Heynckes über Bayern: "Das sind doch meine Jungs"
Am Samstagabend war Jupp Heynckes zu Gast beim ZDF im „Aktuellen Sportstudio“ und hat locker mit Michael Steinbrecher geplaudert. Heynckes sprach über:
den Beginn seiner Karriere: "Ja, das habe ich nach dem Championsleague-Endspiel in London im Wembley-Stadion gemacht. Als ich mal einen Augenblick für mich Zeit hatte, da habe ich natürlich an die Anfänge zurück gedacht: Wie man auf dem Hinterhof Fußball gespielt hatte, dass man Fußball mit Leidenschaft gespielt hat, und – ja – die vielen Stationen. Ich habe natürlich eine Truhe voller Erinnerungen über fast 50 Jahre Bundesliga und da gehören die Anfänge natürlich als Spieler dazu."
seine vergangenen zwei Jahre beim FC Bayern: "Ich glaube, dass, wir generell ein sehr, sehr gutes Miteinander gehabt haben. Wir haben uns von Anfang an zusammengerauft. Es ist natürlich nicht einfach bei einer Mannschaft, die so talentiert ist wie der FC Bayern, aber auch mit einem so schwierigen Umfeld, in einer so großen Medienstadt zu arbeiten. Aber uns hat, ich sage es in Anführungszeichen, der „Misserfolg“ im ersten Jahr zusammen geschweißt. Also: das verlorene Endspiel gegen Chelsea in München war der Knackpunkt. Das heißt, dass wir danach noch enger zusammengerückt sind, dass zwischen Mannschaft, Trainer, Trainerteam und Funktionsteam eine Sympathie da war, sie seinesgleichen gesucht hat. Ich habe selten eine Mannschaft trainiert, die so harmonisch war und die so fixiert war auf den Erfolg."
das Spiel des Abends FC Bayern - Borussia Dortmund beim Supercup und seine persönliche Nähe und Distanz dazu: "Natürlich habe ich das Spiel hier und da mit Emotionen gesehen, das ist doch ganz klar. Der FC Bayern und ich waren zwei Jahre zusammen, das sind ja noch meine Jungs. Und ich habe gesehen: Ausgleichtor: 1:1, und dann haben wir, oder dann hat der FC Bayern, zwei Minuten nicht aufgepasst und dann kam sofort das Gegentor und dann das 3:1. Ich kennen ja die Spieler, ich weiß, wie sie fühlen, wie sie emotional reagieren und ich muss sagen: trotz der Niederlage war das das erste richtige Saisonspiel in der Vorbereitung. Es waren heute fünf Spieler, die in Wembley dabei waren von Anfang an nicht dabei und daran sehen sie schon, dass die Mannschaft noch nicht so weit ist, um ihre absolute Topleistung abrufen zu können."
seinen Wunsch, jetzt im Ruhestand zu sich selbst zurückzufinden: "Weit bin ich damit noch nicht gekommen, weil ich tausend Dinge tue. Von Post, die täglich beantwortet werden muss bis zu Anfragen, Ehrungen, zum Sportstudio kommen und zu den Bayreuther Festspielen – und sicher ist: ich bin lieber im Sportstudio als in Bayreuth."
Bruce Springsteen, sich selbst und die Botschaft: Unterschätzt die über 60-Jährigen nicht: "Erfahrung ist mit nichts auszugleichen. Man muss einfach Erfahrungen und Entwicklungen durchmachen und durch Fehler, die man macht, die man erkennt und versucht, sie zukünftig zu verhindern - diese Erfahrungen sind natürlich unbezahlbar. Darum sind ja auch viele ältere Musiker absolute Weltklasse."
das Fußballgeschäft und an welchen Stellen es entschleunigt werden müsste: "Als ich in Leverkusen angefangen habe (2009-2011, d. Red), habe ich schon gesagt, dass das Bundesliga-Geschäft überhitzt ist: Dadurch, Dinge online zu stellen und Themen nicht so zu recherchieren, wie es früher der Fall war. Aber, wir leben in einem anderen Zeitgeist, man muss das respektieren – akzeptieren ist wieder was ganz anderes. Man muss genügend Abstand und Distanz zu dem ganzen haben. Erlebt habe ich das vor allem bei den Bayern, vor allem im vergangenen Jahr, wo man immer gesagt hat: der ist so cool, der ist so gelassen, der ist auch im Erfolgsfall so distanziert. Und ich denke, dass es ganz wichtig ist, dass man sich von der ganzen überhitzten Atmosphäre nicht anstecken lässt. Dass man immer einen klaren Kopf behält, vor allem in Situationen, in denen der Trainer gefordert ist: in der Öffentlichkeit, bei der Mannschaft, im Gespräch mit den Spielern und ich denke, dass ich das ganz gut hinbekommen habe."
ein mögliches Treffen mit seinem Nachfolger Pep Guardiola: "Es ist nicht Usus, dass sich Nachfolger und Vorgänger treffen. Ich weiß von Karl-Heinz Rummenigge, dass er sich gerne mit mir treffen würde, aber ich kenne das ja beim FC Bayern: in der Vorbereitung ist so viel zu tun, man hat so viele Termine, es ist die Möglichkeit fast nicht gegeben, und deswegen gab es noch kein Gespräch gegeben."
Pep und warum er beim FC Bayern Erfolg haben wird: "Er ist ein wahnsinnig sympathischer Kollege, er hat wahnsinnigen Erfolg gehabt bei Barcelona, er sieht richtig gut aus, er kleidet sich gut und hat eine perfekt funktionierende Mannschaft übernommen, was spricht noch gegen den Erfolg."
die Art und Weise, wie ihm von seinem Nachfolger beim FC Bayern berichtet wurde: "Es ist alles optimal gelaufen. Ich denke, wenn man älter wird, und noch älter, und über das Rentenalter hinweg geht, dann muss man natürlich auch mal daran denken, dass e auch ein Leben nach dem Fußball gibt. Und das habe ich jetzt, ich bin sehr zufrieden, ich bin glücklich, und darum ist alles Okay."
seinen Ruhestand und dass er bisher in seinem Begründungen immer das Wort „endgültig“ verschwiegen hat: "Ich möchte die Möglichkeit zu Handeln selbst in der Hand haben. Ich werde nicht mehr trainieren und höchstwahrscheinlich nie mehr einen Mannschaft übernehmen, auch keine Nationalmannschaft. Ich werde ins zweite Glied gehen, das heißt, in den Ruhestand."
seine Erfahrungen und dass es keine Herausforderungen mehr im Fußball gibt, die ihn reizen: "Ich habe Raul kennen gelernt, wir haben die erste Champions League zusammen gewonnen, er ist eine Legende, er ist einer der besten Spieler, die ich je betreut habe. Einer, derjenigen, die von seinem Engagement, von seinem Einsatz, dass er auch manchmal ein unangenehmer Spieler war. Das sind alles Dinge, die prägen einen, mit Real Madrid zum ersten Mal die Champions-League zu gewinnen, das ist etwas, das unbeschreiblich ist. Das wird nur noch übertrumpft, wenn man das mit dem FC Bayern macht."
die neue Saison und wo er das Auftaktspiel am 9. August sehen wird: "Da werde ich bei mir im Wohnzimmer sitzen und mir das Spiel FC Bayern gegen Mönchengladbach anschauen. Beim Ergebnis, da denke ich, dass der FC Bayern so viel Klasse hat und Potenzial, dass er das Spiel auch gewinnt. Ich bin noch ein bisschen mehr für den FC Bayern, denn das sind meine Jungs."
seinen 5000 Euro teuren Koi-Karpfen, den er von den Spielern des FC Bayern für seinen Gartenteich geschenkt bekommen hat: "Der ist richtig gut drauf. Die Fischreiher verscheuche ich und natürlich auch Cando, mein Schäferhund. Dem Koi geht’s blendend, der hat sich unglaublich gut eingelebt, er frisst gut, er wird betreut, es sind viele andere Fische dabei, es ist optimal. Ich habe übrigens noch einen Ahornbaum von meinen Jungs geschenkt bekommen – ein wunderschöner Baum, in den tollsten Farben leuchtet der."
seine persönliche Zukunft: "Erst mal etwas mehr Ruhe haben für mich und meine Familie. Ich möchte meine freie Zeit genießen, denn als Cheftrainer beim FC Bayern oder bei einem anderen Spitzenclub, da haben sie so wenig Freizeit, da sind sie so in der Materie drin. Darum werde ich mein Leben jetzt ausgiebig genießen, habe Zeit zum meditieren und Zeit, alles Mögliche zu machen, wozu ich sonst keine Zeit zu gehabt habe."