Genie + Risiko = Manuel Neuer

Mit einer abermals fahrlässigen Aktion verursacht Bayerns Torwart zunächst fast den Rückstand – und hält später beim Boateng-Patzer den Sieg fest. Bayern-Präsident Uli Hoeneß sagte: „In der Addition profitieren wir davon.“
München - Abgewehrt, mit einem ersten Antwort-Reflex. „Haben Sie sich über die 21. Minute geärgert?“, wurde Bayern-Torhüter Manuel Neuer nach dem 2:1 gegen Hannover 96 von einem TV-Reporter gefragt. „Nein, gar nicht“, antwortete Neuer, „ich habe ja kein Tor kassiert.“ So kann man’s auch sehen.
Es stand noch 0:0, als Neuer den Ball leichtfertig im eigenen Strafraum an Mame Diouf verlor. Holger Badstuber, Luiz Gustavo und David Alaba mussten im Strafraumchaos als Retter in höchster Not einspringen. Gefahr gebannt. Peinlichkeit verhindert.
„Wenn man so riskant spielt, ist das manchmal drin bei seiner relativ offensiven Spielweise“, meinte Präsident Uli Hoeneß über den Fauxpas des Keepers mit dem Hang zu strafraumexternen Ausflügen, „deswegen wird es immer wieder ein Problem geben, aber in der Addition profitieren wir mehr davon.“ Na, dann. Ein bisschen Wahnsinn ist eben stets inklusive bei Torhütern.
Gepaart mit guten Taten. Erst Wahnsinn, dann Genie. Nach dem Anschlusstreffer zum 2:1 von Ya Konan per Fallrückzieher (74.) rettete Neuer die drei Punkte mit einem „Super-Reflex“, wie Sportdirektor Christian Nerlinger schwärmte. Die Szene in der 85. Minute schilderte der Nationaltorhüter selbst so: „Das war ein Ball, womit du normalerweise nicht immer rechnest, dass er aufs Tor kommt, weil Jérome eigentlich die Bälle auch immer richtig trifft. Ich war aber zum Glück hellwach und konzentriert“ Es war ein strammer Volleyschuss, den Boateng losgelassen hatte Richtung Kreuzeck, daher lobte Hoeneß: „Diesen Rückwärtspass halten auch nicht viele.“ Also klatschte Boateng nach Spielschluss innig mit Neuer ab („Jérome hat sich bei mir bedankt“).
Was für eine Woche für Neuer. Erst der Held im Elfmeterschießen in Mönchengladbach, als er dem FC Bayern mit seiner Parade gegen Nordtveit den Finaleinzug im DFB-Pokal sicherte, dann die kuriose Partie gegen Hannover. Besonders gefreut haben dürften Neuer die Sprechchöre der Bayern-Fans im Borussia-Park und der herzliche Empfang in der Allianz Arena.
Während man in den letzten Wochen bei Bayern damit beschäftigt war, bei Toren und Torschützen den Überblick zu bewahren, hatte Neuer einen eher ruhigeren Job. Unglücklich war es für ihn, dass er seine beste Rückrundenleistung vor drei Wochen in Leverkusen durch eine unterlaufene Flanke, die zum 0:1 führte, wieder kaputt gemacht hatte. Eben Genie und Wahnsinn. Gegen Gladbach (0:1) und in Gladbach (1:3) hatte er beim jeweils ersten Spiel von Hin- und Rückrunde gepatzt.
Selbst sein größter Fan Jupp Heynckes hat ihn wegen seiner Risiko-Ausflüge schon kritisiert: „Er müsste etwas ruhiger machen, etwas bedächtiger, etwas konzentrierter, einfach Tempo rausnehmen.“ Dennoch: 18 Gegentore in 27 Ligaspielen ist eine mehr als solide Bilanz, alle drei Titel sind noch möglich.
Für den Ex-Schalker steigt das große Match am 11. April: „Wir freuen uns schon tierisch auf das Spiel gegen Dortmund.