Helmer vergleicht die Bayern mit dem BVB
Der frühere BVB- und Bayern-Star Thomas Helmer vergleicht für die AZ die Mannschaften der beiden großen Titelkonkurrenten. Welchen Klub er auf welcher Position im Vorteil sieht, lesen Sie hier.
München - Mario Götze könnte die große Überraschung sein, doch der 19-Jährige wird wohl nach seiner Verletzungspause auf der Bank sitzen. Falls doch Bedarf wäre bei den Dortmundern für einen Kurzauftritt. Solch einen Joker haben die Bayern nicht. Was würde passieren, wenn es kurz vor Ende der Partie immer noch Unentschieden steht? „Dann würde ich mich selbst einwechseln“, sagte Trainer Jupp Heynckes und lachte. Er, der ehemalige Mittelstürmer. Womöglich würde ihn dann Jürgen Klopp, früher eher der Typ Zerstörer, daran hindern wollen.
Doch wie sieht es mit den beiden Mannschaften aus, die tatsächlich auf dem Platz stehen? Siegt das Kollektive oder setzen die Individualisten die entscheidenden Akzente? Für die AZ analysiert Sport1-Moderator Thomas Helmer die Mannschaften der beiden Titelkontrahenten. Der 46-Jährige kennt beide Vereine. Zunächst spielte der Abwehrspieler ab 1986 sechs Jahre für den BVB (190 Bundesligaspiele, 16 Tore). 1992 wechselte er zum FC Bayern, blieb sieben Jahre, machte 191 Bundesligaspiele, 24 Tore.
DIE TORHÜTER
Helmer: „Beide, Dortmunds Roman Weidenfeller und Bayerns Manuel Neuer stabilisieren ihre Teams, haben zuletzt viele Punkte festgehalten. Neuer kennt ja auch schon das Gefühl, in Dortmund zu gewinnen (im September 2009, 1:0 mit Schalke, d. Red.). Also wird er keine Angst haben. Er ist der Nationaltorwart. Meine Wertung: ein kleiner Vorteil für den FC Bayern.“
DIE ABWEHR
Helmer: „Laut Statistik haben die Bayern die beste Abwehr, weil sie die wenigsten Gegentore, drei weniger als der BVB, bekommen haben. Höchstens in der Defensive haben beide zuletzt Schwächen gezeigt, siehe die Abstimmungsprobleme der Innenverteidiger Hummels und Subotic beim 4:4 gegen Stuttgart. Auch Boateng hat zuletzt bei Bayerns 2:1 gegen Augsburg über den Ball gehauen. Lahm als rechter Verteidiger ist Weltklasse, David Alaba hat sich toll entwickelt. Die Dortmunder spielen mit ihrer Viererkette aus der Meistersaison, sind eingespielt mit Piszczek rechts und Schmelzer links. Ich würde sagen: Da nehmen sich beide nicht viel. Ein Remis.“
DAS MITTELFELD
Helmer: „Da haben die Dortmunder ein Luxusproblem, vor allem auf der Sechserposition. Sie haben Kapitän Kehl, Sven Bender und Ilkay Gündogan. Da sind die Bayern mit Toni Kroos und Bastian Schweinsteiger technisch besser besetzt. Die Frage wird nur sein, wie schnell Basti nach seiner Verletzung in so ein heißes Match reinkommt.
Nach vorne spielt der BVB ja mehr über die Mitte, da ist der überragende Kagawa der entscheidende Mann, nicht Großkreutz (links) oder Blaszczykowski (rechts). Das Bayern-Spiel ist über die Außen angelegt, über Robben und Ribéry – und Müller rochiert. Die Bayern spielen aber mittlerweile viel schneller nach vorne als noch zu Beginn der Saison. Dennoch sehe ich im Mittelfeld einen kleinen Vorteil beim BVB, eben weil Kagawa so unberechenbar und torgefährlich ist.“
DER ANGRIFF
Helmer: „Bei den beiden Stürmern sehe ich keinen Vorteil und keinen Nachteil, ihre überragenden Tor-Quoten sind ja bekannt. Mario Gomez und Robert Lewandowski können zu den Schlüsselfiguren dieser Partie werden. Die Entwicklung von Lewandowski ist enorm. Er fischt die langen Bälle von Weidenfeller perfekt runter, schirmt den Ball gut ab. Aus meiner Sicht ist er ein kompletter Stürmer. Aber Gomez natürlich auch. Meine Wertung: absolut ausgeglichen.“
DAS FAZIT
Helmer: „Beim BVB imponiert mir, mit welcher Leidenschaft die Mannschaft agiert. Die Dortmunder setzen immer konsequent nach und gewinnen vor allem fast immer die zweiten Bälle. Für die Bayern wird es angesichts der vielen Spiele und bevorstehenden Duelle mit Real Madrid in der Champions League rein kräftemäßig und mental ein Problem, das könnte der Vorteil für den BVB sein. Andererseits hat Bayern die Klasse, mit dem Drei-Tages-Rhythmus bestens umzugehen. Und: Wer solche Spiele wie gegen Augsburg gewinnt, kann auch Dortmund einholen.
Beide Teams kennen sich gut genug, da wird irgendein Geistesblitz möglicherweise die Partie entscheiden. Es wird kein 0:0, das hoffe ich mal für die Fußball-Fans. Eher ein 2:2, es deutet viel auf ein Remis hin. Dann ist noch keine wirkliche Vorentscheidung gefallen, die Dortmunder müssen ja am Wochenende zum FC Schalke.“