Heynckes (64) lernt das Jubeln
Der Intermezzo-Coach sagt Servus. Und Philipp Lahm sagt: "Wäre er das ganze Jahr da gewesen, wären wir Meister geworden."
MÜNCHEN Mark van Bommel ist 32, halb so alt wie sein Trainer und somit näher dran an der Neuzeit. Von der erzählte er Jupp Heynckes ein wenig, als sie Hand in Hand über den Rasen schlenderten. Der Senior setzte die Tipps des Jüngeren prompt um: Hatte Heynckes bei seinen Versuchen als Wellen-Auslöser vor der Südkurve noch ähnlich unbeholfen gewirkt wie Berti Vogts als Bundestrainer nach dem EM-Triumph 1996, so klappte das vor der Nordkurve schon besser. Statt stimmungstötend nach unten warf Heynckes nun die Arme wie es sich gehört: aufpeitschend nach oben, volle Streckung. Als er selbst noch Tore schoss, gab es solche Show-Jubel-Arien nicht. Man lernt halt nie aus.
13 von 15 möglichen Punkten hat Heynckes in seinem Vier-Wochen-Intermezzo erreicht – eine beachtliche Bilanz, wenn man sich das Tohuwabohu der ausgehenden Klinsmann-Zeit nochmal vor Augen hält. Rang zwei, was in einem „normalen“ Bayern-Jahr als Katastrophe gelten würde, ist nun eine Platzierung, die Demut lehrt. Auch für Heynckes eine neue Erfahrung: „Ich habe zum ersten Mal gemerkt, dass man sich auch über einen zweiten Platz Freude kann. Das habe ich damals bei meiner Bayern-Zeit nicht so empfunden. Damals hatte die Vize-Meisterschaft so einen bitteren Beigeschmack.“
Davon ist nichts zu spüren bei diesem erneuten Abschied vom Trainer Heynckes. Warme Worte, wohin man hört. Auch Worte des Bedauerns: „Wenn er das ganze Jahr da gewesen wäre, wären wir Meister geworden“, sagte Philipp Lahm. Wehmut klingt mit, wenn Heynckes vom FC Bayern als „Nonplusultra“ spricht: „Wir haben in den vier Wochen Wunderbares geleistet. Es hat mir großen Spaß gemacht – und ich denke, den Spielern ging es ebenso.“
Dass er Freude an der Arbeit hatte, das sprach Heynckes jeden Tag aus dem Gesicht. Warum also nicht weitermachen? „Normalerweise möchte ich meine Trainerlaufbahn beenden. Aber vielleicht braucht man mich irgendwann wieder mal.“
Noch vier Freundschaftsspiele von Dienstag bis Sonntag, dann gibt es den Bayern-Trainer Heynckes nicht mehr, sondern nur noch den Rasenmäher und Gassigeher Heynckes. Nur wenn „seine“ Bayern am Fernseher zu sehen sein werden, dann wird er nochmal für eineinhalb Stunden zum Trainer. Nur die Welle, die wird er daheim für Gattin Iris und Schäferhund Cando wohl nicht mehr machen.
Thomas Becker