchester United zu wechseln?

Theoretisch ja, aber ich wünsche mir, dass er bei Bayern bleibt. Er ist ja ein richtiger Bayer, eine Identifikationsfigur für die Fans.

Was würden Sie ihm raten? Ein Mesut Özil konnte trotz seiner erst 21 Jahre dem Ruf von Real Madrid auch nicht widerstehen.

Natürlich ist für einen Spieler seiner Klasse ein großer Markt da, jeder Trainer hätte solch einen Spieler gerne im Kader. Aber Bastian muss entscheiden, was für ihn am besten ist. Ich kann ihm da nichts raten, aber ich weiß, dass sich die Verantwortlichen beim FC Bayern sehr darum bemühen werden, mit Schweinsteiger zu verlängern.

Joachim Löw nennt Schweinsteiger seinen „emotionalen Leader“, mittlerweile reißt er die Mannschaft auch mit. Das hat fast etwas von der Ausstrahlung eines Oliver Kahn.

Bastian hat in seiner Karriere schon als junger Spieler sein Umfeld genau beobachtet: Was passiert in der Kabine, auf dem Platz? Er konnte gut mit Oliver Kahn, hat von dessen Ehrgeiz und dessen Umgang mit jüngeren Spielern profitiert. Er hat viel von Kahn gelernt, sich einiges abgeschaut. Bastian war immer offen und auch für mich ein wichtiger Ansprechpartner.

Noch ein paar Gedanken zur sportlichen Situation des FC Bayern. In der Champions League und im Pokal gab es ausnahmslos Siege, in beiden Wettbewerben ist man kurz davor, zu überwintern. Kann der Rückstand auf Dortmund und Mainz in der Bundesliga noch wettgemacht werden?

Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass die Bayern wieder Tabellenführer werden können, das kann aber auch erst im Februar sein. Sie haben das Potenzial im Kader, erst recht, wenn all die Verletzten wieder zurückkehren.

Und wenn die Bayern nach einem Überholmanöver mal oben stehen, werden sie auch Meister, oder? Da kann man ja drauf wetten.

Ich wette nicht, aus Prinzip nicht. Nicht mal Fußball-Toto, das ist mir zu unsicher. Aber wenn ich Geld wetten würde, dann immer noch darauf, dass der Meister 2011 FC Bayern heißt. Natürlich habe ich auch Sympathien für meinen ehemaligen Klub Dortmund, aber da werden auch noch Rückschläge in der Saison kommen. Und an Mainz glaube ich trotz des überragenden Starts nicht. Die können das nicht über ein Jahr durchhalten.

Interview: Patrick Strasser

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