Finale dahoam: Der Pott wird rot

Mir san Rausch! Die Bayern träumen nach dem 2:1-Hinspielsieg gegen Real Madrid nun vom ganz großen Triumph: dem Finale im eigenen Stadion. „Wahnsinn! Perfekt! Toll! Souverän!“
München - Allein dieser Jubel von Uli Hoeneß. Der Bayern-Präsident drohte beim Siegtreffer von Mario Gomez zum 2:1 gegen Real Madrid in der 90. Minute hoch oben auf der Vip-Tribüne die Kontrolle über seinen Körper zu verlieren. Er war völlig losgelöst, entrückt, außer sich. Bebend vor Glück, berauscht.
Und der oberste Bayer war doch nur: einer unter vielen, unter rund 62.000 Bayern-Fans in der Allianz Arena. Real Madrid war besiegt, Teil eins des letzten Schrittes getan. Ein Stadion auf Finaldroge, ein ganzer Verein jaulte vor Euphorie. Nun reicht ein Unentschieden kommenden Mittwoch in Madrid zum Erreichen des Endspiels am 19. Mai. Ab ins „Finale dahoam“.
„Wenn wir zu Null spielen, sind wir im Finale. Wenn wir gewinnen, sind wir im Finale. Wenn wir unentschieden spielen, sind wir im Finale – die Chancen sind nicht schlecht“, bilanzierte Matchwinner Mario Gomez. Und Franck Ribéry, bester Bayer und Schütze des 1:0, hoffte: „Wir müssen in Madrid noch einmal alles geben. Wir können es packen.“
Auf der Wolke Fröttmaning mit kurzem Umweg Madrid zurück ins Glück. Es war ein Sieg für München, für die lange Reise dieser Europapokalsaison über Zürich, Villarreal, Neapel, Manchester, Basel, Marseille und Madrid, die in der Heimat enden soll. Endstation Sehnsucht. Im Rausch.
Und, ach ja, wer war nochmal Borussia Dortmund? Vor einer Woche hatte der Spitzenreiter der Bundesliga den Bayern mit 1:0 die bitterste Niederlage der Saison zugefügt. Die Schale ist weg, bleibt im Pott. Doch was für die Bayern anno 2012 zählt, ist die Champions League. Am Dienstag war ein Duplikat in der Arena ausgestellt, Uefa-Präsident Michel Platini bringt am Freitag das Original nach München. Der Pott soll rot werden. Er darf gerne ein Jahr bleiben. Eine exzellente Unterkunft ist garantiert: die Vitrine an der Säbener Straße. Man kennt sich. Von solchem Glanz kann der Ruhrpott nur träumen.
Es war eine magische Nacht, die Nebenwirkungen halten noch lange an. „Das war Europapokal, das war der FC Bayern“, schwärmte Hansi Gehrlein vom Fanclub „Die 13 Höslwanger“. Er kehrte den Uli Hoeneß in sich nach außen: „Dieses Gefühl ist einzigartig, deswegen ist man Fan. Ich musste das erst verarbeiten, konnte zu Hause vor 3 Uhr nachts nicht einschlafen.“ Mia san Rausch.
„Das war der Wahnsinn, ich hatte echt das ganze Spiel einen Puls von 150 – durchgehend“, meinte Kickbox-Weltmeisterin und Bayern-Fan Christine Theiss, „ich hatte nach dem Spiel auch erst mal keine Stimme mehr.“ Nur Glückshormone. Jeden riss der Sieg mit. Auch die alten Helden. „Ein tolles Spiel. Von der Einstellung her und von der Atmosphäre einfach perfekt“, schwärmte Tribünengast Bulle Roth. Sein Masterplan für Madrid: „Im Bernabeu spielen wir 1:1 und dann sehen wir uns zum Finale in München wieder.“ Weltmeister Andreas Brehme meinte: „Ein souveräner Auftritt! Leider mit Gegentor, ein 1:0 wäre mir lieber gewesen. Trotzdem: Nach diesem Spiel stehen die Chancen 60:40. Ich bin guten Mutes, dass wir weiterkommen, wahrscheinlich dann gegen Barcelona. Und in einem Spiel im Finale haben wir auch gegen Barca eine Chance.“ Ein Traum nimmt immer mehr Formen an. Er sieht aus wie ein Vase, mit zwei großen Ohren an den Seiten.
1974,75, 76, 2001 - und nun der Coup im eigenen Stadion? „Da müssen wir dabei sein“, hatte Uli Hoeneß schon 2010 auf der Jahreshauptversammlung ins Mikrofon gebrüllt. an der Tür zum Paradies – dichter dran kann man kaum sein. Nur ein Schritt noch.
Und ein Spieltag zum Erholen dazwischen. Am Samstag kann man sich in Bremen schonen, könnte mit einer B- oder gar C-Elf auflaufen. Und Real? Muss am Samstag den Clásico beim FC Barcelona spielen. Selbst die Terminplaner sind auf Seiten der Bayern.