Interview

"Gewissermaßen beeindruckend": Söder berichtet von nörgelndem Ex-Profi des FC Bayern in der Staatskanzlei

125 Jahre FC Bayern: In Teil des 2 des großen AZ-Interviews mit Markus Söder packt der Ministerpräsident über einen ehemaligen Bayern-Profi aus, der ihn bei einem Empfang in der Staatskanzlei negativ beeindruckt hat.
von  Krischan Kaufmann, Maximilian Koch, Patrick Strasser
Zwei Oberhäupter unter sich: Ministerpräsident Markus Söder und FC-Bayern-Präsident Herbert Hainer.
Zwei Oberhäupter unter sich: Ministerpräsident Markus Söder und FC-Bayern-Präsident Herbert Hainer. © IMAGO

Wie fiebert denn der Fußball-Fan Markus Söder im Stadion oder vor dem TV mit – eher landesväterlich und staatsmännisch zurückhaltend oder doch wie einer der berühmten über 80 Millionen Bundestrainer?
Aufmerksam und engagiert wie so ziemlich alle Fans – und wie gesagt: leidensfähig. Ich habe schon vieles gesehen und erlebt, aber manche Momente tun einfach immer noch weh. Das Finale dahoam zum Beispiel zwischen dem FC Bayern und Chelsea. Da fiebert man mit, fühlt mit und ärgert sich mit. Als Club-Fan hat sich vor allem das Pokalfinale 1982 gegen den FC Bayern eingebrannt: Der Club führte als Außenseiter schon 2:0 und verlor noch 2:4. Ein Tor damals hat Dieter Hoeneß geschossen mit einem "Turban" auf dem Kopf, weil er sich an der Stirn verletzt hatte.

Markus Söder über FC Bayern München: "Schade, dass es mit Kahn und Salihamidzic nicht geklappt hat"

An herausragenden Persönlichkeiten hat es an der Säbener Straße nie gemangelt. Von Franz Beckenbauer über Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge bis zu heute Herbert Hainer und Jan-Christian Dreesen – welchen Bayern-Boss hätten Sie gerne mal in Ihrem Kabinett gesehen?
Die große Stärke des FC Bayern ist die klare Führungsstruktur, die Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge perfektioniert haben. Sie haben ihre unterschiedlichen Temperamente mit großer Professionalität kombiniert und sich und den Verein dadurch gegenseitig gestärkt. Der Übergang nach einer solchen Ära ist danach nie einfach, denn Patriarchen hinterlassen große Lücken. Es ist schade, dass es mit Oliver Kahn und Hasan Salihamidzic nicht geklappt hat. Aber jetzt wächst im Verein aus innerer Ruhe neue Stärke.

Und welchen Bayern-Boss hätten Sie nun gerne für die CSU abgeworben? 
Schwer zu sagen. Erfahrungsgemäß akzeptiert die CSU ja Doppelspitzen nicht sehr lange (lacht).

Sprach sich bei der Trauerfeier für Franz Beckenbauer gegen die AfD aus: Bayern-Ehrenpräsident Uli Hoeneß.
Sprach sich bei der Trauerfeier für Franz Beckenbauer gegen die AfD aus: Bayern-Ehrenpräsident Uli Hoeneß. © IMAGO

"Der FC Bayern ist ein Sportverein und keine Partei"

Umgekehrt äußert sich der FC Bayern immer wieder auch zu gesellschaftlichen Themen. Zum Beispiel hat Uli Hoeneß auf der Trauerfeier für Franz Beckenbauer im vergangenen Jahr eine flammende und sehr persönliche Rede gegen die AfD gehalten. Aus Sicht des bayerischen Ministerpräsidenten: Darf Uli Hoeneß das, soll er das oder muss er das sogar?
Die Vereinsgeschichte stattet den FC Bayern mit einer hohen moralischen Autorität aus. Der langjährige Präsident Kurt Landauer war jüdischen Glaubens und wurde 1933 von den Nazis abgesetzt. Allein deshalb ist es politisch und ethisch richtig, dass der FC Bayern klar Stellung bezieht gegen Hass, Rassismus und Antisemitismus. Die Gräuel des Nationalsozialismus dürfen sich nie wiederholen – und die AfD-Führung ist in weiten Teilen rechtsextrem und ein Feind der Demokratie.

Mittlerweile haben allerdings auch die Genossen das Mia-san-Mia für sich entdeckt. SPD-Boss Lars Klingbeil wurde sogar in den Verwaltungsbeirat des FC Bayern berufen. Das kann Ihnen und der CSU nicht gefallen.
Der FC Bayern ist ein Sportverein und keine Partei. Hier ist jeder willkommen. Der Münchner Oberbürgermeister von der SPD ist ja auch ein Anhänger des FC Bayern. Und wer kann es Lars Klingbeil verübeln, dass man als Niedersachse auch mal guten Fußball sehen will? Ich habe dafür jedenfalls vollstes Verständnis. (lacht) In seiner Partei hat er sonst ja gerade auch nicht allzu viel Grund zur Freude.

SPD-Boss Lars Klingbeil wurde in den Verwaltungsbeirat des FC Bayern berufen (Symbolbild).
SPD-Boss Lars Klingbeil wurde in den Verwaltungsbeirat des FC Bayern berufen (Symbolbild). © Andreas Arnold/dpa

Edmund Stoiber, einer Ihrer Vorgänger als bayerischer Ministerpräsident, ist schon seit vielen Jahren beim FC Bayern im Aufsichtsrat. Können Sie sich so ein Amt an der Säbener Straße auch einmal vorstellen?
Ich bin dem FC Bayern sehr verbunden, aber meine Fußball-Heimat ist und bleibt der 1. FC Nürnberg. In der legendären Zeit rund um den Pokalsieg 2007 war ich dort im Aufsichtsrat. Es war eine schöne Zeit, aber sie ist vorbei. Im Fußballgeschäft wird außerdem die Sensibilität immer größer – manchmal sogar größer als in der Politik. Das merken Sie nach Gesprächen wie diesem oder dem Besuch einer Fußball-Talkshow. Da gibt es danach eine Flut von SMS: Wie meinten Sie das? Was haben Sie da genau gesagt? Ich möchte die Freiheit behalten, Fußball als Fan anschauen und darüber reden zu können.

"Gewissermaßen beeindruckend": Bayern-Talent beschwerte sich über Treppen in Staatskanzlei

Kritik am FC Bayern gilt im Freistaat eigentlich als Sakrileg, dennoch haben Sie kürzlich in einer Fußball-Talkshow Leroy Sané angezählt und den FCB-Verantwortlichen empfohlen, nicht mit dem Nationalspieler zu verlängern.
Das war keine Kritik, sondern eine Beobachtung. Und das Offenkundige dürfen Fans doch ansprechen. Leroy Sané ist ein guter Typ und ein begnadeter Fußballer. Mit 29 Jahren ist er aber kein Talent mehr, sondern spielt auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Nur das habe ich beschrieben. Mein Fan-Herz hält mich manchmal ohnehin sogar zurück, da gäbe es ganz andere Beispiele. Möchten Sie eines?

Söder hat den FCB-Verantwortlichen empfohlen, nicht mit dem Nationalspieler Leroy Sané zu verlängern.
Söder hat den FCB-Verantwortlichen empfohlen, nicht mit dem Nationalspieler Leroy Sané zu verlängern. © Sven Hoppe/dpa

Gerne.
Wir hatten einen Empfang für den FC Bayern hier in der Staatskanzlei und die Mannschaft hat die Treppe genommen. Für die meisten kein Problem – aber einer hat sich beschwert. Es war gewissermaßen beeindruckend, dass ein junger fitter Sportler solche Schwierigkeiten mit dem Treppensteigen hat. Übrigens, damit nicht wieder Gerüchte aufkommen: Dieser Spieler ist nicht mehr im Verein.

Während Sie Sané kritisch sehen, haben Sie sich schon vor längerer Zeit für einen neuen Vertrag für Joshua Kimmich ausgesprochen. Was macht für Sie einen Führungsspieler beim FC Bayern aus?
Oliver Kahn hat mal einen recht plastischen Satz über das Selbstvertrauen und die Führungsqualitäten von Spielern gesagt. Sie erinnern sich? Joshua Kimmich nimmt gerade in schwierigen Zeiten das Herz in die Hand und packt an. Diese Führungsstärke hatte auch Franz Beckenbauer, die größte Legende im deutschen Fußball. Er hat die WM 1974 mit dieser Mentalität für uns gerettet. Genauso Lothar Matthäus, Stefan Effenberg, Manuel Neuer und Thomas Müller: Auf Spieler wie sie kannst du dich einfach verlassen. Joshua Kimmich gehört in diese Reihe. Er geht voran und zieht die Mannschaft mit.

Ministerpräsident Markus Söder bringt Thomas Müller als Vize-Präsident des FC Bayern ins Gespräch.
Ministerpräsident Markus Söder bringt Thomas Müller als Vize-Präsident des FC Bayern ins Gespräch. © IMAGO

"Thomas Müller spricht die Sprache der Fans –warum nicht künftig als Vize im Präsidium?"

Sportlern wie Politikern fällt es schwer, den richtigen Zeitpunkt für den Rücktritt zu finden. Manuel Neuer und Thomas Müller sind bereits im Spätherbst ihrer Karrieren. Was würden sie den beiden für die Zukunft raten?
Sie sind großartige Persönlichkeiten und haben eine der erfolgreichsten Zeiten des FC Bayern geprägt. Sie brauchen bestimmt keinen Rat von außen. Einen Vorteil hat die Politik allerdings im Vergleich zum Fußball: In unserem Geschäft werden viele mit dem Alter eher besser. Im Ernst: Über den Zeitpunkt des Aufhörens müssen die beiden selbst entscheiden. Egal, wann das ist: Ich kann mir beide auch nach der aktiven Karriere sehr gut im Verein vorstellen.

Was macht einen Thomas Müller denn so besonders?
Er hat die Entertainer-Qualitäten eines Sepp Maier, ist eloquent und durchsetzungsfähig und trägt dieses spezielle Bayern-Gen in sich. Er ist eine absolute Identifikationsfigur. Thomas Müller spricht die Sprache der Fans. Warum nicht künftig zum Beispiel als Vize im Präsidium? Eine Jahreshauptversammlung braucht Seele und Herz. Thomas Müller hat Herz und Mentalität in Hülle und Fülle. Und ein Witz kann oftmals mehr erreichen als eine gute Zahl allein.

Dann als Abschlussfrage: Was kann die CSU vom FC Bayern lernen?
Das Fußballspielen. Andererseits: Wir liegen schon länger konstant an der Spitze als die Bayern. (lacht)

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