„Herr Hoeneß, ich liebe Sie!“

Der stille Genießer: Wortlos registriert der Manager, wie die Bayern-Mitglieder ihn anflehen, über 2009 hinaus im Amt zu bleiben.
MÜNCHEN Vermutlich war es eine sehr schwere Übung für Uli Hoeneß: Über zweieinhalb Stunden schweigen. Über zweieinhalb Stunden cool bleiben, bloß nicht aufregen, sich nicht provozieren lassen. Und so sprach der Bayern-Manager am Freitagabend bei der Jahreshauptversammlung am Nockherberg tatsächlich kein Wort ins Mikrofon. Er hörte zu und genoss. Ein stiller Genießer. Denn der Abend mit den knapp 1700 anwesenden Mitgliedern geriet zur Uli-Hoeneß-Huldigungsshow.
Anders als im vergangenen Jahr, als er gegenüber den Mitgliedern in Rage geraten war und seinen Frust über die Nörgelei an der angeblich miesen Stimmung im Stadion herausgebrüllt hatte, war er diesmal bloß Zuhörer. Ob Präsident Franz Beckenbauer oder Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge, keiner versäumte es, den Manager zu loben, ach was, zu preisen. Er sei der „erste Fan des Vereins“ und die „Seele des FC Bayern“, meinte Rummenigge, und Beckenbauer flachste: „Wenn der FC Bayern gewinnt, ist Uli der glücklichste und großzügigste Mensch der Welt, aber wehe, man kommt ihm in die Quere, wenn Bayern verloren hat.“ Es gab lange anhaltenden Applaus als „Bravo, Uli“-Rufe wie sonst nur bei der Erwähnung von Ex-Torwart Oliver Kahn. Fan Jürgen Johanni rief sogar ins Mikrofon: „Ich liebe Sie!“ Andere nutzten ihre Wortmeldungen allein dazu, Hoeneß anzuflehen, er möge doch Manager bleiben, solange er sich bester Gesundheit erfreue.
Hoeneß grinste zufrieden, ein paar Freudentränen waren bei so viel Zustimmung auch zu entdecken. Oder war es schon vorauseilende Wehmut? Ende 2009 will Hoeneß den Manager-Posten räumen, statt dessen Aufsichtsratchef werden – und Franz Beckenbauer als Präsident beerben. Bei der Mitgliederversammlung im November 2009 sollen die Wahlen erfolgen. Dem anwesendem Trainer Jürgen Klinsmann und dem Kapitän Mark van Bommel rief Rummenigge zu: „Gebt alles, damit wir Uli nächstes Jahr einen Abschied bereiten können, der seinen Verdiensten entspricht. Schenkt Uli viele Titel, das ist ihm lieber als alles andere.“
Später sprach er dann doch. Hoeneß gerührt: „Es ist schön, dass man so viel Zuspruch und Zustimmung bekommt.“
Es wird ihm nicht leichterfallen, den Job so nah an der Mannschaft aufzugeben. Seine größte Aufgabe wird es sein, einen geeigneten Nachfolger als Manager zu finden. Was auch bei der Mitgliederversammlung deutlich wurde. „Bitte, lieber Uli Hoeneß, verschonen Sie uns vor einem Event-Manager namens Oliver Bierhoff“, rief ein Fan und erntete stürmischen Applaus.
„Wir sind mit dem Aufsichtsrat so verblieben, dass dieses Thema im Winter diskutiert wird“, sagte Rummenigge kürzlich, „der Kreis derer, die in Frage kommen, ist überschaubar. Wir werden, wie auch bei Spielern, ein internes Anspruchsprofil erarbeiten und schauen, wer das erfüllen kann.“ Einen zweiten Hoeneß werden sie nicht finden, so viel ist sicher.
Patrick Strasser