Heynckes: „Es geht noch viel besser“
Der FC Bayern wirkt beim 2:0 auf Schalke niemals gefährdet - die Saison kann ja heiter werden...
Gelsenkirchen - Im Kabinengang wurde es laut. Karl-Heinz Rummenigge, Uli Hoeneß und Seppo Eichkorn, früher in München tätig, scherzten eine halbe Stunde nach Abpfiff um die Wette. Während sich der Schalker Co-Trainer wohl dachte, so was kann ja nie schaden, stand Sportvorstand Horst Heldt griesgrämig dreinblickend daneben. Er hatte das Wir-waren-chancenlos-Gesicht auf. Wer es nicht wusste, hätte meinen können, Schalke hätte nicht 0:2, sondern 0:5 verloren. Und zwar mindestens.
Dann hatten die Bayern-Bosse, die auch diese Szene beherrschten, genug. Die Witzhoheit eben. Mehr Glücksbesitz. „Meine Herren“, sagte Rummenigge, drückte auch Heldt kondolierend die Hand, „tschüss! Schöne Grüße und alles Gute!“ Ob nur Heldt und die Seinen gemeint waren? Der Rest der Liga darf sich angesprochen fühlen.
Die Fakten der Bayern-Dominanz: Es war der fünfte Sieg hintereinander, inklusive Europacup sind es acht. Es war das fünfte Zu-Null, die Torbilanz steht bei 18:1. „Da imponiert mir weniger die 18 als die eins“, sagte Ehrenpräsident Franz Beckenbauer, „dafür die Note eins. Jedoch am sechsten Spieltag von einem Durchmarsch zu sprechen, halte ich für verfrüht.“ Ja, okay. Aber ein früher Meisterrekord der Bayern erscheint derzeit unausweichlich. Horst Heldt prognostizierte schon mal einen „Alleingang“. Dazu gehört nicht viel Mut.
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Zu stark, viel zu selbstsicher und selbstverständlich spielen die Bayern. Die Tore durch Gomez-Ersatz Nils Petersen und Thomas Müller fielen zwangsläufig – durch den Ballbesitz und den Druck, den das Team nach vorne aufbaut. Und hinten? Die aktuelle Gegentorprognose muss nach den letzten Partien lauten: irgendwann in der Rückrunde, wenn's blöd läuft im Februar.
Schalke war als bisher schwierigster Gegner auserkoren worden, die tatsächliche Überlegenheit erstaunlich. „Unsere beste Saisonleistung", freute sich Trainer Jupp Heynckes, „so kann es weitergehen.“ Dann Gnade der Liga. Denn der Coach glaubt: „Es geht noch viel besser." Seine Argumente: „Wenn Robben, Gomez, Olic und Breno wieder dabei sind, habe ich noch viel mehr Qualität im Aufgebot.“ Das kann nicht nur, das wird heiter werden.
„Die Mannschaft wird von Ehrgeiz getrieben“, freute sich Sportdirektor Christian Nerlinger, „es war eine überzeugende Leistung. Wenn wir so spielen, wird es schwierig, uns zu besiegen.“ Einzige Verbesserungsansätze: die Überlegenheit des Spiels noch konsequenter in Tore umzuwandeln. „Wenn wir effektiver gewesen wären, hätten wir noch höher gewinnen können“, merkte Toni Kroos an. Recht hat der Mann. Die Bayern gehen in die Spiele wie ein Boxer in den Ring, der weiß, dass er nicht verlieren kann. Gegenstöße laufen ins Leere. In der letzten Viertelstunde feierten die Bayern eine Premiere: ein lockeres Auslauftraining mit Ball in der Schalker Arena. Die meisten Heimfans konnten diese Demütigung nicht mehr ertragen und gingen.
„Deutscher Meister wird nur der FCB“, sangen die Bayern-Fans. Wer will da widersprechen? Kroos meinte: „Wir stehen oben und wollen uns nicht mehr verdrängen lassen." Wie titelhungrig dieses Team ist, zeigt eine Aussage von Bastian Schweinsteiger: „Wenn wir gegen Gladbach unsere Chancen genutzt hätten, hätten wir dieses Spiel auch gewonnen." Das war das 0:1 am ersten Spieltag. Schwamm drüber - über die einzige Saisonpleite?