Fünf vor Zwölf: Die Gaal-Bayern schlechter als die Klinsi-Bayern

BORDEAUX - Es war fünf Minuten vor Zwölf, als Karl-Heinz Rummenigge nach dem schwächsten Start in die Königsklasse seit sieben Jahren der Kragen platzte.
„Ich würde euch dringend empfehlen, eine andere Gangart einzulegen. Das wird nicht der Erfolgsweg des FC Bayern sein“, sagte der Vorstandsboss beim Bankett zu mitternächtlicher Stunde im noblen Regent Hotel von Bordeaux in Richtung der Spieler.
Diese an Klarheit nicht zu überbietende Ansage wurde bei „Seeteufel Bordelaise“ und „Rinderfilet Maitre de Chai“ mit Beifall der enttäuschten Sponsoren bedacht. Nach dem bitteren 1:2 (1:2) beim französischen Champion Girondins Bordeaux ist der in der Bundesliga auf Platz sechs abgeschlagene Rekordmeister auch in der Champions League als Gruppendritter schwer unter Druck geraten. Die Gesamtbilanz von Trainer Louis van Gaal ist bei Halbzeit der Hinserie noch schlechter als die von seinem später gefeuerten Vorgänger Jürgen Klinsmann vor einem Jahr.
Rummenigge sagte zu diesem Thema bei der wenig erbaulichen Frankreich-Reise nur, dass „Louis van Gaal weiß, dass wir Erfolg haben müssen“. Fest steht, dass die Botschaft des arroganten Disziplinfanatikers (`Wenn ich jetzt weg wäre, wen sollte Bayern dann verpflichten? Ferguson? Capello? Die sind vielleicht erfolgreicher, aber besetzt") nach fünf Monaten noch nicht bei der Mannschaft angekommen ist.
Für Präsident Franz Beckenbauer („Das Spiel ist für uns saublöd gelaufen“) wirkt der Coach sogar „ein klein bisschen ratlos. Er ist noch auf der Suche.“ Dies unterstrich auch van Gaal selbst, der auf die Frage, wie er sein Team ändern könne, gereizt antwortete: „Wenn ich das wüsste.“
Sein Team liegt mit vier Zählern auf Platz drei hinter Bordeaux (7) und Juventus Turin (5), das Pflichtziel Achtelfinale ist akut in Gefahr. Eine schlechtere Start-Bilanz in den ersten drei Vorrunden-Spielen der Königsklasse hatte es zuletzt 2002 mit nur einem Punkt gegeben, damals folgte das Aus.
Klinsmann hatte im Vorjahr zu diesem Zeitpunkt mit sieben Punkten das Achtelfinal-Ticket schon fast in der Tasche. Van Gaal bleibt mit Blick auf das anstehende Endspiel gegen Bordeaux am 3. November jedoch optimistisch: „Wir haben ein Spiel verloren, aber nicht den Krieg.“
Die Personalsituation wird freilich immer angespannter, denn Müller und van Buyten werden beim Rückspiel gegen die Franzosen gesperrt fehlen. Zudem räumte van Gaal ein, dass der an Patellasehnenproblemen leidende Superstar Franck Ribery möglicherweise noch bis Ende November ausfallen könnte. Rummenigge akzeptiert das aber nicht als Entschuldigung und erwartet beim Bundesliga-Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt am Samstag die Wende: „Dazu bedarf es aber einer besseren und engagierteren Leistung als in Bordeaux.“