Heynckes: "Wir wollen diesen Pokal"
Berlin - Rekord-Meister gegen Rekordmeister, Champion gegen „Vize“, historische Double-Chance hier, Rachegelüste da: Wenn sich Borussia Dortmund und Bayern München am Samstag (20.00 Uhr/ZDF und Sky) in Berlin duellieren, erwartet Fußball-Deutschland das größte Spektakel der 77-jährigen Geschichte des DFB-Pokals. 'Die Bayern werden alles raushauen, und wir auch! Es wird ein richtig geiles Finale", sagt BVB-Trainer Jürgen Klopp vor dem 69. Endspiel um den Cup, das im „deutschen Wembley“ Olympiastadion ausgespielt wird.
Klopp und seine Mannschaft sollen mit dem fünften Pflichtspielsieg gegen die Bayern hintereinander nicht weniger als „Geschichte schreiben“ (Klubboss Hans-Joachim Watzke) und erstmals in der 103-jährigen Vereinsgeschichte das nationale Double gewinnen.
Die Münchner brennen auf Wiedergutmachung und die richtige Einstimmung für ihr „Finale dahoam“ am 19. Mai in der Champions League gegen den FC Chelsea. 'Wir haben viermal verloren, es reicht!", machte Bayern-Trainer Jupp Heynckes seine Spieler heiß. „Das Wort Genugtuung“, stellte Heynckes klar, „mag ich im Sport überhaupt nicht.“ Schließlich brächte der 16. Cup-Sieg (bei der 18. Endspiel-Teilnahme) den Bayern die verlorene Meisterschaft nicht zurück. „Aber es geht um einen Titel, und wir wollen diesen Pokal.“
Zumal den Münchnern ein Fehlschlag droht, wie sie ihn 1995/1996 erlebten, als sie letztmals zwei Jahre hintereinander keinen nationalen Titel holten. „Jetzt werden die Preise verteilt, da muss man da sein. Wir wollen Titel“, wiederholt Spielführer Philipp Lahm, „denn wenn man beim FC Bayern keine gewinnt, ist es keine gute Saison.“ Meister wurde 1995 und '96 übrigens der BVB, die Bayern trösteten sich 1996 mit dem UEFA-Cup.
Auch 2012 steht der Pokal für den Rekordsieger im Schatten des Europacups. „Es geht fast ein bisschen unter“, sagt Torjäger Mario Gomez über das Endspiel vor dem Endspiel. Lahm meint, dass es daher „gut ist, dass wir auf Dortmund treffen“. Gegen den BVB werde „jeder topmotiviert sein“ – Chelsea hin oder her. Das Thema Rache soll dabei allerdings nicht zu ernst genommen werden, findet Gomez. 'Für uns geht es darum, den Titel zu gewinnen, egal wer der Gegner ist – ob Fürth, Frankfurt, Stuttgart oder Dortmund."
Schweinsteiger prophezeiht „das schwerste Finale, in dem ich gespielt habe“ – und der Vize-Kapitän hat den Pott schon fünfmal gewonnen. Mit einem Sieg am Samstag würde er zu Rekordhalter Oliver Kahn aufschließen. Schweinsteiger ist einer von sechs Spielern beider Teams, die bereits 2008 auf dem Platz standen, als die Bayern die Borussia 2:1 n.V. bezwangen – wie Lahm und Franck Ribery sowie BVB-Kapitän Sebastian Kehl, Jakub Blaszczykowski und Florian Kringe. Die Bilanz spricht für die Bayern, die drei der vier Pokal-Duelle gewannen. Doch was zählt die Vergangenheit – angesichts Dortmunds goldener Gegenwart und Zukunft.
Klopp kann es sich sogar leisten, Jungstar Mario Götze zunächst auf der Bank zu lassen. Für den Trainer ist das Endspiel Neuland. „Davon habe ich als Junge geträumt, für mich ist das wie Wembley. Wir werden so auftreten als wäre es Wembley, oder Wimbledon, oder sonstwas“, sagt er. Das Duell Meister gegen Vizemeister, das es bislang nur einmal gab (2005 gewann Bayern gegen Schalke 04 2:1 und das Double), ist für Klopp „das beste, was der deutsche Fußball zu bieten hat. Dieses Spiel wird niemand verpassen. Wer es nicht gesehen hat, wird direkt nach Abpfiff fragen, wie es ausgegangen ist. Das ist ein außergewöhnlicher Moment, mehr kann Sport nicht bieten.“
Um den ersten Pokal-Coup seit 1989 und den dritten im fünften Endspiel der Klubgeschichte wahrzumachen, greift der BVB tief in die Trickkiste. Das Team wird mit einer Zusatzprämie von 1,3 Millionen Euro geködert, wie 1989 bezieht der BVB die Gästekabine, die Fans finden sich wie damals rund ums Marathontor ein. Für Dortmund wäre der Cup nach Meisterschale, Punkte-Rekord und allerlei anderen Bestmarken die Krönung einer Ausnahme-Spielzeit. Der Rasen jedenfalls ist keine Entschuldigung für eine mögliche Pleite: Unter dem Relegationsspiel am Donnerstagabend hat er kaum gelitten. Wenn alles gut geht, könnte der BVB am Samstag auch Rekord-Pokalsieger sein: Lässt Roman Weidenfeller – wie zuletzt dreimal in der Bundesliga gegen die Bayern – wieder keinen rein, hätte Dortmund die komplette Cup-Saison ohne Gegentreffer bestritten.
Die voraussichtlichen Mannschaftsaufstellungen:
Dortmund: Weidenfeller – Piszczek, Subotic, Hummels, Schmelzer – Gündogan, Kehl – Blaszczykowski, Kagawa, Großkreutz – Lewandowski. – Trainer: Klopp
München: Neuer – Lahm, Boateng, Badstuber, Alaba – Kroos, Schweinsteiger – Robben, Müller, Ribery – Gomez. – Trainer: Heynckes
Schiedsrichter: Peter Gagelmann (Bremen)