Heynckes: Noch 47 Tage tapfer sein

Den Bayern-Trainer nerven Fragen nach Guardiola. Klar – schließlich kann er in etwas mehr als einem Monat Fußball-Geschichte schreiben. Wie er den Endspurt anpackt – und warum auch Shaqiri hilft
München - Der DFB-Pokal fehlt in der Trainer-Vita von Jupp Heynckes. Vor 40 Jahren, 1973, hielt er den Cup als Torjäger von Borussia Mönchengladbach in Händen. Nun fehlen ihm noch zwei Siege. Teil eins soll am Dienstag klar gemacht werden, zu Hause gegen den VfL Wolfsburg (20.30 Uhr/ARD und Sky live). Wer zweifelt am Finaleinzug der Bayern – nach zwölf Rückrundensiegen in der Liga, nach 16 Erfolgen in 17 Pflichtspielen 2013?
Wolfsburg hat eine gewaltig minder spannende Aura im Vergleich zum ersten Duell mit dem FC Barcelona im Champions-League-Halbfinale an selber Stelle. So war der Montag, der Tag vor Wolfsburg, eher der Nur-Noch-Acht-Bis-Barça-Tag. Ab 13.30 Uhr, die Pressekonferenz. Fragen zu Wolfsburg? Bedingt. Höflicherweise. „Ich denke, es wird kein Selbstläufer nach Berlin zu kommen. Das ist für jede Mannschaft ein riesengroßes Ziel“, sagt Heynckes, der den Rot-gesperrten Franck Ribéry durch Xherdan Shaqiri ersetzen wird und auf die A-Elf setzt. „In einem Spiel ist alles möglich.“ Pokalfloskeln. Aber: Mit einem unachtsamen Spiel wäre der Triple-Traum flöten.
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Also ging es um Barça. Und damit auch wieder um Pep Guardiola. Fragen nach seinem Nachfolger sind für den 67-Jährigen eine Herausforderung, eine Frage der (eigenen) Ehre. Franz Beckenbauer („Ach, der Franz“, wie Heynckes, ihn nennt) hatte erklärt, dass der Bayern-Coach „zu stolz“ sei, um Guardiola vor dem Halbfinale anzurufen, also den Telefon-Joker zu ziehen: „Es gibt vielleicht noch ein paar Insidertipps“, riet Beckenbauer, „es ist ganz wichtig, die zu haben, um noch die letzten Prozente herauszukitzeln.“ Schon am Auslosungstag hatte Heynckes bei eben jener Frage eines Reporters genervt und dünnhäutig reagiert. „Bitte respektieren Sie meine Arbeit!“ Böse Blicke, elektrisch aufgeladene Gedanken. Und klare, rechtfertigende Worte: „Ich habe noch nie jemanden konsultiert, um irgendetwas zu erfahren. Ich brauche niemanden, um einen anderen Gegner zu studieren.“
Und nun, so die Nachfrage am Montag: doch den Tipp vom Franz annehmen? Heynckes sammelt sich, schluckt runter und bleibt souverän: „Vielleicht rufe ich den Franz mal an, er ist ja in allen Lebenslagen ein guter Ratgeber.“ Ein Spruch als Schutzschild. Nur nichts Falsches sagen, noch 47 Tage FC Bayern. Trotzdem: „Ich verstehe nicht, dass sich ehemalige Spieler und Trainer so äußern. Da rufe ich eher Johan Cruyff an, der hat das Barça-System eingeführt.“ Clever, weil diplomatisch. Heynckes schlägt sich wacker und tapfer, einen Ausbruch zu vermeiden. Zum Wohle des Erfolgs. Für seinen möglichen Abschied im Triumph. Einer seiner Kernsätze lautet: „Ich weiß, was ich zu tun habe.“
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Er ist kein van Gaal, keiner der beratungsresistent ist, schon gar nicht, was Tipps seines Freundes und Präsidenten Uli Hoeneß angeht. Ein Teamplayer – ja, das ist Heynckes. Doch in seiner Ehre gekränkt, wenn man seine Arbeit(sweise) in Frage stellt. Als er Mitte Januar vor vollendete Tatsachen gestellt wurde, weil der Verein den Guardiola-Transfer öffentlich machte und im selben Moment sein Karriere-Ende verkündete machte, fühlte er sich so auf den Schlips getreten, dass es ihm fast die Gurgel abschnürte.
Nun nerven ihn die Meinungen aus dem engen Umfeld des Vereins, er schluckt alles runter, will sachlich bleiben, flüchtet sich in Humor. „Wenn man so eine Mannschaft übernimmt, ist das auch ein Segen“, sagte Heynckes mit Blick auf Guardiola. Will sagen: Für den Segen habe er gesorgt. Damit das auch ja alle wissen.