Gift-Gipfel: Auf Wiedersehen - in Wembley!
Müder Belanglos-Kick? Von wegen. Beim 1:1 fliegen zwischen Dortmund und Bayern die Fetzen. Rafinha gegen Klopp, Klopp gegen Sammer, jeder gegen jeden. Am 25. Mai gibt’s den Showdown.
Dortmund - Im Profigeschäft ist es nunmal so: Irgendwann wechselt man die Fronten.
Und so musste sich der Ex-Dortmund-Spieler und -Trainer Matthias Sammer am Samstagabend beim Vorspiel des Champions-League-Finals zwischen Borussia Dortmund und dem FC Bayern (1:1) das anhören, wie Fußballfans solche Menschen seit jeher nennen: „Judas! Judas! Judas!”, hallte es durchs Stadion, weil sich kurz zuvor all der angestaute Druck, all der angestaute Hass in einem giftigen Speichelfädenduell zwischen Sammer und BVB-Trainer Jürgen Klopp entladen hatte.
„Ich war nicht auf der Suche nach neuen Freunden – ich wollte gewinnen”, sagte Klopp. „Es war – wie unter Sportlern normal – emotional. Aber da war Respekt”, sagte Sammer zum Höhepunkt des Dramas in sieben Akten.
Die AZ zeichnet Teil eins des Gift-Gipfels nach:
1. Akt: Neunzig Minuten Vorspiel ohne Anfassen? Das wäre öde gewesen. Zur Sache, Schätzchen, denkt sich Lahm–Ersatz Rafinha und zündelt. Sein Ellenbogenschlag gegen Jakub „Kuba” Blaszczykowski (64.) lässt angestaute Aggressionen hervortreten, bildet den Anstoß des Gift-Gipfels. O’zapft is!
2. Akt: Schiedsrichter Gagelmann entscheidet zur Verwunderung aller auf Freistoß für Bayern. Rafinha wälzt sich am Boden, Blaszczykowski auch. Andere Spieler eilen dazu, schubsen sich, belagern Gagelmann. Rudel! Manuel Neuer sagt: „Für mich war das ein Foul an Rafinha!” Sebastian Kehl sieht’s anders: „Rafinha hatte Glück, dass er nicht Rot bekommt.” Doch erstmal sieht Blaszczykowski Gelb – das Stadion tobt!
3. Akt: Rafinha gibt den Unschuldigen, lässt sich von Ersatzspieler Thomas Müller anführen. Gagelmann bespricht sich mit seinem Linienrichter – und zeigt dann Rafinha, der erst zwei Minuten zuvor verwarnt wurde, Gelb-Rot.
4. Akt: Rafinha bohrt beim Rausgehen Blaszczykowski den rechten Zeigefinger in die linke Wange. Wenn schon, denn schon! Man tauscht Nettigkeiten aus. Blaszczykowski blickt genervt zu Gagelmann.
5. Akt: Klopp geht fast aus seiner Coaching-Zone raus, weist Rafinha den Weg Richtung Ausgang. „Ich habe ihm gesagt, dass er die Finger von Kuba lassen soll.” Rafinha antwortet gestenreich.
6. Akt: Sammer mischt sich ein, es wird „ein bisschen nah”: „Ich wollte, dass er unseren Spieler in Ruhe lässt.” Es folgt ein Streitgespräch von Angesicht zu Angesicht. „Unter Löwenmüttern geht's halt härter zu”, sagt Klopp. „Er hat noch mehr gesagt, das habe ich nicht verstanden – also bin ich näher hin.” Dass das Wort „Arschloch” gefallen sein soll? Klopp fragt zurück: „Wieso, waren Lippenleser anwesend?” Eher: Halt die Klappe! „Ich wollte einen Schlussstrich ziehen. Dann habe ich gesagt, was man so sagt.” Gagelmann schlichtet. „Wir haben uns auf Anweisung die Hand gegeben”, erzählt Klopp. „Und jetzt geht's weiter!”
7. Akt: Alles bereit für Wembley! Kurz nach Abpfiff singt das Stadion „Finale, oh-ho!” Sammer läuft in die Kabine, meint über die Dortmunder und die Unparteiischen: „Mit 14 Mann 1:1, Hut ab!” Bayern-Trainer Jupp Heynckes: „Die zwei haben weitergeführt, was auf dem Spielfeld stattgefunden hat… Ich denke, man sollte Ruhe und Gelassenheit bewahren.” Klopp: „Man kann das nicht gleichmütig hinnehmen – außer man heißt Jupp Heynckes und ist 20 Jahre vorne dran. Sollte mich mit Ende 60 jemand erwischen und ich mach’ noch so Zeug, hätte ich nicht alle Latten am Zaun.” Klopp ist ja erst 45. Auf Wiedersehen – in Wembley!