Gegen Borissow: Der wahre Mario ist zurück

Gomez trifft nach langer Verletzungspause in der Champions League wieder – und bildet mit Shaqiri ein höchst erfolgreiches Gespann.
von  Patrick Strasser

Gomez trifft nach langer Verletzungspause in der Champions League wieder – und bildet mit Shaqiri ein höchst erfolgreiches Gespann.

München - Allianz Arena, Champions League, Mario Gomez – das letzte Bild, das einem da in den Sinn kommt, ist jenes, wie der Bayern-Stürmer nach dem Elfmeterschießen an jenem 19. Mai auf dem Rasen liegt und einfach nur vor sich hinstarrt. Leer, fassungslos. Wenige Minuten zuvor hatte er den zweiten der Bayern-Elfer verwandelt, 3:1 stand es da gegen Chelsea. Na ja, der Rest ist bekannt.

Gestern Abend waren 22 Minuten gegen Bate Borissow gespielt, Gomez kam zum ersten Mal zum Einsatz im heimischen Stadion in der Champions League nach seiner langwierigen Verletzung. Xherdan Shaqiri, der Ribéry-Ersatz, brachte vom linken Flügel eine scharfe, flache Hereingabe. Mittelstürmer-Position, Mittelstürmer-Tor. Gomez, 1:0. Der Treffer zeigte: Der Mann hat wieder Vertrauen in seinen Körper. Ein Sprint, ein langer Schritt. Er geht wieder da hin, wo’s gut tut. Ganz cool nahm der 27-Jährige den Treffer hin, abgeklärt. Der Statistik nach hätte er mindestens einen Mini-Torero-Jubel, wie sonst so oft, zeigen müssen. Es war sein 21. Tor in den letzten 20 Champions-League-Spielen, insgesamt steht er bei der Quote 25 aus 39. Enorm.

Im Wissen um diese Bilanz kann man dieser Tage einen ganz gelasseneren Mario Gomez beobachten. Einen, der in sich ruht, der die Dinge in lässiger Selbstverständlichkeit angeht. Und das trotz seiner 14-wöchigen Verletzungspause. Und das obwohl der Bayern-Stürmer seitdem erst ein Spiel von Beginn an gemacht hat und dreimal eingewechselt wurde. Gegen die Weißrussen wirkte er gestern Abend spielfreudig, spritzig, um jeden Ball sprintend. Die Vorlage zu Shaqiris 3:0 per Kopf (65.) war der Dank für das 1:0 – ein erfolgreiches Gespann. Selten hat man solch eine perfekte Flanke von Gomez gesehen – mit links.

Dabei hätte man meinen können, dieses zurückliegende halbe Jahr nach der EM (drei Treffer, trotzdem Schmäh-Kritik von Mehmet Scholl und das Halbfinal-Aus gegen Italien) wäre für ihn schwerer zu verdauen gewesen. Damals konnte er noch nicht ahnen, was die neue Saison, speziell der August, bringen würde. Mit drei Vize-Erlebnissen im Verein auf den Schultern ging es in die Vorbereitung. Dann traf ihn Uli Hoeneß, mit voller Wucht. Der Präsident unkte, immer noch gepeinigt vom „Drama dahoam“ gegen Chelsea: „Mario Gomez ist gut, aber nicht sehr gut.“ Seine Schlussfolgerung: „Wäre er sehr gut, hätten wir die Champions League gewonnen.“ Das traf ihn. Mehr noch als die Verletzung kurz darauf, die eine Operation am Sprunggelenk erforderte. Im Rückblick sagte Gomez nun der „SZ“: „Da hat mit Uli Hoeneß natürlich einen schönen Stein hingeworfen mit seiner Aussage.“ Seine Erkenntnis war, obwohl er die Botschaft verstanden habe: „Am Ende kam es so rüber, als sei ich schuld an der Niederlage (Chelsea, d.Red.), das fand ich sehr unglücklich, und das habe ich Herrn Hoeneß auch gesagt.“ Die Sache ist ausgeräumt, in einem guten, langen Gespräch.

Die Verletzung, seine erste mit solch langer Reha-Zeit, die Verpflichtung der Konkurrenz-Stürmer Mario Mandzukic (gestern nur Bankdrücker) und Claudio Pizarro (fehlte wegen Erkältung), plus der Zwist mit Scholl und die Attacke von Hoeneß – das alles hat Gomez abgehärtet. Wohlwollend hat er registriert, wie sehr die Fans ihn, den einst ungeliebten Schwaben, nach seinem Comeback stets gefeiert haben. Man spürte: Der wahre Mario kehrt zurück.

Für den anderen Mario, für Mandzukic, wird es schwer. Er hat keine Lobby bei den Fans, trotz seiner neun Tore auf dem Konto. Trainer Jupp Heynckes wird sich überlegen, wen er am Samstag beim FC Augsburg (15.30 Uhr) bringt: Mario I oder Mario II? Gomez’ Trend geht nach oben. Er weiß: „Ich muss nichts mehr beweisen, die Leute hier wissen ja, was ich kann.“ So ist es.

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