Franck Ribéry im Interview: „Vettel ist unser Vorbild“

Im AZ-Interview erklärt Franck Ribéry, warum sich die Bayern am Formel-1-Champ orientieren, München seine zweite Heimat ist und die Familie so wichtig. „Ich arbeite für meine Kinder“.
AZ:Herr Ribéry, Sie sind Formel-1-Fan. Haben Sie am letzten Sonntag den Triumph von Sebastian Vettel verfolgt?
FRANCK RIBERY: Ja, natürlich. Ich habe auch gerade vorhin noch mit meinem Cousin darüber gesprochen. Klar, habe ich es gesehen. Vettel ist ein sehr starker Fahrer, es hat mich sehr Freude, dass er gewonnen hat.
Wenn es derzeit schon keinen französischen Fahrer in der Formel 1 gibt, so hat Vettel wenigstens mit einem französischen Motor, mit Renault, gesiegt.
Ja, stimmt. Und was mich betrifft, leider gibt es noch keine Grand Prix für Busse (lacht), ich bin ja Busfahrer (schon zwei Mal hatte Ribéry sich ans Steuer des Mannschaftsbusses gesetzt, d.Red.). Im Ernst: Vettel hat mir imponiert, weil er so viele Punkte aufgeholt hat. Das beweist: Wenn man so weit zurückliegt, kann man trotzdem wieder zurückkommen. Das gilt auch für uns in der Meisterschaft mit den 12 Punkten Rückstand auf Borussia Dortmund. Wenn man daran glaubt, kann es klappen. In diesem Sinne gilt: Vettel ist jetzt unser Vorbild.
Am Samstag bei Bayer Leverkusen, dem Tabellenzweiten, könnte man einen Big Point landen.
Ja, das Spiel ist sehr wichtig für uns. Wir wollen und müssen gewinnen.
Im Test am Mittwoch auf dem Trainingsgelände gegen Unterhaching haben Sie 75 Minuten gespielt, sind sie nach Ihrem Comeback nun fit für 90 Minuten?
Ich habe zuletzt gut trainiert, fühle mich sehr gut, nun fehlen mir nur noch weitere Spielminuten, das Gefühl für den Platz wiederzubekommen, den Rhythmus. Aber ja: Ich denke, ich bin fit für 90 Minuten.
Mit Ihnen und dem Comeback von Arjen Robben soll dann 2011 die große Aufholjagd gestartet werden.
Wir haben noch die Chance, Meister zu werden. Dortmund spielt einen guten Fußball, hat jetzt einen Lauf. Aber wir haben noch ein paar Joker. Wenn alle Verletzten zurückkommen, können wir noch viel erreichen. Bis Weihnachten sollten wir alle Spiele gewinnen.
Bastian Schweinsteiger gibt momentan den Spielmacher hinter der Spitze, mit Ihnen und Robben auf den Flügeln - das wäre ein neues, sehr offensives Gespann.
Ja, das könnte funktionieren, es wäre eine sehr gute Option. Basti spielt sehr gute Bälle, sehr intelligent. Es ist sehr offensiv, aber wir wollen eine Mannschaft sein, die angreift, dann sind die defensiven Mittelfeldspieler natürlich sehr wichtig.
Sie haben bis 2015 verlängert, Lahm bis 2016 - nun ist Schweinsteiger dran, oder?
Ich hoffe sehr, dass er bleibt. Wir verstehen uns sehr gut auf dem Platz, er ist ein Weltklassespieler.
Nach zwei Double-Siegen mit dem FC Bayern seit 2007 wird der Gewinn der Champions League für Sie das größte Ziel sein.
Ja, obwohl es schwieriger wird als letztes Jahr. Wir hatten letztes Jahr auch sehr viel Glück, dass wir ins Finale gekommen sind. Der FC Chelsea ist für mich ein großer Rivale und José Mourinho hat seine Teams wie jetzt Real Madrid immer gut im Griff. Zunächst hoffe ich, dass ich 2011 einmal von größeren Verletzungen verschont bleibe (klopft mit der Hand auf den Holztisch vor ihm, d.Red.).
2010 war nicht wirklich Ihr Jahr. Ständige Verletzungen, die Sperre im Champions-League-Finale und die peinliche Aufführung der Franzosen bei der WM...
Ja, das war ein schweres Jahr. Für mich und alle um mich herum. Ich habe sehr gelitten - alle haben das gemerkt. Die ständigen Verletzungen haben mich genervt. Im August, September war ich auf einem so guten Weg, dann kam wieder die nächste Verletzung. Ich war sehr traurig.
Konnten Sie wenigstens Ihre Frau Wahiba und die Kinder Hiziya und Shahinez aufheitern?
Oh, ja. Und wie! Ich arbeite für meine Kinder. Alles, was ich mache, tue ich für sie. Wenn ich in die Augen meiner Kinder sehe, macht mich das stark. Das tut so gut, dann kann ich alle anderen Sorgen vergessen. Aber auch der FC Bayern hat mir sehr geholfen, besonders Präsident Uli Hoeneß - das ist hier wie eine große Familie. Alle haben ein großes Herz.
Sie sind nun seit dreieinhalb Jahren in München. Sie stammen aus Boulogne-sur-Mer im Norden Frankreichs - ist München Ihre zweite Heimat geworden?
Ja, ich denke schon, dass man von zweiter Heimat sprechen kann. Ich mag die Mentalität der Menschen hier, sie sind sehr nett, aber auch rücksichtsvoll, wenn du mit deiner Familie unterwegs bist. Man fühlt sich zwar ein wenig beobachtet, aber in Frankreich ist das ganz anders, die Leute sind sehr direkt, wenn sie etwas wollen.
Sie flanieren gerne über die Maximilianstraße.
Ja. Ich weiß, es ist teuer dort. Aber es ist schön, sich ab und zu was zu leisten. Dort treffe ich auch mal Freunde, trinke einen Espresso.
Die französische Stadt Annecy bewirbt sich neben Pyeongchang (Südkorea) um die Olympischen Winterspiele 2018 - haben Sie einen Favoriten?
Ich bin für München 2018. Es wäre toll für die Leute hier, wenn sie die Spiele bekommen würden. Das würde sicher ein Fest werden. Ich habe gute Erinnerungen an die WM 2006 in Deutschland, das war eine große Party - so könnte München 2018 auch werden.
Interview: Patrick Strasser