Für Holger!" Pechvogel Badstuber kämpft um seine Karriere
Holger Badstuber hat erneut das Endspiel in der Champions League verpasst. Doch dem Verteidiger droht noch größeres Ungemach.
München - Es gibt viele Orte, von denen aus man ein Endspiel der Champions League anschauen kann. Kneipe, eigenes Wohnzimmer, Fanmeile. Am besten, klar, ist es im Stadion, doch nur wenige hatten das Glück, für das Gigantenduell am Samstagabend in Wembley zwischen Borussia Dortmund und Bayern München eine Karte ergattern zu können.
Einer, der dabei gewesen wäre, sogar unten auf dem Platz, war beim Zusehen an einen sehr ungemütlichen Ort gebunden: Als Schiedsrichter Nicola Rizzoli das „German Endspiel“ anpfiff, saß Holger Badstuber in Vail im US-Bundesstaat Colorado in seinem Krankenbett. Der Bayern-Profi war neben dem Dortmunder Mario Götze, der wegen einer Oberschenkelblessur ausfiel, die tragische Figur des Finales, noch ehe das überhaupt gespielt war.
Er musste in der Endspielwoche erneut am rechten Knie operiert werden. Der 24-Jährige, seit seinem Kreuzbandriss am 1. Dezember beim 1:1 gegen Dortmund außer Gefecht, verpasste so bereits zum zweiten Mal in seiner jungen Karriere das Finale in Europas größtem Vereinswettbewerb. 2012 war er gesperrt.
Und während seine Kollegen in London mit der Borussia um Europas Fußball-Krone rangen, musste sich Badstuber in den USA die unbequeme Frage stellen, ob er jemals wieder die Chance haben würde, an diesem Endspiel teilzunehmen. Zwar beeilte sich der FC Bayern zu betonen, dass die Karriere des gebürtigen Allgäuers nicht gefährdet sei. Doch wer weiß das schon? Die Ausfallzeit bezifferte der Verein auf zehn Monate, Badstuber würde fast die komplette kommende Saison fehlen. Er braucht ein neues Kreuzband. Das kann allerdings erst eingesetzt werden, wenn die Bohrlöcher der ersten OP zugewachsen sind. Badstuber, sagen die, die ihn näher kennen, ist ein sensibler, ein nachdenklicher Typ und selbst sein oberster Kritiker.
Seinen Zivildienst absolvierte Badstuber an der Bayerischen Landesschule für Körperbehinderte, wo er schwerste Schicksale kennenlernte. Der für ihn persönlich härteste Schlag war der viel zu frühe Krebstod seines Vaters im Frühjahr 2009. Er kämpfte sich durch diese schwere Zeit hindurch. Eine Teilnahme an der WM 2014 in Brasilien, das zumindest steht fest, wird für Badstuber ein Wettlauf mit der Zeit. Bundestrainer Joachim Löw versuchte, ihn am Freitag aufzumuntern. Er wünsche dem Verletzten „natürlich, dass er möglichst bald wieder einsatzfähig ist“, sagte Löw in Miami. Doch er betonte auch: „Wir haben auf dieser Position einige Möglichkeiten. Wir werden eine Lösung finden.“ Eine Lösung ohne Badstuber. So weit wollen die Bayern angeblich noch nicht denken.
In Jan Kirchhoff (FSV Mainz 05) haben sie für die kommende Spielzeit schon einen Verteidiger unter Vertrag genommen. Badstubers Ausfall, sagte Sportvorstand Matthias Sammer, mache keinesfalls einen weiteren Transfer notwendig. Stattdessen versicherte der Klub Badstuber seine Solidarität. Zu den Pressekonferenzen in der Final-Woche erschienen Spieler wie Bastian Schweinsteiger und Franck Ribery mit Shirts oder Pullovern, auf die die 28 aufgedruckt war, Badstubers Trikotnummer. „Holger ist ja zur Zeit nicht da, deshalb ist der Pullover da“, sagte Schweinsteiger dazu.
Außerdem schickte ihm der FC Bayern das rote Endspiel-Trikot über den „großen Teich“, das er hätte tragen sollen. 'Für Holger!" Unter diesem Motto stand das Finale für einige Bayern. „Was Holger passiert ist, ist eine sehr harte Nummer“, sagte Schweinsteiger. Er schien ehrlich berührt vom Schicksal des Kollegen, den er einen „sehr guten Fußballer und Menschen“ nannte. Badstuber bedankte sich via twitter. Ein Foto zeigte ihn im grauen Kapuzenpulli mit rotem Aufdruck „Vail“. Er lächelte.