Finale gegen sich selbst
Am Samstag beenden die Bayern im Endspiel der Klub-WM das „unglaubliche“ Jahr 2013. Mit dann 29 Spielen seit Juli ist die Schmerzgrenze erreicht. „Die absolute Leichtigkeit ist weg“, sagt Sammer.
Agadir - Ein leichtes Training war angesetzt für Mittwochvormittag. Auslaufen, die Beine lockern vor der Busfahrt nach Marrakesch zum Finalort der Klub-WM, der letzten, wirklich super-super-letzten Station des FC Bayern, ach was – um nochmal Pep Guardiolas Diktion zu übernehmen – des „unglaublichen“ Jahres 2013. Die letzte Etappe ist ein Finale, der Gegner am Samstag stammt aus dem Austragungsland und heißt Raja Casablanca, der sich im Halbfinale gegen Atlético Mineiro durchsetzen konnte.
Da es sich um ein Fifa-Turnier handelt, gibt es ein Spiel um Platz drei. „Ich hätte keine Lust gehabt, mich drei, vier Tage auf ein Spiel um Platz drei vorzubereiten“, sagte Toni Kroos nach dem 3:0 im Halbfinale gegen Guangzhou Evergrande. „Wir wollten uns das Spiel um Platz drei ersparen“, sagte Philipp Lahm. Sportvorstand Matthias Sammer hatte den Ernstfall Goldene-Ananas-Kick als „Katastrophe“ bezeichnet. Eben eines Triple-Siegers, der sich am Samstag (20.30 Uhr/ARD) den fünften Titel 2013 sichern will, nicht würdig.
Nun also Marrakesch. Und damit kein Lagerkoller bei der Dienstreise Nummer 22 (inklusive aller Pflicht- und Freundschaftsspiele sowie Trainingslager) seit Amtsantritt Guardiolas aufkommt, hat der Spanier der Mannschaft für Donnerstag frei gegeben. Ruhe, Regeneration, Behandlung durch die Ärzte und Physiotherapeuten sowie Ablenkung. „Wir werden’s genießen“, sagt Lahm.
Wer mag, kann die Hektik und Exotik des Souks von Marrakesch samt des weltberühmten Gauklerplatzes erleben. „Ich habe schon viel Gutes über Marrakesch gehört“, sagte Xherdan Shaqiri, „es ist überhaupt ein schönes Land, die Leute sind sehr lieb.“ Etwas Zeit für die Seele. Denn rein körperlich haben einige Spieler die Schmerzgrenze erreicht nach 28 Pflichtspielen (16-mal Bundesliga, sechsmal Champions League, dreimal DFB-Pokal, das europäische und das deutsche Supercup-Finale, sowie das Halbfinale der Klub-WM), dazu kommen sieben Länderspiele seit August – macht im Schnitt alle vier Tage ein Spiel, seit Ende Juli.
Ob er müde sei, wurde Franck Ribéry in Agadir gefragt. „Noch ein Spiel“, sagte er, verdrehte die Augen und machte kehrt. Nie war die Winterpause wertvoller. „Wir sind am Ende der Vorrunde, die Spieler haben ein langes Jahr hinter sich“, sagte Sammer, „man sieht, dass der ein oder andere nicht mehr an seine Grenzen gehen kann. Die absolute Leichtigkeit ist weg. Du musst das mehr über den Kopf steuern.“ Sammer: „Wenn dem Körper ein Prozent fehlt, musst du das eine Prozent aus dem Kopf holen – das ist das Geheimnis.“
Weitere Maßnahmen: Ein reduziertes Training, Eisbäder (die großen grünen Tonnen sind auch in Marokko mit im Gepäck) sowie gezielte Motivation. Nach der Ankunft baute man im Garten des Mannschaftshotels den Champions-League-Pott auf, ließ ihn in der Sonne glänzen. Der letzte Ruck für die Abteilung letzte Rille. „Wenn man so viele Titel gewonnen hat wie wir, dann will man den letzten Titel des Jahres nun auch gewinnen – deshalb sind wir hier“, meinte Lahm und Torhüter Neuer weiß: „Im Finale kommt’s auf die Einstellung an, das wird ein härterer Gegner.“
Sie spielen quasi gegen sich selbst. Ein Finale drei Tage vor Weihnachten, die Spieler könnten sich selbst bescheren. „Es wäre ja nicht schlecht, wenn man sich ein paar Tage lang ’Beste Mannschaft der Welt’ nennen kann“, sagte Kroos. Ab Sonntag ist Urlaub (Lahm: „Die Müdigkeit kommt spätestens nach dem Finale“) – bis zum Trainingsbeginn am 5. Januar. Dann beginnt die wilde Pflichtspiel-Hatz von neuem. Im Idealfall sind’s bis Ende Mai 28 Partien.