Hainers Denkzettel: Durchwachsene Stimmung bei der Jahreshauptversammlung des FC Bayern

München - Erneut endete eine Jahreshauptversammlung des FC Bayern extrem unschön. Während die Probleme bei der Mitgliederversammlung vor einem Jahr wegen des Zoffs mit den Fans in der Frage des umstrittenen Katar-Sponsorings hausgemacht waren und zu tumultartigen Szenen bzw. dem vorzeitigen Abbruch führten, beendete diesmal eine "vage Bombendrohung" (so der Verein) den Abend abrupt.
Entwarnung nach zwei Stunden
Alle anwesenden Personen mussten den Audi Dome sofort verlassen, die Polizei und ein Bombenkommando mit Spürhunden rückten an. Erst nach knapp zwei Stunden wurde um 1.04 Uhr Entwarnung gegeben. Präsident Herbert Hainer war enttäuscht, dass er den Abend nicht entspannt ausklingen lassen konnte.
Noch wenige Minuten zuvor hatte er davon gesprochen, "sehr zufrieden" mit dem Verlauf gewesen zu sein. Nach seinen ersten drei Amtsjahren stellte sich Hainer den Mitgliedern zur Wiederwahl, einen Gegenkandidaten gab es nicht.
218 Nein-Stimmen
Nach den 98 Prozent der Stimmen im Jahr 2019 erhielt er diesmal 78,3 Prozent (218 Nein-Stimmen und 85 Enthaltungen bei 1.395 abstimmenden Mitgliedern) – laut Rechnung des Vereins ist Hainer mit 83,3 Prozent wiedergewählt worden, weil die Enthaltungen nicht mitgerechnet werden.
Dennoch: Ein maues Ergebnis im Vergleich zu den Zeiten der Präsidentschaft von Uli Hoeneß. Denkt man die Vorkommnisse der Versammlung 2021, hätte man Hainers Wiederwahl mit dieser Mehrheit kaum für möglich gehalten.
Denkzettel für Hainer
So oder so – die Nein-Stimmen sind ein Denkzettel für Hainer, der den neuen Kurs der Verantwortlichen gegenüber den Mitgliedern und Fans initiiert hat: Mehr Demut, mehr Transparenz, mehr Präsenz. Man intensivierte in die Kommunikation, gestand Fehler im Zuge des Reizthemas Sponsoring durch die katarische Fluggesellschaft Qatar Airways ein – erste Schritte.
Es riecht nach Verlängerung
Und so verlief die Veranstaltung harmonischer und ruhiger als erwartet. Die Entscheidung, ob der Vertrag mit der Fluglinie über 2023 hinaus verlängert wird, will der Vorstand erst nach der WM treffen. Die Tendenz: Es riecht stark nach Verlängerung.
"Unser Ziel muss es ganz klar sein, dass wir gesellschaftspolitisch dem Land helfen, sich weiterzuentwickeln und Reformkräfte zu stärken", sagte Hainer und verwies darauf, die Gleichstellung der Frauen im Sport bereits in der laufenden Vertragsperiode der Partnerschaft mit dem Emirat vorangetrieben zu haben.
Die Zusammenarbeit hat finanzielle Vorteile
Der 68-Jährige war so ehrlich, die finanzielle Bedeutung der Zusammenarbeit ebenfalls zu betonen: "Natürlich ist es für uns ein signifikanter wirtschaftlicher Beitrag, den wir brauchen, um unseren ganzen Laden am Laufen zu halten." Das komplizierte Thema führe "zu Kopfzerbrechen", bekannte Hainer.
Uli Hoeneß kann es nicht lassen
Abgesehen vom Schock der Bombendrohung hätte der so harmonische Abend zwischen den Bossen und der Basis eine Wende bedeuten können. Hätte: Wäre da nicht Uli Hoeneß gewesen. Zuvor ein lediglich stummer – und von den Mitgliedern gefeierter – Zuschauer, konnte der 70-Jährige beim Verlassen der Halle wieder einmal nicht an sich halten.
Hoeneß teilt gegen Kritiker aus
Dem Mitglied Michael Ott, erneut als Redner und Wortführer der Kritiker des Katar-Sponsorings aufgetreten, rief er mit erhobenem Zeigefinger zu: "Ihr Auftritt war peinlich! Das ist der Fußballklub Bayern München und nicht die Generalversammlung von Amnesty International!"
Emotional wie eh und je
Während Ott sich aufgrund der plötzlichen Konfrontation irritiert zeigte, meinte Hainer am Sonntag bei "Bild TV": "So kennen wir Uli Hoeneß. Er ist emotional, er ist der FC Bayern durch und durch. Er verteidigt seinen FC Bayern auch mit allen Facetten."
Welcher Auftritt war wirklich peinlich?
Mit den zwei Sätzen hat Hoeneß, Ehrenpräsident und Liebling (fast) aller Bayern-Fans, seinem so geliebten Verein und nicht zuletzt seinem Nachfolger Hainer einen Bärendienst erwiesen. Mehr diplomatisches Geschick bewies hingegen Hainer, der zu Otts Rede meinte: "Ich fand den Auftritt ganz okay." Fans haben eh ein Gespür dafür, welcher Auftritt wirklich peinlich war...