Guardiola gegen seine große Liebe: „Barça ist mein Leben“

München - Der vielzitierte Fußball-Gott hatte seine Losfee Karl-Heinz Riedle, Champions-League-Sieger 1997 mit Borussia Dortmund, dazu auserkoren, die Kugeln, die an diesem Tag die Bälle waren, um die sich alles drehte, durcheinanderzuwirbeln. Ein Griff – der FC Barcelona! Bayern-Ikone Paul Breitner, der jetzt den staatstragenden Titel Markenbotschafter der Münchner trägt, hatte ein leicht spitzbübisches Lächeln auf den Lippen. Es sollte doch nicht etwa wirklich passieren?
Doch, es sollte! Riedle wurde zur etwas anders gearteten Hand Gottes, griff wieder ins Töpfchen – der FC Bayern! Das kann eigentlich nur Vorsehung, hintergründiger diviner Humor gewesen sein. FC Barcelona – FC Bayern.
„Irgendwo hatte ich es im Gefühl, das sind Geschichten, die nur der Fußball schreibt. Ich Freude mich riesig. Was gibt es Schöneres als großen Fußball? Ich sehe die Chancen bei 50:50“, sagte Sportvorstand Matthias Sammer über die Auslosung.
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Der Weg nach Berlin, zum Finale am 6. Juni, er führt in der Runde der letzten Vier ausgerechnet zu den Katalanen. Das Wiedersehen mit seiner großen Liebe für Pep Guardiola. Der jetzige Bayern-Trainer, der von 1990 bis 2001 für Barça gespielt hat. Der 2008 dann als Trainer die erste Mannschaft mit Superstar und Serien-Weltfußballer Lionel Messi übernahm und den Traditions-Verein zu drei Meistertiteln und zwei Triumphen in der Champions-League (2009 und 2011) führte, muss sich erstmals als Coach seiner „Helden“ (Guardiola über die Bayern-Spieler) mit Barcelona messen.
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Kaum stand der Halbfinal-Hammer, das Wiedersehen mit seinem Ex-Klub fest, griff Guardiola zum Handy. Eine SMS schicken. An die Tochter. Die hatte Papa Pep den Auftrag erteilt, ihr den Gegner schnellstmöglich mitzuteilen. Auftrag erhalten, Auftrag erfüllt – Ehrensache! „Wir spielen gegen Barcelona“, schickte er – die Antwort kam postwendend. „Gut“, schrieb die zwölf Jahre alte Maria aus der Schule zurück, „dann kann ich ja Oma und Opa sehen.“ Die jüngere Tochter interessiert sich noch gar nicht für Fußball. „Die fragt mich immer: ‘Papa, was machst du eigentlich’“, sagte ein sichtlich gut gelaunter Guardiola. Familienausflug und – zusammführung der anderen Art. Dank Losfee Riedle.
Kein Spiel wie jedes andere
„Auf geht’s“, sagte Guardiola laut Sammer, als die Kugel gezogen war. Auf geht’s also zum fröhlichen Kräftemessen in der Belletage des europäischen Fußballs am 6. Mai in Barcelona und dem Rückspiel am 12. Mai dann in der Allianz Arena in München (im zweiten Halbfinale treffen Juventus Turin und Real Madrid aufeinander). Ein Spiel wie jedes andere? Mitnichten! „Ich wusste, dass es früher oder später passieren würde, wenn ich bei einem großen Verein wie Bayern bin“, sagte Guardiola vor dem Rendezvous mit seiner verflossenen Trainerliebe. „Es ist ein besonderes Spiel für mich“, räumte er ein, aber auch „für Thiago, für meinen Trainerstab“. Barcelona, ergänzte er, „ist mein Leben, meine Familie, ich habe da gespielt.“ Und außerdem: „Barcelona ist eine schöne Stadt.“
Eine schöne Stadt – ein toller Verein. Der vor Selbstvertrauen strotzt. „Bei so einer Auslosung denke ich immer, wie wenig Glück derjenige hat, der gegen dieses Barça antreten muss“, sagte deren Trainer Luis Enrique. Gut gebrüllt, Torero! Ein Anflug von Demut zeigte er aber auch: Die Bayern seien wie Barcelona Favoriten auf den Titel und hätten mit seinem Freund Guardiola „den besten Trainer der Welt“. Der muss gegen seinen Ex-Verein, der in den letzten Wochen so extrem wiedererstarkt ist, genau das beweisen. Eine Aufgabe, die den ganzen Pep erfordert – eine Herkulesaufgabe. „Glaubt mir, Barcelona ist die beste Mannschaft der Welt im Moment“, sagt Guardiola, „wenn wir eine Leistung wie in den ersten acht Minuten in Porto zeigen, brauchen wir gar nicht mehr hier antreten.“ Nach acht Minuten hatten die Bayern nach dem bayerischen Doppelbock von Dante und Xabi Alonso bereits 0:2 zurückgelegen.
Und Bayerns-Ehrenpräsident Franz Beckenbauer sagte bei „sky“: „Barcelona ist von seiner Kompaktheit her am stärksten in diesem Wettbewerb. Chancenlos ist der FC Bayern nicht, aber die Favoritenrolle gehört dem FC Barcelona. Wenn Bayern es fertig bringt, zwei solche Spiele wie am vergangenen Dienstag gegen Porto hinzulegen, dann ist auch gegen Barcelona etwas drin.“