Felix Neureuther: Mit schlechtem Gewissen nach Wembley
AZ: Herr Neureuther, wie sieht der nächste Samstag aus?
FELIX NEUREUTHER: Ich komme vom Konditions-Lehrgang auf Zypern mit viel Radfahren. Am Samstag steht Fußball auf dem Programm: Ich habe ein Ticket fürs Finale!
Glückwunsch! Wie ist Ihre Stimmung?
Große Vorfreude, aber auch, naja, ich will nicht sagen Angst, aber es ist schon auch ein bissl Skepsis dabei.
Seit wann sind Sie Bayern-Fan?
Schon immer! Mit dem Papa war ich öfter mal im Olympiastadion und hab dort auch 2001 das Champions-League-Halbfinale gegen Manchester United gesehen. Das weiß ich noch genau, weil die Bayern-Fans nach dem Sieg „Football's coming home” gesungen haben. Und das Schöne ist ja jetzt, dass mit Sicherheit alle Deutschland-Fans, egal ob Dortmunder oder Bayern, zusammen wieder dieses Lied singen werden. Das ist doch was Großartiges!
Und der Neureuther Felix singt mit!
Lautstark! Eigentlich ist es ja wurscht, wer gewinnt. Aber als Bayern-Fan wünscht man sich, dass die Roten gewinnen.
Sie haben auch selbst gekickt. Erzählen Sie mal!
Beim FC Garmisch-Partenkirchen habe ich von der F-Jugend an alle Nachwuchsmannschaften durchlaufen, sogar in der Auswahl gespielt, mich mit 14 aber eigentlich fürs Skifahren entschieden.
Eigentlich?
Tja, ich habe nämlich weiter aktiv gespielt, obwohl ich wegen des Ski-Weltcups gar nicht hätte spielen dürfen.
Ach. Wie lang ging das so?
Bis ich so 21, 22 war.
Neureuther inkognito. Aber Sie mussten ja mit Spielerpass und unter Ihrem Namen auflaufen.
Das schon. Aber wenn ich ein Tor geschossen hab’, stand immer ein Anderer in der Zeitung. Bei Garmisch hab ich Bezirksliga gespielt, doch weil das immer recht groß in der Zeitung stand, bin ich zum TSV Farchant in die A-Klasse gewechselt. Da kannten mich zwar die Gegenspieler und die Zuschauer, aber ansonsten war das Interesse an meiner Person nicht so groß. Außer meinem Vater durfte das keiner wissen, meine Trainer vom Skiverband sowieso nicht. Die Leidenschaft zum Fußball war immer da.
Welche Position spielten Sie denn?
Fast alles. Libero, defensives Mittelfeld, Stürmer, alle Positionen. Ich liebe diese Mannschaftssportarten, den Zusammenhalt. Das war etwas Einzigartiges.
Gibt es so was wie einen Skifahrer-Kick?
Nicht mehr so häufig, aber nach wie vor. Das ist ja das Schöne, dass wir beim DSV wieder eine größere Mannschaft haben und gescheit kicken können, manchmal auch gegen andere Teams, zum Beispiel die Amerikaner.
Können die kicken?
Zum Teil gar nicht so schlecht. Basketball und Football spielen sie besser, aber Fußball gewinnen schon wir. Das wäre ja noch schöner!
Wie sehr verfolgen Sie die Bundesliga?
Immer! Auch in Übersee, über Internet. Ich bin mit 16 Kumpels in einer Tippgemeinschaft – und heuer Vierter geworden!
Wo und wie haben Sie das Chelsea-Drama erlebt?
Im Stadion. So was möchte ich nicht nochmal erleben. Ich hab ja schon ein schlechtes Gewissen, dass ich jetzt mit nach London fahre. Aber das packen die schon.
Ein besonders Chelsea-Geplagter ist Ihr alter Ski-Kumpel Bastian Schweinsteiger...
Der hat in diesem Jahr nochmal einen Riesen-Schritt gemacht. Insofern kann man mit Fug und Recht behaupten, dass er an Xavi und Iniesta vorbeigezogen ist. Das freut mich Besonders, dass er allen Kritikern wie etwa Günter Netzer und Olaf Thon auf dem Platz gezeigt hat, dass sie Unrecht haben. Das ist die wahre Größe eines Sportlers, aus Niederlagen wie gegen Chelsea stärker zurück zu kommen und sich nicht hängen zu lassen.
Dann wünschen wir ihm mal, dass es diesmal ohne Elfmeterschießen abgeht.
Er hatte immerhin die Eier und ist angetreten! Aber ich glaube, wenn es ins Elfmeterschießen geht, dann würde er es wieder machen. So was zeugt schon von unglaublicher Stärke.
Aber Ski sind Sie schon länger nicht mehr zusammen gefahren, oder?
Vor zwei Jahren, beim Training am Gudiberg.
Und? Kann er's noch?
Aber hallo! Der Kerle steht schon gut drauf.
Wie geht's denn nun aus am Samstag?
Es wird ein enges Ergebnis werden, und ich hoffe, dass die Bayern 1:0 gewinnen. Die Jungs sind heiß. Ich kenne das aus eigener Erfahrung: Wenn man den Sieg bei Großereignissen seit längerer Zeit nicht geschafft hat, aber in aussichtsreicher Position war, will man das unbedingt. Bei mir war das bei der WM in Schladming ganz ähnlich. Insofern hoffe ich, dass die Bayern nicht wie ich Zweiter werden. Sondern gewinnen.