Heynckes: Siege für 12,50 Euro

Bayern-Präsident Hoeneß legt nach: Bei Klinsmann habe man „für zigtausend Euro Computer gekauft”, Heynckes dagegen reiche „ein Flipchart und fünf Eddings”.
von  Patrick Strasser

München - Fußball kann so einfach sein. Was braucht man schon als Trainer? Das Wissen. Die Erfahrung. Eine Portion Menschenkenntnis. Ein wenig Glück, klar. Das richtige Personal sowieso. Und laut Uli Hoeneß: fünf Edding-Stifte. Die muss man dann ab und an nachkaufen. Etwas Papier für den Flipchart – und fertig.
Coaching im Jahre 2011. Jupp Heynckes, Kategorie Old School. Und zugleich: New Success. Also neuer, alter Erfolg. Der 66-Jährige ist ein genügsamer Trainer, der auf alte Methoden setzt. Hier heiligt der Erfolg die Mittel. Während Datenbanken seit Saisonbeginn Laufwege der Spieler nachzeichnen, Sprints und Laufdistanzen der einzelnen Profis exakt festhalten, hält Heynckes auch fest: an seinem Stil.

Jürgen Klinsmann war ein iCoach, ein Apple-Jünger. Mit Technik, die nicht begeisterte. Meist hieß es nach Sitzungen mit Powerpoint-Präsentationen: Update fehlgeschlagen. Systemfehler. „Da haben wir für zigtausend Euro Computer gekauft. Da hat er den Profis in epischer Breite gezeigt, wie wir spielen wollen.

ohlgemerkt: wollen”, sagte Präsident Uli Hoeneß dem „Donaukurier”. Beim Vergleich mit Heynckes kam Klinsmann nicht gut weg. Der aktuelle Bayern-Coach habe „einen Flipchart und fünf Eddingstifte. Da kostet einer 2,50 Euro. Und da malt er auf die Tafel die Aufstellung des Gegners und sagt ein paar Takte dazu. Mit Heynckes gewinnen wir Spiele für 12,50 Euro, und bei Klinsmann haben wir viel Geld ausgegeben und wenig Erfolg gehabt.” Siegen für 12,50 Euro. Auf zum Diskount-Titel. Ist das nicht zu billig? Die AZ vergleicht die Arbeitsmethoden und Hilfsmittel von Heynckes, Klinsmann und Louis van Gaal.

 


 

Jürgen Klinsmann: Er ließ an der Säbener Straße ein Auditorium mit fünf Dolmetscher-Kabinen errichten, dort wurde die neueste Technik installiert, Spielanalysen und Vorbereitung im 2.0-Stil. Ihm ging es um die Persönlichkeitsentwicklung der Spieler. Dazu Kochkurse, Yoga, diese Dinge. Sein Credo: „Am Ende entscheidet oft nur der Kopf – und der wird im Fußball nicht trainiert.” Im April 2009 hieß es: keine Verbindung zum Server, zum Team also. Absturz.

 


 

Louis van Gaal: Bei ihm stand Motivation durch Showeffekte im Vordergrund. Einmal ließ er vor versammelter Mannschaft im Auditorium die Hosen herunter – um zu zeigen: ich bin einer von euch, ich mache alles mit. Doch sein Mix aus Einschüchterung und Kumpelverhalten funktionierte nur etwas mehr als ein Jahr. Da half auch der riesige holländische Trainerstab und der „Computerguru”, wie er Max Reckers nannte, nicht. „Mit van Gaal haben wir das Double geholt und standen im Champions-League-Finale”, bilanzierte Hoeneß. Aber: „Dass der menschlich eine Katastrophe war, steht auf einem anderen Blatt. Fachlich war er top. Deswegen war er auch kein Fehler.” Das war Klinsmann. Hoeneß: „Und das kreiden wir uns alle an.” Ganz fett. Mit Edding.

 


 

Jupp Heynckes: Seine Methode heißt: In der Ruhe liegt die Kraft. Einzelgespräche, Erklärungen, Respekt voreinander und füreinander. Technik nutzt er nur peripher über Experte Michael Niemeyer, der die Analysen macht. Heynckes schwört auf seinen Bauch. Daher sieht Hoeneß Bayern derzeit „sehr gut aufgestellt, weil wir totale Ruhe im Verein haben. Wenn du keine Ruhe hast und den Gegner nicht vorne attackieren kannst, sondern intern ständig Ärger hast, dann kannst du keine Leistung bringen. Der FC Bayern ruht derzeit in sich selbst.”

Dank Jupp. „Entscheidend ist nicht jung oder alt, sondern gut oder schlecht. Klinsmann ist ein guter Trainer und Heynckes ein super Trainer.”
Und Jürgen Klopp? Hoeneß: „Er hat in Dortmund einen Vertrag bis 2014 und macht einen guten Job. In unserer heutigen Zeit geht alles so schnell.” 

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.