FC Bayerns zwölfter Mann: Alle Fragen und Antworten zum Wechsel-Malheur

Der FC Bayern gewinnt mit 4:1 in Freiburg, doch eine Wechsel-Posse - der Meister hat kurze Zeit zwölf Spieler auf dem Platz - kann den Sieg kosten. "Da sind jetzt die Juristen am Werk."
von  Patrick Strasser
Diskussionen am Spielfeldrand: Nach den Einwechslungen in der 85. Minute spielen die Bayern kurzfristig mit zwölf Mann.
Diskussionen am Spielfeldrand: Nach den Einwechslungen in der 85. Minute spielen die Bayern kurzfristig mit zwölf Mann. © Sebastian El-Saqqa / firosportph

Freiburg - Er hatte prächtige Laune - zumindest verkaufte sich Bayern-Trainer Julian Nagelsmann auf der Pressekonferenz nach dem 4:1 seiner Münchner beim SC Freiburg gelöst und locker, lachte und scherzte mit den Journalisten.

FC Bayern: Die Punkte sind noch nicht sicher

Rein sportlich hatte er einen - in der zweiten Halbzeit - souverän herausgespielten Erfolg beim Tabellenfünften zu verantworten, der durch das 1:4 des Verfolgers Borussia Dortmund am frühen Abend noch mehr Relevanz erfuhr.  Anhand all der Diskussionen während des Spiels und der Nachfragen der Reporter dürfte dem 34-Jährigen aber längst klar geworden sein, dass die drei Punkte der Bayern längst nicht sicher verbucht werden können auf dem Weg zur zehnten Meisterschaft hintereinander.

Muss nach dem Wechsel-Malheur nun um den Sieg und damit die drei wichtigen Punkte im Titel-Rennen bangen: Bayern-Trainer Julian Nagelsmann. Er sagt: "Es passieren Fehler. Es war nichts Spielentscheidendes."
Muss nach dem Wechsel-Malheur nun um den Sieg und damit die drei wichtigen Punkte im Titel-Rennen bangen: Bayern-Trainer Julian Nagelsmann. Er sagt: "Es passieren Fehler. Es war nichts Spielentscheidendes." © IMAGO/Jan Huebner

Bayern-Coach Nagelsmann: "Eine Situation für die Geschichtsbücher"

Eine nie dagewesene Situation in der Bundesliga, "eine Situation für die Geschichtsbücher", sagte Nagelsmann. Ein diffuser Fall, der womöglich vom DFB-Kontrollausschuss behandelt werden muss. Falls Freiburg Einspruch einlegt.

Der komplexe Fall im Einzelnen: Was war passiert? Nach einem Doppelwechsel in der 85. Minute waren bei den Bayern für knapp 20 Sekunden zwölf Spieler auf dem Platz - definitiv einer zu viel.

Coman blieb zu lang auf dem Rasen

Corentin Tolisso hatte sich wegen Magenproblemen rasch in die Kabine verabschiedet, Niklas Süle und Marcel Sabitzer liefen auf dem Platz. Weil von Teammanagerin Kathleen Krüger auf der Elektrotafel die Nummer 29 hochgehalten wurde, schaltete Kingsley Coman nicht schnell genug und blieb kurzzeitig auf dem Rasen, da der Franzose erst letzten Sommer von seiner alten Rückennummer "29" auf die "11" gewechselt hatte.

Achtminütige Unterbrechung

Referee Christian Dingert unterbrach nach Intervention von Freiburgs Nico Schlotterbeck das Spiel beim Stand von 3:1 acht Minuten lang. Er habe den Vorfall "im Spielbericht vermerkt", meinte Dingert, nun müsse "der DFB entscheiden". Was ist das Problem? Die entscheidende Frage ist: Wird der Fauxpas dem Schiedsrichterteam um Dingert oder den Bayern angelastet?

Coman hätte Gelb bekommen müssen

Regel drei der Regularien des DFB, in der es unter anderem im Abschnitt "Zusätzliche Personen auf dem Spielfeld" wird nur festgelegt, was der Schiedsrichter während der Partie zu tun hat und wie eine Spielunterbrechung sanktioniert - beziehungsweise das Spiel fortgesetzt - wird. Coman hätte eigentlich Gelb bekommen müssen. Geschenkt. 

Greift nun Paragraf 17?

Wichtiger: Unklar ist, ob der für Coman eingewechselte Sabitzer als nicht spiel- oder einsatzberechtigter Spieler gilt. Falls ja, müsste dann der Paragraf 17 Absatz 4 der Rechts- und Verfahrensordnung des DFB greifen, wonach das Spiel mit 2:0 für Freiburg gewertet werden müsste.

Schiedsrichterchef Lutz Michael Fröhlich sieht "eine sportjuristische Fragestellung". Der 64-Jährige bei Sport1: "Inwieweit diese sportjuristische Formalie strapaziert wird, um in einen Protest zu gehen - da sind die Juristen am Werk, nicht die Schiedsrichter."

Die Experten sind sich einig

Sky-Experte und Ex-Bayern-Star Didi Hamann hat eine klare Meinung: "Es spielt keine Rolle, ob sie 20 Sekunden zu zwölft spielen oder fünf Minuten. Dass es geahndet werden muss, steht für mich außer Frage. Sie sind selber schuld. Wenn man einen Trainerstab von zehn oder 15 Leuten hat, muss einer sehen, dass zwölf Leute auf dem Platz sind."

Welche rechtlichen Grundlagen gibt es?

Für einen Protest gibt es eine Frist von 48 Stunden, die Breisgauer müssten also bis Montagnachmittag handeln. Erst dann würden die Ermittlungen beginnen. "Der Kontrollausschuss ist nicht beteiligt, solange Freiburg keinen Einspruch einlegt", sagt der Vorsitzende Anton Nachreiner.

Was sagen die Bayern?

In den Katakomben diskutierten Bayerns Vorstandsboss Oliver Kahn, Sportvorstand Hasan Salihamidzic und Freiburgs Sportvorstand Jochen Saier angeregt. Nagelsmann sah in dem Wechsel-Malheur "nichts Spielentscheidendes" und argumentierte: "Es passieren Fehler. Aus Sicht beider Mannschaften und des fairen Sports war nichts dabei, was gegen ein faires Spiel spricht."

Was sagen die Freiburger?

SC-Trainer Christian Streich betonte, er finde dieses Prozedere "absurd. Es gibt eine Regel dafür, fertig. Es gibt ja für alles Regeln, es gibt auch keinen Einspruch beim Eckball oder Freistoß. Ich bin fest davon überzeugt, dass es ein Regelwerk gibt."

Also: "Wieso sollen wir da involviert werden? Wir wollen nicht, dass irgendeinem in der Sache der schwarze Peter zugeschoben wird. Wir bekommen eine Information, wie der Fall ausgeht - und Ende."

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