Franz "Bulle" Roth: "Der Ball ist herrlich im Eck eingeschlagen"
München - AZ-Interview mit Franz "Bulle" Roth: Die bayerische Naturgewalt (75) aus Memmingen holte mit den Münchnern dreimal in Folge den Cup der Landesmeister (1974-1976).

AZ: Herr Roth, am 12. Mai 1976, geschah Einmaliges - Sie gewannen durch ein 1:0 gegen St.-Etienne mit dem FC Bayern zum dritten Mal in Folge den Europapokal der Landesmeister. Der Hattrick nach den Titelgewinnen von 1974 und 1975 war auch ihr persönlicher Hattrick: Zum dritten Mal in einem europäischen Finale erzielten Sie das 1:0.
FRANZ "BULLE" ROTH: Das hat sonst keiner geschafft, denke ich. Zum Glück war es gegen die Franzosen der Endstand (lacht). Denn sie waren besser - wir die glücklichere, aber auch cleverere Mannschaft. Auch mit 80 Prozent Ballbesitz kann man ein Spiel verlieren.
Ritual von Franz "Bulle" Roth: Zwei Stück Kuchen vor den Spielen
Während Ihr Treffer im Finale des Europapokals der Pokalsieger 1967 gegen die Glasgow Rangers zum 1:0-Endstand in der Verlängerung artistischer Natur war und das Tor zum 1:0 gegen Leeds United im Endspiel des Meisterpokals 1975 ein Linksschuss ins lange Eck, hielten Sie gegen St. Etienne einfach drauf.
Ich wollte den Ball kraftvoll an der Mauer vorbei versenken. Das war ein Gewaltschuss, aber mit guter Schusstechnik. Der Ball ist herrlich im Eck eingeschlagen.
Auch dank der zwei Stück Kuchen, die Ihr Ritual vor den Spielen waren.
Irgendwoher musste die Kraft ja kommen (lacht). Für mich wurden immer zwei Stück reserviert und am Rand des Buffets platziert - egal, ob Käse-, Pflaumen- oder Kirschkuchen.
Mit dem dritten Titel im Europapokal der Landesmeister endete eine Ära. Konnten Sie das bereits im Finale von Glasgow 1976 spüren?
Nicht direkt, aber klar: Ein Umbruch musste kommen. Zunächst stellte unser dritter Erfolg noch einmal einen besonderen Höhepunkt dar. Auch, weil Bayern dadurch den Originalpokal behalten durfte. Außerdem waren wir als Titelverteidiger automatisch wieder im Landesmeister-Cup dabei, in der Bundesliga lief es ja nicht so gut (am Ende landete Bayern nur auf Platz drei, d.Red.).
Treffen mit den "Rolling Stones": "Autogramme haben wir uns nicht geholt"
In Ihrem Mannschaftsquartier etwas außerhalb des Stadtzentrums von Glasgow, ging es schon vor dem Endspiel hoch her. Die Rolling Stones waren ebenfalls im Hotel abgestiegen. Franz Beckenbauer und Gerd Müller sollen ihnen bei Proben zugeschaut haben.
Die liefen uns immer mal wieder auf den Weg und machten nachts ihrem Ruf als echte Rockband alle Ehre. Es war überhaupt ein ziemlicher Betrieb im Hotel, hektisch und laut, weil deren Fans kamen. Autogramme haben wir uns aber nicht geholt. Als wir im Teambus auf den Weg zum Hampden Park waren, überholten uns die Stones, die in sechs roten Bentleys zu ihrem Konzert aufgebrochen waren.
Die Siegesfeier soll dem Anlass unwürdig recht dezent abgelaufen sein.
Wir tranken auf dem Bankett ein paar Bier, aßen etwas - dann ab ins Bett. In der Bundesliga waren noch vier Spieltage zu spielen. Auch zurück in München gab es keinen Empfang der Stadt.
Vor Ausbruch der Corona-Pandemie waren Sie regelmäßig Gast in der Allianz Arena.
Das ist sehr schade. Ich vermisse die Spiele, die Stimmung und all die Freude zu treffen. Ich hoffe sehr, dass das in der nächsten Saison wieder möglich sein wird.
"Bulle" über Julian Nagelsmann: "Ein fachlich guter Trainer"
Wenn die Bayern dann vom 33-jährigen Neu-Coach Julian Nagelsmann betreut werden.
Klar ist er noch jung, hat aber schon viel Erfahrung als Trainer. Er ist lange im Geschäft, ein fachlich guter Trainer. Dank seiner starken Persönlichkeit wird er sich durchsetzen. Hansi Flick hat super Arbeit geleistet, die Mannschaft zu einer Einheit geformt und sieben Titel gewonnen - phänomenal.
Wie geht es Ihnen persönlich wenige Wochen nach Ihrem 75. Geburtstag?
Sehr gut, ich bin sehr zufrieden, genieße meine Rente. Ich spiele nicht mehr so viel Golf wie früher, mache stattdessen Gymnastik, Nordic Walking. Aber nicht übertreiben! Das Wichtigste ist: Gesund bleiben!