Gomez oder Klose: Nur einer kommt durch
Beim Klassiker gegen Holland erhält wieder Italien-Legionär Klose den Vorzug vor Bayerns Toptorjäger Gomez – weil im EM-System von Bundestrainer Löw nur Platz für einen Stürmer ist.
Hamburg -Joachim Löw hatte am Montag ausgesprochen gute Laune. Als ihm zur Mittagszeit im Forschungs- und Entwicklungszentrum eines Hamburger Kosmetikriesen eine Hautcreme mit besten Wünschen für die bevorstehende EM überreicht wurde, hat der Bundestrainer tapfer in die Kameras gelächelt.
Was sollte er auch anderes tun? Löw ist als gut bezahlte TV-Werbefigur beim Unternehmen eingespannt. Und gepflegte Gesichter passen bestens zum strahlenden Antlitz, das der 51-Jährige in seiner fünfjährigen Amtszeit der Nationalmannschaft verpasst hat. In seinem 75. Länderspiel geht es in Hamburg für Löw zum ersten Male gegen die Niederlande (20.45 Uhr, ZDF live), und der Nationaltrainer ist voller Vorfreude. „Ich glaube an eine interessante Partie, die niederländische Denkweise ist fast ausschließlich offensiv.” Genau wie seine eigene. Mittlerweile ist das schwarz-rot-goldene Offensivangebot so reichhaltig, dass sich Luxusprobleme auftun.
Mario Götze und Mario Gomez könnten nicht nur gegen die Niederlande, sondern auch zum Start des EM-Turniers die prominentesten Bankdrücker heißen, wenn Löw auf sein bevorzugtes 4-2-3-1-System setzt, in dem nur Platz für einen Spielmacher (Mesut Özil) und einen Stoßstürmer (Miroslav Klose) ist. Dass der Madrilene Özil heute beginnt, hat Löw klar bekräftigt. Und auch Klose soll nach überstandener Sehnenreizung wohl spielen. „Er ist wieder belastbar”, so Löw, der andeutet, das Experiment mit zwei Stürmern zu verschieben. Die Protagonisten sind da ohnehin skeptisch. Gomez erklärte im „Kicker”: „Ich glaube nicht, dass der Bundestrainer das System umstellt, weil wir beide spielen wollen.”
Zumal Klose und Gomez bei den Bayern nie wirklich im Angriff harmonierten. Der Neu-Römer (33) und Bayerns Tormaschine (26) sind sich viel zu ähnlich. Denn auch wenn Klose einen größeren Aktionsradius hat, bleibt sein Hauptbetätigungsfeld der Strafraum – das Revier von Gomez. „Ich konnte dort lange nicht befreit aufspielen”, sagte der Schwabe, „das ist für einen Fußballer das Schlimmste.”
Wie sehr sein Wert unter Löw gestiegen ist, macht die Kapitänsbinde deutlich, die Gomez in der Ukraine in seinem 50. Länderspiel (21 Tore) tragen durfte. „Ich habe mich durchgeboxt. Das hat mir vor zwei Jahren kaum jemand zugetraut.” Dennoch scheint der 112-fache Nationalspieler Klose, der mit seinen 62 Treffern den Rekord von Gerd Müller jagt, vor ihm zu liegen.
Denn die Entwicklung Kloses in Italien hat viele überrascht. Er sei besorgt gewesen, ob Lazio Rom die richtige Mannschaft wäre, gestand Manager Oliver Bierhoff nun. „Es ist schon beeindruckend, wie er sich integriert hat.” Anders als jener schüchtern wirkende Klose, der bei den Bayern oft so fremdelte. Zoff hat der gebürtige Pole jedoch auch an der Säbener Straße nie gemacht. Wohl auch deshalb verspricht Gomez: „Miro und ich sind Konkurrenten, das bedeutet aber nicht, dass wir uns die Köpfe einschlagen. Es ist ein sportlich fairer Zweikampf, mehr nicht.” Jedoch wird am Ende, wie bei Bayern, nur einer durchkommen. An der Säbener Straße war’s Gomez.