Grün-weiße Ränkespiele an der Weser
Es herrschte ausgesprochen gute Laune bei der gestrigen Pressekonferenz im Bremer Weserstadion. Sogar Thomas Schaaf musste einmal herzhaft lachen, als Klaus Allofs einen Scherz machte. Der Cheftrainer und der Vorstandsvorsitzende des SV Werder Bremen gehen voller Vorfreude in den Klassiker beim FC Bayern am Samstag (15.30 Uhr, Sky und Liga total! live). „Wir können uns gegen die beste Mannschaft Deutschlands beweisen“, sagte Schaaf, „wenn wir unsere Überzeugung einbringen und unsere Dinge greifen, wird es ein besonderes Spiel.“
Gleichwohl ist die Bremer Brust auch nicht so breit, dass nun deftige Kampfansagen ertönen. Ungeachtet der jüngsten bayrischen Pleiten insistierte Allofs nämlich: „Wir können uns noch längst nicht mit den Münchnern messen, die haben andere Möglichkeiten als wir.“ Generell ist der Bremer Boss froh, dass Werder wieder als Bayern-Jäger taugt, nachdem im Frühjahr noch Abstiegskampf an der Weser angesagt war. Aber auch dieses Erlebnis habe etwas Gutes: „Zur Entwicklung eines Clubs gehören auch Misserfolge.“ Lust, Leidenschaft, Zusammenhalt und Teamgeist gingen damals verloren – nun sind diese Tugenden wieder geweckt. Zumindest auf dem Platz.
Denn hinter den grün-weißen Kulissen tobt seit Wochen ein Machtkampf, der gar nicht zur sportlichen Renaissance passen will. Um die auslaufenden Verträge der beiden seit 1999 beschäftigten Baumeister Allofs (54) und Schaaf (50) entspinnt sich gerade eine delikate Familienfehde. Mittlerweile gilt längst nicht mehr als sicher, dass Allofs zur weiteren Zusammenarbeit bereit ist. Dabei ist seine Zukunft eng mit der von Schaaf verknüpft, denn Allofs ist für den Trainer der erste Ansprechpartner. Über Allofs wiederum entscheidet allein der sechsköpfige Aufsichtsrat, in dem sein Vorgänger Willi Lemke (65) die prägende Figur darstellt. Dass der frühere SPD-Politiker Lemke und der ehemalige Nationalspieler Allofs nicht auf einer Wellenlänge funken, ist ein offenes Geheimnis.
Eine Schlüsselrolle in den den grün-weißen Ränkespielen nimmt Vereinspräsident Klaus-Dieter Fischer ein, der 70-Jährige ist zugleich bezahltes Mitglied der Geschäftsführung. Ihm wird nachgesagt, eine Koalition mit Lemke zu bilden. Dazu passt, dass der Choleriker Fischer bei der Mitgliederversammlung Anfang des Monats einen Zeitungsartikel zerknüllte, der die Behauptung enthielt, Lemke habe bereits bei Dietmar Beiersdorfer vorgefühlt, um ihn als Sportdirektor zu gewinnen.
Allofs wird das Gefühl nicht los, dass seine Allmacht beschnitten werden soll – ihm werden Transferflops wie Carlos Alberto, überteuerte Einkäufe wie Wesley oder Marko Arnautovic vorgehalten. Lemeke hatte im Sommer geunkt: „Er müsste ein paar schlaue Transfers tätigen.“ Das erste Angebot konnte Allofs denn auch kaum gefallen: Seine Kompetenzen sollen begrenzt, das Fixgehalt zurückgefahren werden. Allofs erklärte kürzlich vielsagend: „Die Chemie muss stimmen. Nur aus Gewohnheit bleibt man nicht ein zwölftes oder 13. Jahr da.“
Lemke drängt auf einen rigiden Sparkurs, denn die jüngst vorgelegte Bilanz (119,9 Millionen Euro Umsatz/ 8,2 Millionen Euro Gewinn) kam nur zustande, weil darin neben den Özil-Millionen auch noch Königsklassen-Einnahmen üppig einflossen. Nun gesteht sogar Allofs: „Wir blicken sorgenvoller auf 2011/2012. Wenn wir keinen internationalen Wettbewerb erreichen, müssen wir sehen, dass wir das finanzieren können.“ Der große Umbruch wäre unvermeidlich. Neben den Arbeitspapieren von ihm und Schaaf laufen am 30. Juni 2012 ja auch die Verträge von 13 Profis aus – darunter jener von Toptorjäger Claudio Pizarro.