Götterdämmerung

Das 1:2 der Bayern in Bordeaux gibt weitere Aufschlüsse darüber, dass Trainer van Gaal noch keine Kontur gefunden hat. Rummenigge: „Louis weiß, dass wir Erfolg haben müssen“.
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Was wird die Zukunft bringen für den äußerst selbstbewussten, aber noch nicht richtig erfolgreichen „ Prozesstrainer“ Louis van Gaal beim FC Bayern?
Bongarts/Getty Images Was wird die Zukunft bringen für den äußerst selbstbewussten, aber noch nicht richtig erfolgreichen „ Prozesstrainer“ Louis van Gaal beim FC Bayern?

BORDEAUX - Das 1:2 der Bayern in Bordeaux gibt weitere Aufschlüsse darüber, dass Trainer van Gaal noch keine Kontur gefunden hat. Rummenigge: „Louis weiß, dass wir Erfolg haben müssen“.

Für ein Lächeln reicht es immer. Das ist Professionalität, Dienst am Kunden. Vor dem Einchecken in den Lufthansa-Airbus am übersichtlichen Flughafen von Bordeaux stellte sich Louis van Gaal für Fotos mit VIP-Fans zur Verfügung. Bitte lächeln.

Für den Dienst an den Reportern stand der Trainer nicht zur Verfügung, obwohl das am Abend zuvor nach dem 1:2 bei Girondins Bordeaux noch angekündigt worden war. Unmittelbar nach der Partie hatte van Gaal die trübe Champions-League-Bilanz mit einem Sieg, einem Remis und nun der Pleite von Bordeaux mit den Worten zusammengefasst: „Wir haben eine Schlacht verloren, nicht den Krieg."

Es war die dritte Schlacht, die der Holländer seit seinem Amtsantritt im Juli nun schon verloren hat. Ein leichtfertiges 1:2 im August bei Aufsteiger Mainz, ein unglückliches 0:1 im September bei Titelkandidat Hamburger SV und nun ein aufschlussreiches 1:2 beim französischen Meister. „Ich bin ein Prozess-Trainer", pflegt van Gaal zu sagen. Demzufolge stehen die Bayern Ende Oktober noch ganz am Anfang. Ein Schritt vor, zwei zurück.

Platz sechs in der Liga mit sechs Punkten Rückstand auf die Spitze, nur noch Rang drei in der Champions-League-Gruppe. Heißt zur Hälfte der Hinserie: Jürgen Klinsmann, der auch immer „alles in einem Prozess" wähnte, war vor Jahresfrist sogar besser. Welche späte Rehabilitierung: Klinsmann besser als Gott. Rein auf die Fakten bezogen. Freilich hält sich van Gaal für etwas Besseres als den damaligen Vereinstrainernovizen Klinsmann. „Ich bin wie Gott. Ich werde nie krank und ich habe immer recht", soll van Gaal laut „Sport-Bild“ in einer Mannschaftssitzung gesagt haben. Man könnte Ironie dahinter vermuten, man wird sie nicht finden. Vor einer Woche hatte van Gaal gesagt: „Wenn ich jetzt weg wäre, wen sollte Bayern dann verpflichten? Ferguson? Capello? Die sind vielleicht erfolgreicher, aber besetzt." Die Botschaft war: Aktuell gibt es keinen besseren Trainer für Bayern als ihn.

Doch spätestens in Bordeaux hat die Götterdämmerung eingesetzt. Für Präsident Franz Beckenbauer wirkt der Coach „ein klein bisschen ratlos. Er ist noch auf der Suche." Mon Dieu!

Dämmert es den Bossen, dass sie bei der Trainerwahl wieder nicht das Glückslos, den Volltreffer gezogen haben? Egal was passiert in den nächsten Wochen, sie werden nach dem Klinsmann-Desaster länger an van Gaal festhalten – da kann er noch so stur und selbstverliebt auftreten, die Mannschaft und das System verändern oder gar überfordern. Der manchmal schroffe Umgang mit den Stars hat manchen überrascht. Wohlwollend formuliert ist es ein Gewöhnungsprozess – doch wann ist der abgeschlossen?

„Louis van Gaal weiß, dass wir Erfolg haben müssen", sagte Karl-Heinz Rummenigge in Bordeaux. Ein sanfter Wink. Auf seiner Rede zu mitternächtlicher Stunde im noblen Regent Hotel direkt an der Place de la Comédie nahm der Vorstandsboss die Spieler in die Pflicht, klammerte den Coach aus: „Ich würde den Spielern, dringend empfehlen, eine andere Gangart als in der ersten Hälfte einzulegen. Das wird nicht der Erfolgsweg des FC Bayern sein." Manager Uli Hoeneß schwieg: „Keine Kommentar heute." Der Druck steigt. Angstgegner Eintracht Frankfurt fordert die Bayern im Doppelpack, am Samstag daheim in der Liga, am Mittwoch auswärts im DFB-Pokal.

Die Pleite von Bordeaux zeigte zu deutlich, woran es der Mannschaft von Louis van Gaal noch fehlt: an Konturen. Eine Handschrift des Holländers ist noch nicht zu erkennen.

Patrick Strasser

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