Geduldsprobe beim FC Bayern

Louis van Gaal hat Probleme. Das größte: Franck Ribéry.Der Franzose wird nicht fit bis zum Saisonstart. „Die Situation ist sehr schwierig“, sagt der Trainer des FC Bayern – und plant mit Bastian Schweinsteiger als Alternative.
DONAUESCHINGEN An den Laufschuhen sind sie zu erkennen: die Problemfälle. So ist das im Fußball. Wo trainiert wird, hört man das Geklapper der Stollen. Wer Laufschuhe trägt, ist gehandicapt. Franck Ribéry und Luca Toni joggten am Vormittag eine lockere Runde rund um den Golfplatz des Hotels „Öschberghof“ in Donaueschingen. An ihrer Seite Fitness-Coach Thomas Wilhelmi.
Sie liefen vorbei am Trainingsplatz, Ribéry und Toni schauten herüber. Dorthin, wo der Rest der Mannschaft unter Louis van Gaal Passspiele studiert und den Kampf um die Stammplätze fortsetzt. Das Duo ist außen vor. Und es macht dem Coach Sorgen.
Da ist die zerstückelte Vorbereitung mit den vielen Testspielen – wie die vor van Gaals Amtszeit ausgemachte und wenig erkenntnisreiche Partie bei den viertklassigen Stuttgarter Kickers (10:0). Dazu kommt der übervolle Kader, der dem Holländer die gezielte Arbeit erschwert; der Borowski-Transfer (s. rechts) war allenfalls ein Anfang. Und drittens: die Reha-Patienten.
„Die ersten zwei Monate werden sehr schwer“, sagte van Gaal. „Ich hoffe auf viele Siege und keine weiteren Verletzungen.“ Er hat ja schon genug Sorgen. Wie lange ein Spieler nach dem Urlaub oder einer Verletzung brauche, um komplett fit zu werden, wurde van Gaal gefragt. Die Antwort: „Drei Wochen.“
Am weitesten ist da noch Bastian Schweinsteiger, der schon wieder im Mannschaftskreis trainiert. „Im Moment könnte er 20 Minuten spielen“, sagte van Gaal, der viel hält vom Oberaudorfer. „Er ist ein wichtiger Spieler für den FC Bayern, wir müssen ihm bald Spielminuten geben.“
Weil die Testkandidaten Sosa, Baumjohann und Müller nicht haben beeindrucken können, will der Coach Schweinsteiger als Alternative aufbauen zu Ribéry, dem größten Problemfall. Der Franzose laboriert weiter an seiner Patellasehnenentzüdnung im Knie, die „chronisch werden kann“ (Sportdirektor Christian Nerlinger). Am 1. Juli war Trainingsauftakt. Seitdem hat Ribéry nur eine Handvoll Trainingseinheiten mit dem Team bestritten, zwei Mal musste er vorzeitig abbrechen.
Ribéry gerät zum Rätsel: Wie schlimm ist seine Verletzung wirklich? „Er arbeitet im Kraftbereich sehr gut, aber die Situation ist sehr schwierig“, sagte van Gaal, „und nicht absehbar und schwer einzuschätzen, wann er wieder mit uns trainieren kann. Das weiß nur der Arzt.“ Eine Prognose, wann Ribéry zur Mannschaft stößt und spielfit ist, will niemand abgeben. Van Gaal: „Man muss den richtigen Zeitpunkt finden, wann er das Knie wieder belasten kann. Mit der Verletzung müssen wir sehr vorsichtig umgehen.“
In 16 Tagen starten die Bayern in Hoffenheim in die Saison. Mittlerweile ist es sehr unrealistisch, dass Ribéry dann mit dabei ist. Sein Wechsel zu Real Madrid hat sich erledigt, seine Rückkehr auf den Platz aber ist ungewiss. Und Luca Toni? Er leidet wie letztes Jahr unter Achillesehnenbeschwerden. „Ich weiß nicht, wann seine Schmerzen aufhören“, sagte van Gaal. Auch mit ihm kann er nicht planen. Der Trainer muss improvisieren.
Womöglich noch bis Ende August, die Champions League beginnt ja auch erst Mitte September. Doch van Gaal lacht und sagt im Stile eines Onkels, der seinen Neffen gern mal eine Lebensweisheit mit auf den Weg gibt: „Jeder Nachteil hat auch einen Vorteil.“ Das Zitat war geklaut. Er verrät auch von wem: „Das ist von Johan Cruyff.“ Man lernt nie aus.
Patrick Strasser