AZ-Interview mit Bayern-Mittelfeldspielerin Georgia Stanway: "Barcelona ist praktisch in einer eigenen Liga"
AZ-Interview mit Georgia Stanway: Die 23-jährige Mittelfeldspielerin wechselte im Sommer von Manchester City zum FC Bayern. Seit 2018 spielte sie für England. Sie hat in 43 Länderspielen 14 Tore erzielt und 2022 im Finale gegen Deutschland den EM-Titel geholt.
AZ: Frau Stanway, Ihr Coach Alexander Straus trainiert mit den Bayern-Frauen ausgesprochen lang und macht klare Ansagen. Wie ähnlich sind die Strukturen im Vergleich zu Manchester City?
GEORGIA STANWAY: Sie sind recht ähnlich. Bei beiden Klubs liegt der Fokus sehr auf Taktik und Ballbesitz. Ich genieße das Training hier sehr. Ich habe oft den Ball, habe Spaß und werde gefordert.

Stanway will sich im Spiel gegen den Ball weiter verbessern
Was müssen Sie noch verbessern?
Ich verbessere mich jeden Tag, und es gibt immer ein paar Dinge auf meiner Liste. Hauptsächlich beim Spiel gegen den Ball, weil das meine wichtigste Aufgabe ist. Ich würde aber auch noch gerne mehr Ballkontakte im letzten Drittel haben und versuche daher, kreativer zu werden, was Assists und die Qualität beim letzten Pass angeht. Und vielleicht entwickle ich auch noch bessere Abschlussqualitäten.
Was können Ihre Teamkolleginnen von Ihnen lernen?
Jede hat ihre eigenen Stärken. Ich möchte attackieren und mit meiner Energie ein Katalysator im Spiel sein. Auch meine Erfahrung bei Manchester City und durch die Europameisterschaft teile ich gerne mit meinen Kolleginnen. Meine Mentalität ist, dass ich immer gewinnen will und alle Trophäen holen möchte - das ist es, was ich auch diesem Team vermittle, und das passt sehr gut nach München, weil es auch die Klub-DNA ist, sich immer am Maximum zu orientieren.
Welche Rolle spielen Sie auf dem Feld?
Auf dem Spielfeld bin ich eine Art zweiter Sechser. Ich habe so besser die Möglichkeit, bei den Angriffen mitzuwirken. Ich mag es, den Ball hinten zu bekommen und ihn nach vorn weiterzuleiten, um Spielzüge zu initiieren. Ich habe eine gute Passgenauigkeit und kann den Ball in viele Richtungen abspielen. Zu Saki Kumagai sage ich gern, dass sie hinten dichthalten soll, damit ich vorn ein bisschen mehr Freiheit habe (lacht). Für mich ist es schön, wenn ich mich an den Angriffen beteiligen kann.
Ansprüche an Mittelfeldspielerin durch Gewinn der WM gewachsen
Und abseits des Spielfeldes?
Ich denke, ich habe hier eine Verantwortung auf und außerhalb des Spielfelds. Durch die EM sind die Ansprüche an mich gewachsen, dem stelle ich mich und gehe gern voran. Dieser Titelgewinn war für mich eine große Sache. Gleichzeitig fühle ich mich hier auch als Spaßvogel, das ist meine Natur - man kann ja nicht alles im Leben immer nur ernst sehen. Ich denke, Menschen sind gerne in meiner Nähe.
Haben Sie einen Helden im Sport?
Mein Held aus Kindheitstagen ist Alan Shearer. Er hat damals für Newcastle gespielt und ist ein unglaublicher Torjäger. Ich mag die Art und Weise, wie er gespielt hat, und seine Einstellung zum Tor. Er ist jemand, zu dem ich aufschaue.
Stanway freut sich auf Champions-League-Kracher in der Allianz Arena
Was halten Sie vom jetzigen Gegner in der Champions League, dem FC Barcelona? Das Hinspiel ging 3:0 verloren.
Es ist kein Geheimnis, dass sie im Vergleich zu den allermeisten anderen Frauenmannschaften auf einem anderen Level spielen - praktisch in einer eigenen Liga. Aber wir arbeiten hart daran, aufzuholen. Und wir haben im Camp Nou 45 Minuten gut dagegengehalten. Wir wissen, wo wir Fehler gemacht haben, wir wissen, dass uns 20 Minuten das Spiel gekostet haben. Wir müssen unser Timing korrigieren und uns in die bestmögliche Position bringen, damit wir eine Chance haben. Dafür werden wir im Rückspiel in der Allianz Arena alles geben - wir freuen uns auf eine große Kulisse, das motiviert uns. Die Zuschauerinnen und Zuschauer werden ein Spiel auf internationalem Top-Niveau erleben.
Ihr Trainer sagt, dass die Mannschaft nicht effizient genug ist und nicht so viele Tore schießt. Wird das das Hauptproblem gegen Barcelona sein?
Wir müssen an unserer Effizienz arbeiten, das stimmt. Gegen viele Mannschaften haben wir viele Tore geschossen, gegen andere Mannschaften hätten wir vielleicht mehr schießen müssen. Das war gegen Frankfurt am Anfang der Saison, Wolfsburg und dann gegen Barça so. Aber das waren die Spiele gegen die großen Teams. Wir sind am Anfang von etwas Großem mit einem neuen Trainer, einer neuen Mannschaft. Wir verinnerlichen gerade unsere Automatismen, bleiben dabei ruhig und werden unseren Weg gehen.
Freuen Sie sich auf das Spiel in der Arena oder ist so etwas inzwischen normal für Sie?
Ich freue mich riesig darauf, ganz ehrlich. Dieses Stadion ist unglaublich. Als ich das erste Mal hier war, war ich zur Ehrung nach der EM bei einem Spiel der Männer unten auf dem Spielfeld - und es war wie im Traum für mich. Ein Teil meiner Familie kommt extra aus England und schaut sich das Spiel an. Es ist eine gute Gelegenheit, so viele Leute wie möglich zu unserem Spiel zu bringen, und wir werden für jeden Einzelnen im Stadion alles geben!