Franz lobt Lahm: „Ein Kapitän!“
HERZOGENAURACH - Vom Beckenbauer über Bierhoff bis zu Ballack: Die Kritik am Vorstand hat dem Bayern-Profi überall Anerkennung eingebracht. Das zeigte sich auch bei der Einkleidung mit dem neuen DFB-Trikot in Herzogenaurach.
Philipp Lahm saß in der ersten Reihe. Links neben ihm Michael Ballack, der Kapitän der Nationalmannschaft. Rechts von ihm Bastian Schweinsteiger. Einer aus dem Bayern-Mittelfeld, das Außenverteidiger Lahm angeblich nicht anspielen kann. Doch die beiden steckten die Köpfe zusammen und scherzten während der Präsentationsshow des WM-Trikots 2010 bei DFB-Ausrüster Adidas in Herzogenaurach. Als Franz Beckenbauer die Bühne betrat, grinste er und warf Lahm einen anerkennenden Blick zu – als wolle er sagen: Na, du bist mir einer.
Lahm (25) hätte diesen Promotion-Termin in der fränkischen Konzernzentrale des Ausstatters absagen können oder seine Aussage im Pressegespräch verweigern können nach dem Trubel der letzten Tage inklusive des Rapport-Gesprächs mit den Bayern-Bossen. Er kniff nicht. Er stellte sich. Mit festem, sicheren Blick wiederholte er bei jeder Interview-Station geduldig: „Mit dem Gespräch von Montag ist die Sache abgehakt. Mehr gibt's dazu nicht mehr zu sagen."
Zum neuen DFB-Trikot, den Testländerspielen gegen Chile am Samstag und gegen die Elfenbeinküste (18.11.) oder zur WM 2010 in Südafrika gab Lahm Auskunft. Profi eben.
Dafür redeten andere über Lahm. Und nur Gutes. Auch wenn sich die Herren in der Sache nicht äußern wollten (Bundestrainer Joachim Löw: „Das ist eine interne Angelegenheit des FC Bayern"), waren die Reaktionen was die Wirkung der Fundamentalkritik betrifft, unisono positiv. Natürlich konnte keiner den Arbeitgeber-Kritiker Lahm loben, seinen Status in der Nationalelf allerdings herausstreichen: „Philipp ist auf dem Weg, eine echte Persönlichkeit zu werden", sagte DFB-Manager Oliver Bierhoff, „man sieht: Er will etwas bewegen. Auf diese Weise wird er reifen, aber auch seine Lehren ziehen."
Die 25000 Euro Geldstrafe, mit der Lahm vom FC Bayern sanktioniert wurde, sind eine gerne investierte Summe, um sein Profil in der Außendarstellung zu schärfen. Das ist längst geschehen. Beckenbauer: „Der Weg, den er gewählt hat, der war nicht okay. Das weiß er, das hat er akzeptiert", sagte Franz Beckenbauer der AZ, „aber mit seinen Aussagen hat Philipp den Verein aufgemöbelt, ja man kann vielleicht sogar sagen, er hat ihn aufgeweckt." Womöglich findet nun sogar eine inhaltliche Auseinandersetzung statt. Dies war Lahms Ziel. Denn eines ist sich auch Beckenbauer bewusst: „Die Öffentlichkeit ist auf seiner Seite."
And the winner is: Lahm, Philipp Lahm. Übers Wochenende gewachsen. „Philipp ist nicht auf dem Weg, ein Führungsspieler zu werden, er ist schon einer", sagte Löw am Dienstag. Sportlich hat sich der Rechts- wie Linksverteidiger schon seit langem unverzichtbar gemacht, nun wird sein Wort dank seines mutigen Alleingangs in der Nationalelf und bei Bayern noch mehr Gehör finden. „Er ist für uns ein wichtiger Spieler, nicht nur auf dem Platz. Und ich bin auch überzeugt davon, dass er irgendwann mal Kapitän des FC Bayern wird", sagte Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge dem „Münchner Merkur". Was Präsident Franz Beckenbauer gegenüber der AZ bestätigte: „Philipp ist ein gestandener Spieler – ja, ich würde sagen: Er ist ein Kapitän."
Der selbst vom Capitano Lob bekam: „Das Interview von Philipp hat hohe Wellen geschlagen", sagte Michael Ballack, „aber er ist lange genug dabei. Er hat Gegenwind bekommen - aber das wird an ihm abprallen und er gestärkt daraus hervorgehen."
Patrick Strasser