Flexibler van Gaal: Er kann auch anders

Bei seiner Vorstellung nannte sich Bayern-Coach van Gaal „dominant, arrogant“. Nun reagiert der Holländer flexibel: Gnade für Ribéry, weniger Training – und das System kommt ins Wanken
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Bei seiner Vorstellung nannte sich Bayern-Coach van Gaal „dominant, arrogant“. Nun reagiert der Holländer flexibel: Gnade für Ribéry, weniger Training – und das System kommt ins Wanken

MÜNCHEN Mit Geschichte, genauer mit Vereinshistorie braucht man Louis van Gaal gar nicht zu kommen. Muss aber an dieser Stelle sein, dann wollen wir mal: Es gilt für ihn und die Mannschaft am Samstag beim FSV Mainz (15.30 Uhr), den schlechtesten Saisonstart des FC Bayern seit 43 Jahren zu verhindern. Im Sommer 1966 blieben die Burschen um Maier, Olk, Beckenbauer, Brenninger und Müller an den ersten drei Spieltagen ohne Sieg – unterm Strich blieben zwei Punkte aus drei Partien. Coach war damals Tschik Cajkovski.

Zurück zur Gegenwart und einer simplen, aber immerwährenden Bayern-Rechnung: 1:1 + 1:1 = eine Menge Druck. Zwei Remis zum Start und schon ist ein Sieg in Spiel drei unablässig. Der Druck kommt von oben. „Ich erwarte schon eine Leistungssteigerung in Mainz, am besten mit einem Sieg“, meinte denn auch Präsident Franz Beckenbauer.

Doch ein Muss, das gibt es nicht für Louis van Gaal. Als ihn ein Reporter am Donnerstag fragte, wie er denn mit dem Druck umgehe sowie mit der Tatsache, dass Wolfsburg und Schalke schon vier Punkte mehr hätten nach zwei Spielen, entgegnete er: „Ist die Saison nach dem dritten Spieltag vorbei? Ist das so? Wissen Sie das?“ Freilich nicht. Doch van Gaal selbst sagt stets so schön: „Es ist immer besser, zu gewinnen.“

Für ein neues, gutes Gefühl – in der Tabelle. Was das Innenleben der Mannschaft betrifft, hat der Holländer in der letzten Woche ganz neue, andere Töne angeschlagen? Dominant? Arrogant? Nicht nur. Er kann auch anders. Warm und familiär, das hatte der 58-Jährige schon angekündigt. Aber auch flexibel. Am Ende der achten Woche seines Engagements beim FC Bayern wird deutlich, dass er sich erst einmal Respekt verschafft hat und nun einige sinnvolle Korrekturen vornimmt.

Trainingsintensität

Anfangs wunderten sich die Spieler, dass van Gaal ihnen das ABC des Fußballs beibringen wollte, Pass-Kombinationen und sein Faible für das Schaffen von taktischen Dreiecken auf dem Platz wurden unablässig einstudiert. Wenn etwas nicht funktionierte, schimpfte er laut und publikumswirksam: „Unglaublich!“ Nun hat er die Zügel gelockert, die erste Elf musste nicht zum Test nach Görlitz, am Mittwoch war sogar für alle frei.

Die Ribéry-Rolle

„Franck ist meine Nummer zehn. Um ihn baue ich meine Mannschaft auf“, betonte der Coach stets. Nach der öffentlichen Befehlsverweigerung des Franzosen nach seiner Einwechslung beim 1:1 gegen Bremen und unzähligen Expertenmeinungen (Beckenbauer, Hitzfeld) sagte van Gaal plötzlich: „Ich werde niemals mit einem Spieler machen, was er nicht will, handle niemals gegen den Willen eines Spielers.“ Heißt: Wenn Ribéry wieder fit ist, darf er auf links ran, auf seiner Wunschposition.“ So stur ist van Gaal gar nicht.

Das System

Das System: Seine Wunschtaktik sei das 4-3-3 betonte er anfangs, doch mit diesem Spielermaterial könne er nur ein 4-4-2 mit Raute spielen lassen. Doch schon in Mainz könnte das anders aussehen, Ivica Olic ist zu stark, um ihn nur aus Systemtreue draußen zu lassen. „Ich taste noch immer ab, was der richtige Spielstil bei dieser Mannschaft ist. Ohne van Bommel, Demichelis, Ribéry und Toni ist das schwierig“, sagte van Gaal. Immer wieder betonte er, ein Kommunikator zu sein. Nun zeigt sich: Der Mann lässt ja mit sich reden. Sturheit hat noch keinen Trainer ausgezeichnet.

Patrick Strasser

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