Hansi Flicks Blitz-Aufstieg zum Triple-Trainer

München - Sie ließen Hansi Flick fliegen. Fünf, sechs Mal. Hansi Air hob ab und landete in den Armen seiner Spieler, die Goldmedaille baumelte tanzend um seinen Hals. Er lebe hoch, der Bayern-Trainer! Am höchsten Punkt war der 55-Jährige angekommen, auf dem Fußballgipfel namens Champions-League-Triumph, auf dem Olymp namens Triple.
1:0 gegen Paris St. Germain, seit 30 Pflichtspielen unbesiegt (29 Siege, ein Remis), zuletzt gab es 21 Siege in Serie. Besser geht’s nicht. Von null auf Triple in knapp zehn Monaten. Vom Assistenztrainer zu einem der größten der Branche. Was für ein Abenteuer, was für eine Leistung, was für ein Typ.
Ein Märchen. Das Märchen von Hansi im Glück
In den Himmel, in den ihn sein Team zuvor geworfen hatte, lobte Flick am Abend in Lissabon seine Mannschaft: "Ich bin einfach nur noch stolz auf die Mannschaft. Wir haben auch die Corona-Pause ideal genutzt. Dieser Erfolg gehört uns allen, es ist einfach ein Mannschaftserfolg. Absolut herausragend, es war eine bewegende Reise."
Die im Sommer 2019 begann. Auf Wunsch der Bayern-Bosse und mit der wohlwollenden Genehmigung von Cheftrainer Niko Kovac ersetzt Flick Trainer-Urgestein Peter Hermann (68), den ewigen Assistenten von Jupp Heynckes, der 2018 nach dem Abschied des Triple-Trainers von 2013 ein Jahr weiter gemacht hatte. Flick, damals ohne Job, wurde neben Robert Kovac, dem Bruder des Chefs, zum zweiten Co-Trainer.
Flick als Königstransfer der Bayern
Heute weiß man: Ein genialer Schachzug, ein Königstransfer. Flick erarbeitete sich durch sein Know-how, seinen Trainingsinput und die menschliche Wärme, mit der er auf die Spieler zuging, sofort Respekt und Anerkennung. Kapitän Manuel Neuer, Thomas Müller und Jérôme Boateng schätzten Flick sehr, war er doch der taktische Mastermind hinter dem WM-Titel von 2014, der perfekte Zuarbeiter von Bundestrainer Joachim Löw.
Als Kovac sich im Herbst zunehmend in Reibereien mit den Medien verzettelte, in erster Linie sein vorsichtig-verhaltener Spielstil einfach nicht zur Linie passte, die das Team seit Louis van Gaals Zeiten gewohnt war, also Dominanz und Ballbesitz, wurde er Trainer auf Abruf. Ohne Rückhalt in der Kabine. Ein glückliches 2:1 in Bochum, ein desaströses 1:5 in Frankfurt. Kovac musste gehen, Flick rückte auf – von Skepsis begleitet. Die große Bühne? Die erste Reihe? Kann er das? Er arbeitete nur auf Bewährung. Erst zwei Spiele, dann bis Weihnachten, dann bis Saisonende. Flick beseitigte jegliche Zweifel, erhielt im Frühjahr einen Vertrag bis 2023.

"Als ich im November kam, hatten die Gegner gesagt, dass sie den Respekt vor Bayern verloren haben", sagte Flick in Lissabon: "Die Entwicklung seither ist sensationell." Bereits im Winter betonte Flick immer wieder, was er schon als Co-Trainer beobachten konnte: "Ich bin begeistert von der Atmosphäre, die in der Mannschaft und drum herum herrscht: Ein absoluter Leistungsgedanke, jeder will gewinnen."
Hansi Flick: Lob von allen Seiten
Weil er der Mannschaft und dem Einzelnen Wertschätzung und Sicherheit schenkte, zahlten diese mit Leistung zurück. "Flick hat uns von Anfang an ein sehr gutes Gefühl und viel Vertrauen gegeben. Mit den Siegen kommt noch mehr Vertrauen", bestätigte Joshua Kimmich, den er bereits im November auf die Sechserposition gestellt hatte. Ein Schlüssel-Schachzug.
Siehe auch die Personalie Thomas Müller. Vom Ersatzmann, vom Notnagel wurde das Gesicht der Mannschaft wieder zur fixen Größe. "Ich Freude mich, dass ich gezeigt habe, dass ich noch nicht auf den Altglascontainer gehöre. Ich habe noch was im Tank." All das hat er Flick zu verdanken.
Schon als Spieler stand Flick im Endspiel des wichtigsten Vereinswettbewerbs, unterlag jedoch 1987 mit Bayern dem FC Porto unglücklich 1:2. Als Aktiver sowie als Verantwortlicher für einen Verein im Finale um den Henkelpott dabei zu sein, schafften auch: Miguel Muñoz (Real Madrid), Vicente del Bosque (Real), Carlo Ancelotti (Milan), Pep Guardiola (FC Barcelona) und Zinédine Zidane (Real). Ganz illustre Namen. Verflickt gut, der Hansi.
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