Guardiola: Zwischen Show und Hysterie

Großes Show-Training, riesiger Fan-Ansturm: Die AZ zeigt, wie Pep Guardiolas Start beim FC Bayern abläuft. Ein Marketing-Experte erklärt die Folgen.
von  Florian Bogner

München - Die Luke unten neben dem Rasen öffnet sich langsam. Fans erheben sich von ihren Sitzen, Applaus brandet auf, aus den Lautsprechern ertönt die Hymne, der "Stern des Südens". Dann tritt Pep Guardiola ans Licht.

So oder so ähnlich wird’s wohl passieren, am Mittwoch in acht Tagen, wenn sich der neue Trainer des FC Bayern den eigenen Fans präsentiert.

Schon in sechs Tagen, am Montag, wird der 42-Jährige auf einer Pressekonferenz offiziell vorgestellt. Weil die Bayern zum Trainingsstart aufgrund des Triple-Gewinns und der Strahlkraft Guardiolas, dem mutmaßlich besten Trainer der Welt, mit einem riesigen Fan-Ansturm rechnen, wird Mittwochabend gegen 18 Uhr ein öffentliches Show-Training in der Allianz Arena stattfinden – damit das Trainingsgelände an der Säbener Straße nicht aus allen Nähten platzt.

Wie beim Public Viewing zum Champions-League-Finale in der Arena werden die X-106-Sonderbusse der derzeit gesperrten U6-Linie dann Schwerstarbeit verrichten, mit 30.000 Fans ist zu rechnen. Der FC Bayern ist zum Weltereignis geworden.

"Durch den Jahrhunderterfolg hat es Bayern geschafft, von der gesamten Wahrnehmung her zu Barcelona, Real Madrid und Man United aufzuschließen", sagt Hartmut Zastrow, Gründer des Marktforschungsunternehmens "Sport+Markt" und heute Aufsichtsrat des Nachfolgeunternehmens "Repucom" der AZ: "Bayern wird mit den ganz Großen in einem Atemzug genannt. Man ist auf Augenhöhe."

Offiziell ist der Plan noch nicht, weil letzte Details noch zu klären sind – lediglich die Pressekonferenz ist am Montag um 12 Uhr fest terminiert. Bei all dem Hype um Pep wird auch diese in der Allianz Arena stattfinden. Allein, weil sich in etwa so viele Journalisten angekündigt haben wie sonst nur vor Champions-League-Heimspielen ab dem Viertelfinale aufwärts.

Wenn Guardiola spricht, werden TV-Sender wie "Sky Sport News HD" oder "N24" live auf Sendung sein. Das Gesprochene wird im Raum simultan auf Spanisch beziehungsweise Deutsch übersetzt werden. Die Guardiola-Show!

Schon jetzt ist der Aufwand rund um die Pep-Vorstellung mit dem zu vergleichen, was beim FC Barcelona oder Real Madrid abgeht, wenn Weltstars als Spieler verpflichtet werden. Vergangene Woche jubelten 45.000 Menschen in Barças Stadion Camp Nou dem Brasilianer Neymar zu.

Die perfekte Inszenierung und sozusagen das Vorbild an Bombast und Show lieferte indes Real vor zehn Jahren, am 3. Juli 2003, bei der Vorstellung von David Beckham ab.

Unzählige Fans, 578 Journalisten und 39 Fernsehteams waren dabei, als der Neuzugang von Manchester United zu der von Plácido Domingo gesungenen Real-Hymne aufs Spielfeld des kleinen Real-Stadions am Trainingsgelände schritt.

"Er kommt von Old Trafford, dem Theater der Träume, in die Mannschaft der Träume", sagte Präsident Florentino Perez mit feuchten Augen.

Zehn Jahre später ist die Mannschaft der Träume der FC Bayern. "Die Welt guckt nach München, weil das Gesamtpaket unglaublich interessant ist", sagt Marketing-Experte Zastrow. "Zum einen, weil Pep Guardiola als Typ fasziniert. Während José Mourinho immer ein bisschen schmutzig ist, steht Guardiola fast schon als Philosoph da. Zum anderen, weil alle gespannt sind, ob Guardiola auch einen anderen Klub als Barcelona trainieren kann."

Womit man bei der Kehrseite der Medaille wäre: Die Pep-Manie kann schnell behindernd sein. "Die Erwartungshaltung macht ihm die Arbeit nicht leicht", sagt Zastrow: "Es ist fast schon ein bisschen hysterisch, was passiert." Aber so ist es eben, wenn man oben steht.

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