Hilfe, wir haben zu viel Vorsprung!

17 Punkte steht Bayern vor Dortmund – "für den Kopf nicht so einfach", verrät Müller. Das 1:0 in Hoffenheim ist dennoch der Beweis: Sie können auch Arbeitssiege einfahren.
von  P. Strasser, F. Bogner

17 Punkte steht der FC Bayern vor Borussia Dortmund – "für den Kopf nicht so einfach", verrät Müller. Das 1:0 bei 1899 Hoffenheim ist dennoch der Beweis: Sie können auch Arbeitssiege einfahren.

Hoffenheim - Thomas Müller kann sich so herrlich ärgern, so herzzerreißend. Hätte jemand nur diese eine Szene aus der Nachspielzeit in Hoffenheim gesehen, wie der Müller da nach seinem völlig missratenen Pass auf Nebenmann Franck Ribéry zeterte und abwinkte – man hätte auf eine Niederlage der Bayern getippt.

Dabei war nur der Konter zum möglichen 2:0 gegen den Tabellen-Siebzehnten misslungen. Für diese Schande eines Spielzuges fand Müller hinterher einen Schuldigen: "Der Zeugwart hat wohl in der Halbzeit vergessen, die Schuhspanner aus meinen Schuhen rauszunehmen." Sauber hochgenommen.

Er witzelte somit den unfassbaren Ergebnis-Einbruch der Seinen im siebten Rückrundenspiel weg: das 1:0 war in dieser Saison der erste Bundesligasieg mit nur einem Tor Unterschied. Anders gesagt: Unglaublich, aber Bayern! Jetzt können sie auch Arbeitssiege, "die man auch mal erzwingen muss", wie es Jupp Heynckes ausdrückte. "Schwerstarbeit – nicht brillant, nicht glanzvoll. Wir haben die Ärmel hochkrempeln müssen."

Schuften für Siege – mal was Neues außerhalb der Pokal-Wettbewerbe. "Wir haben uns heute schwer getan, das kommt schon mal vor", sagt Kapitän Philipp Lahm: "Es war trotzdem ein schöner Sonntag."

Der 1:0-Sieg in Hoffenheim bedeutet wieder mal: es rekordelt. Man ist nun, diesmal mit Ersatztorhüter Tom Starke anstelle von Manuel Neuer, seit 584 Minuten ohne Auswärtsgegentor – Rekord. Man spielte zum 17. Mal zu Null, noch zwei Zu-Nuller fehlen zur Bestmarke – wäre doch gelacht. Und: der elfte Auswärtssieg ergibt auch einen neuen Liga-Rekord. Schließlich: 63 Punkte nach 24 Spieltagen? Gab's noch nie.

"Wir wollen die Serie halten, keine schlechte Phase aufkommen lassen", sagte Müller, der – nun ganz ernsthaft – fand: "Es war schwierig. Wir hatten unter der Woche mit Dortmund im Pokal ein Highlight-Spiel. Und Hoffenheim steht mit dem Rücken zur Wand, kämpft gegen den Abstieg. Außerdem: Wir wissen um unseren Vorsprung, da ist es für den Kopf nicht so einfach."

Nach dem Motto: Hilfe, wir haben zu viel Vorsprung! 17 Punkte sind es weiter auf Noch-Meister Dortmund – bei noch zehn Spielen. Heißt nach aktueller Hochrechnung: Selbst wenn der BVB ab sofort jede Liga-Partie gewinnt, also 30 Punkte holt, reichen den Bayern 14 Zähler zum Titel. Nur noch fünf Siege.

Das Personal spielt dabei eine untergeordnete Rolle. In Hoffenheim fehlte Pokal-Held Arjen Robben, der wegen Wadenproblemen in München geblieben war. Daniel Van Buyten, Toni Kroos und Mario Mandzukic mussten auf die Bank. Dafür trafen Bastian Schweinsteiger, der beste Mann auf dem Platz, zwei Mal Aluminium mit Freistößen und Mario Gomez tatsächlich, das 1:0.

"Mit viel Glück und Instinkt", überschrieb der Stürmer seinen Treffer gegen Gomes, den TSG-Keeper. "Ein Tor - und abgehakt", sagte der Reservist für die wichtigen Spiele. Nein, es folgte keine Kampfansage an den anderen Mario: "Es kommen ja noch ein paar Spiele und Tore, hoffe ich."

Bescheidenheit ist eine Zier und sein sechstes Saisontor eine Marke: mit nun 133 insgesamt hat er den ehemaligen Publikumsliebling Giovane Elber eingeholt. "Auch wenn Gomez nicht spielt, verhält er sich ruhig, im Sinne der Mannschaft. Das ist gut", meinte Ex-Bayern-Kapitän Stefan Effenberg bei "Sky90", "denn wenn die Bayern Ruhe im Umfeld haben, dann sind sie zu allem fähig."

Zum Triple? Trophäe eins ist nahe, auch wenn das Motivieren künftig reine Kopfsache bleibt. Denn, so Müller: "Wenn man solche Spiele gewinnt, wird man..." Genau.

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