Glorreiche Sieben: FC Bayern macht's wie Deutschland

„Ein geschichtsträchtiges Spiel“, sagt Rummenigge nach dem 7:1 beim AS Rom. Mit dem gleichen Ergebnis demütigte Deutschland Gastgeber Brasilien bei der WM. Die AZ zeigt die Parallelen auf.
Rom - Es waren genau 100 Tage. Magie oder Zufall? Exakt 100 Tage lagen zwischen den wohl denkwürdigsten Spielen dieses Jahres für Manuel Neuer, Philipp Lahm, Jérome Boateng und Thomas Müller – mal abgesehen natürlich vom WM-Finale (und davor dem 0:4 der Bayern im Halbfinale der Champions League gegen Real Madrid).
Aber hier soll es nur um die Dolce Vita des Fußballs gehen, das Sagenhafte, das Wunderliche. Das oben genannte Quartett war bei beiden Sensationssiegen des Jahres dabei. Damals, am 8. Juli 2014 in Belo Horizonte, saß WM-Finaltorschütze Mario Götze nur auf der Bank. Am Dienstagabend in Rom fehlten der verletzte Bastian Schweinsteiger und der zu Real Madrid gewechselte Toni Kroos. Das 7:1 in der ewigen Stadt – ein auf alle Zeiten ewiger Bayern-Schlager?
In jedem Fall der höchste Auswärtssieg der Münchner Europapokalhistorie.„Ich würde das Spiel fast geschichtsträchtig nennen. Wenn wir uns in zehn Jahren, wo auch immer, wieder treffen, werden wir uns an diesen Abend erinnern“, prognostizierte Karl-Heinz Rummenigge kurz nach Mitternacht bei seiner Bankett-Ansprache im römischen Nobelhotel „Parco dei Principi“. Rummenigge weiter: „7:1 gegen eine der besten Mannschaften Italiens zu gewinnen, ist ein großes Ereignis, eine große Leistung.“
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Geschichte wird gemacht, der FC Bayern überrollt derzeit seine Gegner mit der Kraft der vier Offensiv-Herzen: Arjen Robben (Doppelpack), Götze, Müller und Robert Lewandowski, die jeweils einen Treffer erzielten. Die eingewechselten Franck Ribéry und Xherdan Shaqiri erhöhten auf 7:1. Perfekt war das „Oktoberfest im Olympiastadion“, wie die „Gazzetta dello Sport“ schrieb.
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Zwei Mal glorreiche sieben Treffer, dennoch waren es zwei ganz unterschiedliche Partien. „Beides tolle Spiele – aber ich habe nicht an das Spiel gegen Brasilien mit der Nationalelf gedacht, sondern einfach an den schönen Abend, den wir hier hatten“, meinte Torhüter Manuel Neuer zufrieden trotz seines ersten Gegentreffers nach 813 Minuten.
Die Magie von Belo Horizonte und der Glanz von Rom. Ein AZ-Vergleich:
Der Spielverlauf: Kurios. Damals wie am Dienstag stand es zur Pause bereits 5:0. Die deutsche Nationalmannschaft führte gegen die Brasilianer nach 29 Minuten mit 5:0 (Müller, Klose, zwei Mal Kroos und Khedira trafen), die Bayern „brauchten“ 36 Minuten. Nach der Pause legten beide Teams ein paar Minuten der Demut und des Mitleids ein.
Während der Ehrentreffer für die Brasilianer erst nach einem Schürrle-Doppelpack ganz zum Schluss durch Oscar fiel, ließ Bayern die Römer auf 1:5 rankommen – eine kurze Auszeit, die Guardiola, der Perfektionist, kritisierte. „In den ersten 20, 25 Minuten der zweiten Halbzeit haben wir nix gut gemacht. Sie hatten drei, vier klare Chancen.“ Und Bayern Neuer.
Die Taktik: Die Italiener schwärmten vom „totalen Fußball der Bayern“. Gleich acht Spieler der Startelf hielten sich einer Statistik nach während der Partie überwiegend jenseits der Mittellinie auf – nur Torwart Neuer, Boateng und Benatia nicht. Fast schon ein waghalsiges 2-4-4-System, mit dem Guardiola („Für mich gibt es kein perfektes Spiel“) überraschte.
Bei der WM hatte Bundestrainer Joachim Löw ähnlich hoch angreifen lassen, jedoch mit Viererkette sowie Doppelsechs Schweinsteiger und Khedira. Davor wirbelten Kroos, Özil, Müller, Klose.
Die Emotionen: Die Brasilianer verstummten vor Erstaunen ob der historischen Schmach, berühmt wurde das Bild eines traurigen Fans, der einer blonden deutschen Anhängerin schon mal symbolisch einen nachgebauten WM-Pokal überreichte. In Rom applaudierten sogar die heißblütigen Roma-Fans den Überirdischen aus Bayern. Als Zeichen der Anerkennung tauschten die Ultras über Zäune hinweg Schals aus.
Nach Brasilien kam für die DFB-Elf die Finalschlacht gegen Argentinien (1:0 nach Verlängerung durch Götzes Erlöser-Tor), auch für die Bayern steht ein Top-Duell an: Sonntag bei Verfolger Borussia Mönchengladbach. Hoffentlich eine echte Herausforderung.