Head-to-head: Der FC Bayern vor dem Bundesliga-Duell gegen Borussia Dortmund im AZ-Vergleich
München - Es ist angerichtet: Weniger als 24h verbleiben bis zum "deutschen Classico". Im Bundesliga-Topspiel (Samstag, 18.30 Uhr/Sky und im AZ-Liveticker) empfangen die Münchner in der heimischen Allianz Arena den BVB. Das Duell könnte womöglich vorentscheidend für die Meisterschaft sein. Einen Punkt befindet sich der BVB vor den Münchnern. Der deutsche Rekordmeister wird also alles daran setzen vor eigenem Publikum zu punkten und bestenfalls dafür sorgen, dass die drei Punkte in München bleiben. Wir nehmen die beiden Teams vor dem großen Bundesliga-Gipfel noch einmal genauer unter die Lupe und stellen die jeweiligen Mannschaftsteile gegenüber.
Die AZ checkt die Mannschaftsteile und vergleicht Klasse und Form.
Die Torhüter: Yann Sommers Erfahrung und Kobels Verletzung machen den Unterschied
Yann Sommer: Manuel Neuers Ersatzmann konnte seine Klasse aus Gladbacher Zeiten noch nicht so ganz zur Geltung bringen wie bei den Fohlen. Das liegt aber hauptsächlich einmal daran, dass der Schweizer Nationaltorwart beim Rekordmeister deutlich weniger zu halten bekommt. In 13 Spielen beim Rekordmeister konnte Yann Sommer nur fünfmal die weiße Weste wahren und kassierte bereits 14 Gegentore. Natürlich gehen nicht alle Gegentore auf seine Kappe und bei einigen war der Keeper von jeglicher Schuld freizusprechen und doch scheinen die Zahlen auf den ersten Blick nicht gerade grandios. Außerdem bleibt den Bayern-Fans wohl noch immer der eine Fehlpass von Yann Sommer im Gedächtnis, der gegen Paris Saint-Germain nur aufgrund einer überragenden Rettungstat von Matthijs de Ligt nicht zu einem Gegentreffer führte. Ein solcher Fehler darf dem 34-Jährigen im deutschen Klassiker nicht unterlaufen.

Gregor Kobel: Der Landsmann von Yann Sommer dürfte für den BVB wieder rechtzeitig zum Top-Spiel fit sein. Im Interview mit Sky zeigte sich Kobel sehr optimisisch, was einen Einsatz gegen den Rekordmeister angeht: "Ich bin auf jeden Fall wieder fit." Kobel weiß jedoch auch, dass die Verantwortung nun bei seinem Cheftrainer Edin Terzic liegt. "Am Ende muss man auch gucken, was der Edin macht. Aber ich bin fit und stehe zur Verfügung", lautet die Kampfansage des 25-Jährigen. Kobel steht nach bislang 25 Pflichtspielen diese Saison bei 22 Gegentreffern und behielt zwölfmal die weiße Weste.

AZ-Fazit: Vor allem aufgrund der Oberschenkelverletzung Kobels, die ihn vier Pflichtspiele außer Gefecht setzte, hat Gregor Kobel im Schweiz-internen Duell gegen Yann Sommer das Nachsehen. Beide Torhüter haben aber bereits in der Vergangenheit gezeigt, zu was sie im Stande sind. Ein Punkt der auch ganz klar für Yann Sommer spricht ist die Erfahrung. Mit seinen 34 Jahren ist er seinem neun Jahre jüngeren Landsmann einige Jahre voraus und hat auch schon in Top Spielen gezeigt, dass er zu einer echten Wand werden kann. An jenen Abend, als die andere Borussia aus Gladbach den Rekordmeister mit 5:0 besiegte erinnern sich vermutlich auch die Bayern-Bosse noch gut. Mit verantwortlich dafür: Yann Sommer und seine Paraden. Genau diese wollen die Bayern-Bosse jetzt auch gegen Dortmund sehen, nicht ohne Grund hat man im Winter acht Millionen für Sommer auf den Tisch gelegt.
Vorteil Bayern: 1:0
Die Abwehr: Dortmunds eingespielte Defensive bezwingt Upamecano und Co.

FC Bayern: Die Abwehr bei Bayern München ist zurzeit so eine Sache. Während man in den beiden Champions-League-Achtelfinals eine saubere Performance ablieferte prägen schwache Defensivleistungen das Bayern-Jahr 2023. Immer wieder unerklärliche Patzer und aus Bayern-Sicht zu viele Tore kosteten den Rekordmeister schon den ein oder anderen Punkt. Bestes Bespiel: Die vergangenen zwei Partien in der Bundesliga. Während in der Partie gegen Augsburg ein Sieg eingefahren wurde und so über die drei Gegentore der Fuggerstädter hinweggeschaut werden konnte, war die Defensivlistung gegen Bayer Leverkusen eine Farce. Die Bayern-Abwehr verursachte gleich zwei Strafelfmeter. Vor allem das absolut unnötige und ungestüme Foul von Dayot Upamecano brachte Leverkusen auf die Siegesstraße und den FC Bayern um wichtige Punkte.
Borussia Dortmund: Abgesehen vom 2:2 im Revierderby beim FC Schalke 04, bei dem sich der BVB in der Defensive cleverer verhalten hätte müssen, stand es die BVB-Abwehr doch sehr gut in 2023. In vier Pflichtspielen blieb man ohne Gegentor und kassierte in 13 Spielen im Schnitt nur ein Gegentor pro Spiel. Zudem hat sich das junge Innenverteidigung-Duo aus Nico Schlotterbeck und Niklas Süle eingespielt und sehr solide Leistungen abgerufen. Ein Einsatz Schlotterbecks gegen den FC Bayern ist jedoch noch offen wie Edin Terzic bei der PK am Freitag bekanntgab. Der 23-Jährige musste angeschlagen von der Nationalmannschaft abreisen. Ob ein Einsatz möglich ist, werde laut Terzic erst morgen entschieden werden können. Außenverteidiger Marius Wolf brillierte zuletzt sogar so sehr, dass er von Nationaltrainer Hansi Flick zum ersten mal zur Nationalmannschaft berufen wurde und kristallisierte sich in seinen Einsätzen dort auch als einer der Gewinner im DFB-Team heraus.

AZ-Fazit: Es bleibt abzuwarten wie sich die Bayern-Defensive gegen den BVB präsentieren wird, denn die Bayern-Defensive ist 2023 wohl eins: eine Überraschungskiste. Diese Inkonstanz wurde auch Julian Nagelsmann mit zum Verhängnis. Denn wie schon eine alte Fußballweisheit besagt: "Offense wins Games. Defense wins Championships". Deswegen geht der Punkt in der Defensive vor allem aufgrund des stark aufspielenden Marius Wolf und der doch etwas stabileren Abwehr an die schwarz-gelbe Borussia.
Vorteil Dortmund: Ausgleich zum 1:1
Das Mittelfeld: Kimmich im DFB-Dress schwach, BVB-Mittelfeld überzeugte vor der Länderspielpause

FC Bayern: Auch wenn mit Julian Nagelsmann ein Trainer gegangen ist, der "einer der Top-3" in Kimmichs Karriere war und zu dem auch Goretzka "eine extrem enge Beziehung" gepflegt hat, dürften die beiden Nationalspieler auch unter Neu-Trainer Thomas Tuchel wieder voll angreifen wollen und Nagelmanns Abgang verdaut haben. Goretzka, der sich bei der Nationalmannschaft noch am Sprunggelenk verletzt hatte, wird gegen den BVB aber wieder zur Verfügung stehen und hatte die letzten Trainingseinheiten vor dem Bundesligagipfel wieder voll trainiert. Auch wenn die Ergebnisse zuletzt nicht immer gestimmt haben, wird vor allem die Kämpfer-Mentalität der beiden Mittelfeldakteure gefragt sein. Zudem könnte für die Bayern ein Box-to-Box-Spieler wie Leon Goretzka im 3-4-3 von enormer Bedeutung sein. In dieser Formation wird Tuchel Laut der "tz" seine Mannen auflaufen lassen. Da hierbei ein klassischer Zehner im System fehlt, werden ein sich offensiv einschaltender Leon Goretzka und die so gefürchteten Chip-Bälle von Joshua Kimmich gefragt sein.
Borussia Dortmund: Der BVB hat vor der Länderspielpause mit dem 6:1 gegen Köln ein Ausrufezeichen nach München gesendet. Die Leistung stimmte und vor allem war die Dominanz gegen Köln erstaunlich. 64 Prozent Ballbesitz, 90 Prozent angekommene Pässe stehe sinnbildlich für ein gelungenes Spiel des BVB. Gerade der für Can ins Mittelfeld gerückte Raphael Guerreiro wusste zu brillieren und glänzte mit zwei Vorlagen und einem eigenen Tor. Aber auch Mittelfeldkollege Mo Dahoud riss das Spiel immer wieder an sich und übernahm in Abwesenheit von Emre Can eine sehr wichtige Rolle neben Jude Bellingham. Es bleibt spannend abzuwarten wie Edin Terzic das Mittelfeld gegen den FC Bayern aufstellen wird: Guerreiro hat im Mittelfeld überzeugen können, müsste für eine Rückkehr von Defensiv-Stabilisator Emre Can gegen die Bayern womöglich wieder auf die Außen ausweichen.

AZ-Fazit: Das Mittelfeld der Dortmunder befindet aktuell in einer sehr guten Form. Mit einer guten Mischung aus Bellinghams Finesse, Cans Robustheit und einem zuletzt stark aufspielenden Dahoud oder Guerreiro nebenan, hat der BVB ein gut funktionierendes Mittelfeld zu bieten. Edin Terzic hat mit Blick auf die Startelf gegen die Bayern also die Qual der Wahl. Deren Mittelfeld rief in den letzten Spielen ebenso wie die gesamte Mannschaft sehr schwankende Leistungen ab. Zudem bleibt abzuwarten wie fit Leon Goretzka nach der kleineren Verletzung sein wird und welche Leistung Kimmich auf den Platz bringen wird. Im DFB-Dress konnte der 28-Jährige auf jeden Fall nicht überzeugen, blieb gegen Peru sehr blass und spielte gegen Belgien eine schwache Partie!
Vorteil Dortmund: Dortmund geht mit 2:1 in Führung
Der Angriff:

FC Bayern: Zuletzt schien unter Julian Nagelsmann in der Offensive vor allem die Kreativität und der klare Drang nach vorne gefehlt zu haben. Unter dem neuen Trainer Thomas Tuchel soll dies nun besser werden. Mit Leroy Sané und Thomas Müller stehen zwei Stars bereits, die nicht die Reise zur Nationalmannschaft angetreten haben und daher von Tuchels Amtsantritt an beim Training dabei sein konnten. Zudem führt die Nicht-Nominierung dazu, dass die beiden Offensivakteure ausgeruht und mit vollen Kräften gegen den BVB antreten können. Mit Choupo-Moting kehrte diese Woche zudem ein Spielr zurück, der in dieser Saison schon oft für Tore gut war - gerade auch in wichtigen Spielen. So zum Beispiel im Achtelfinal-Rückspiel in der Champions-League, als er den FC Bayern vor heimischen Publikum auf die Siegerstraße brachte.
Borussia Dortmund: Der BVB zeigte sich im bereits angesprochenen Spiel gegen Köln in Torlaune (6:1). Seit der Winterpause erzielte die schwarz-gelbe Borussia 33 Tore in 13 Spielen was im Schnitt 2,54 Toren pro Spiel entspricht. Damit liegt man vor dem FC Bayern, der in diesem Kalenderjahr nur 30 Tore (2,31 pro Spiel) erzielte. Einziges Manko der BVB-Offensive ist, dass sie im Vergleich zu den Münchnern in großen Spielen zumeist Ladehemmung besitzen. Gegen den FC Chelsea war man in Anbetracht klarer Torchancen deutlich unterlegen und schied in der Champions-League letzten Endes verdient aus. Wenn der BVB jedoch diese Schwäche gegen den deutschen Rekordmeister in München beseitigt, hat die Offensive des BVB gerade in den letzten Wochen gezeigt, dass man mindestens auf Augenhöhe mit der Bayern-Offensive ist.

Punkt an beide: Dortmund weiterhin mit 2:1 in Führung
Die Cheftrainer: Erfahrener Tuchel schlägt aufstrebenden Terzic

FC Bayern: Nach dem nicht mal zweijährigen Intermezzo von Julian Nagelsmann und der zuletzt sehr schwankenden Leistungen soll es nun Thomas Tuchel richten. Der bayrisch-schwäbische Fußballlehrer hat in seiner Karriere bereits große Namen vorzuweisen. Alle seine Stationen nutzte er auch um reichlich Titel zu sammeln - allen voran der Champions-League-Triumph mit dem FC Chelsea 2021. Seine ehemaligen Spieler behaupten über ihn, dass sie - zumindest auf spielerische Ebene - nochmal um ein Level angehoben hat. Zudem ist Tuchel bei seinen bisherigen Vereinsstationen stets mit einer Siegesserie gestartet. Den "Tuchel-Effekt" erhoffen sich die FCB-Verantwortlichen jetzt auch gegen den BVB.
Borussia Dortmund: Edin Terzic gilt als absoluter Fan-Liebling, hat seine Trainerkarriere beim BVB begonnen und sich immer in den Dienst des Vereins gestellt. Als Lucien Favre anschließend gefeuert wurde, übernahm Terzic bis zum Saisonende und holte mit dem BVB den DFB-Pokal. Nach dem ersten schwarz-gelben Pokaltriumph seit der Saison 2016/17 musste Terzic jedoch wieder Platz machen - für Marco Rose. Dessen Halbwertszeit währte allerdings lange und so saß Terzic zum Beginn der Saison 2022/23 wieder als Cheftrainer auf der Bank des BVB. Diese Saison kann der BVB mit den Bayern endlich mithalten und Fußball-Deutschland den so lange erhofften Titelkampf liefern.
Durch den Sieg gegen Köln rangiert man vor dem Spitzenspiel sogar auf Rang Eins und geht als Gejagter in das Duell mit den Bayern. In einem vielleicht meisterschaftsentscheidenden Spiel wie diesem wird auch die Erfahrung eines Trainers von Belangen sein. Diese hat Terzic jedoch noch nicht vorzuweisen. Und auch seine Bilanz gegen die Bayern ist bisher negativ. In seinem ersten Aufeinandertreffen gegen den Rekordmeister verlor seine Mannschaft mit 4:2 in der Allianz-Arena. Terzic wird also keine gute Erinnerungen an die Münchner Heimspielstätte haben. Immerhin: In der Hinrunde gelang vor Heimkulisse im Signal-Iduna-Park ein 2:2-Remis gegen die Bayern.
AZ-Fazit: Thomas Tuchel - ein akribischer Fußballfanatiker - hat seit seiner Zeit in Dortmund reichlich Erfahrung im Ausland gesammelt. Genau dies hat der 49-Jährige seinem Gegenüber - Edin Terzic - voraus. Auch wenn sich Terzic bereits den DFB-Pokalsieg sicherte und mit dem BVB in der Bundesliga einen Lauf hat, kann er in den entscheidenden Spielen noch nicht den großen Unterschied ausmachen wie ein Thomas Tuchel, Pep Guardiola oder ein Jürgen Klopp. Daher muss sich der 40-Järhige Terzic im direkten Vergleich mit Thomas Tuchel geschlagen geben. Vor allem in puncto Erfahrung kann er seinem neun Jahre älteren Trainer-Kollegen noch nicht das Wasser reichen - immerhin ist der BVB seine erste Station als Cheftrainer.
Punkt an die Bayern: Endstand 2:2

Das AZ-Fazit
Das Spitzenspiel der Bundesliga wird das wohl spannendste Duell der beiden Teams seit langem. Mit Blick auf die Mannschaften nehmen sich beide Teams nahezu nichts. Das Spiel wird nervenaufreibend und vor allem eins: Ein Spiel mit enormer Signalkraft, auch was die Meisterschaft anbelangt. Es bleibt also spannend abzuwarten, was die beiden Teams am Samstag um 18:30Uhr auf dem Rasen der Allianz Arena bringen. Kleinigkeiten werden entscheidend sein!
Mein persönlicher Tipp: Ein Schlagabtausch, der mit 3:2 zu Gunsten der Bayern endet.
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